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Das Kultur-Historische Museum befasste sich am Tag des Denkmals mit der Geschichte der Familie Michel.
Im Rahmen des Europäischen Tages des Denkmals beleuchtete das Kultur-Historische Museum die Geschichte der Familie Michel und ihrer Uhrenfabrik. Die heutigen Bewohner gewährten dazu einen Einblick in die ehemalige Fabrikanten-Villa an der Däderizstrasse 61.
Die Organisatoren hatten mit ihrer Themenwahl ganz offensichtlich den richtigen Riecher. Trotz andauerndem Nieselregen wurden sie vom Besucheransturm gar etwas überrumpelt. Mit viel Improvisationsgabe und Doppelschichten seitens der Referenten wurde die Situation jedoch souverän gemeistert.
Im Museum orientierte Urs Roth unter dem Titel «Wie gewonnen, so zerronnen» über die Familie Michel, insbesondere über den Gründer der A. Michel SA, Adolf Michel. Urs Roth kennt sich in der Familiengeschichte bestens aus, heiratete doch sein Grossvater in die Familie Michel ein und stieg so in die Chefetage des Unternehmens auf.
Die Familie stammte ursprünglich aus dem bernischen Bönigen, von wo sie aber aus nicht ganz geklärten Gründen ausgewiesen wurde. Mathäus Michel gründete in Grenchen im 19. Jahrhundert einige Firmen und war auch im Besitz von Privatliegenschaften (unter anderem des legendären «Bad»). Sohn Adolf wuchs als eines von 14 Kindern an der heutigen Schlachthausstrasse auf. Schon früh trat er ins Geschäftsleben ein. 1904 übernahm er die ursprünglich von Jean Schwarzentrub und Arthur Müller gegründete Firma an der Schützengasse. Der begabte Maschinenkonstrukteur hat diverse Maschinen zur Uhrenfertigung selber gebaut. Denn zu Beginn wurden in der Michel SA ganze Uhren hergestellt. 30 Eigenmarken vertrieb man bis 1920, ehe man auf die Herstellung von Rohwerken umstellte. Bereits im Zuge der Rezession von 1921 fielen die Aktien dem «Bankverein» zu. 1926 schliesslich erfolgte der Zusammenschluss zur Ebauches SA (zusammen mit der ASSA und der Fabrique d’horlogerie de Fontainemelon). Heute wird an der Schützengasse für die Swatch-Group gearbeitet.
Adolf Michel hat verschiedene bauliche Veränderungen vorgenommen. So nutzte er die Gunst der Stunde mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie beim Nordbahnhof, um seine Fabrik so richtig in Szene zu setzen mit der Erstellung des noch heute imposanten Konkavbaus in den Jahren 1918/1919. «Die Michel SA war so wohl der erste Zweckbau mit repräsentativem Charakter», folgerte Urs Roth. Im Besitze der Familie war auch eine prächtige Villa mit Lustgarten und Nutzgarten sowie Ökonomiegebäuden, die noch heute erhalten sind. Die jetzigen Bewohner, die Familie Meier, luden die Interessierten grosszügigerweise zu einer Besichtigung des Wohnhauses ein, das dank rücksichtsvoller Renovation noch immer erahnen lässt, wie die Uhrenpatrons zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelebt haben. Einerseits wurde im Stile der Belle Époque gezeigt, was man hat. Anderseits setzte man die damals modernste Technik ein mit elektrischem Strom, Zentralheizung und einer Entstaubungsanlage. Rebekka Meier, die das Haus mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern bewohnt, betreibt darin ein Uhrenatelier, das sich unter anderem auf die Restauration und Reparatur von antiken Uhren spezialisiert hat. Manchmal kommt eben doch zusammen, was zusammengehört.