Kunsthaus Grenchen
Ein Treffen mit dem nackten Legolas: Gebürtiger Solothurner stellt Inszenierungen von Prominenten aus

Im Kunshaus Grenchen zeigt der gebürtige Solothurner Yves Scherer seine Inszenierung «Candids» - Schnappschüsse.

Fränzi Zwahlen-Saner
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Yves-Scherers "Legolas" Bronze-Acrylfarbe zu sehen im Kunsthaus Grenchen

Yves-Scherers "Legolas" Bronze-Acrylfarbe zu sehen im Kunsthaus Grenchen

Solothurner Zeitung

Yves Scherer (*1987) in Gerlafingen aufgewachsen und 2012 mit einem Förderpreis für Bildende Kunst des Kantonalen Kuratoriums für Kulturförderung ausgezeichnet, lebt und arbeitet heute vorwiegend in New York. Er setzt sich seit einigen Jahren in seinem Schaffen mit der «Celebrity»-Kultur auseinander.

Yves Scherer zeigt seine Werke im Kunsthaus Grenchen.

Yves Scherer zeigt seine Werke im Kunsthaus Grenchen.

zVg

Das Spannungsverhältnis Privatheit - Öffentlichkeit interessiert ihn, und damit einhergehend befasst sich sein Schaffen auch mit dem Einfluss der sozialen Medien auf unsere heutige Gesellschaft. Warum stellen wir uns in unserer Privatheit immer mehr der Öffentlichkeit? Warum ist dabei der Körperkult so wichtig? Wie wahr oder unwahr ist ein solch dargestelltes Leben? Und was hat die Suche nach dem Leben der Schönen und Reichen mit dem Leben von uns Normalen zu tun? Die Ausstellung im Kunsthaus Grenchen ist die erste institutionelle Einzelaussstellung des Künstlers in der Schweiz. Hier zeigt er seine Arbeiten, Skulpturen, digitale Porträts und Objekte in einer raumgreifenden Gesamtinstallation.

Eintritt ins rosarote Wohnzimmer

Bevor der Raum betreten werden kann, müssen die Besucher zunächst ihre Schuhe in einen Plastiküberzug bedecken. Zu heikel ist der ausgelegte zart-rosa Teppichboden, der auf dem ganzen Raum ausgelegt wurde. Dennoch bekommt man gleich eine Anmutung wie: ich betrete hier ein privates Wohnzimmer.

Sofort wird man angezogen von einem grossformatigen Foto von Schauspielerin Emma Watson. Die ehemalige «Hermine»-Darstellerin aus «Harry Potter» hat es geschafft, eine ernstzunehmende Schauspielerin und gleichzeitig ein angesagtes Covergirl zu werden. Darüber hinaus ist sie bekanntlich als Uno-Botschafterin unterwegs - und natürlich Motiv zahlreicher Papparazzi-Fotos. Scherer hat drei Coverfotos der Vogue von Watson zu einem schillernden Lenticular-Print verarbeitet. Gleich einem Altarbild steht man davor und betrachtet dieses beweglich-unbewegliche Bild; sucht die wahre Identität der Schönheit.

Weiter steht im Raum eine lebensgrosse rosa Figur namens «Vincent». Es ist Vincent Cassel, der französische Filmbösewicht, der meist harte, unergründliche Charaktere verkörpert. Als Ex-Lebenspartner von Monica Bellucci hat auch er es in die Schlagzeilen der Celebrity-Blätter geschafft. Scherer hat ein Paparazzi-Foto, auf welchem Cassel gerade vom Strandbesuch kommt, in eine dreidimensionale, lebensgrosse Figur verwandelt und sie in sattes Rosa getaucht. Vincent ist vielleicht also doch nicht so aggressiv, wie er meist dargestellt wird? Auch erscheint er schmächtig und zerbrechlich.

Der nackte Legolas in Bronze

Beim Weitergehen im Saal begegnet man Legolas, Orlando Bloom, ebenfalls in Lebensgrösse, bronzfarben und erst noch nackt. Scherer vermischt in dieser Figur am stärksten Schein und Sein, indem er den Kopf der «Herr der Ringe»-Filmfigur mit dem Körper des realen Bloom mischt. Dafür nahm er ein bekannt gewordenen (Privat)-Fotos von Bloom, auf dem er nackt stehend auf einem Stand-up-Paddel fotografiert wurde. Faszination durch Fake oder Wirklichkeit? Celebrities nehmen oft und gerne ganz bewusst provokante Posen ein, um ein Foto zu provozieren, und um damit ein bestimmtes Bild oder Image zu transportieren.

Ein Image, das es zu pflegen gilt, darin ist auch Johnny Depp ein Meister. Er taucht zusammen liegend mit seiner ehemaligen Freundin Kate Moss an der Wand auf. Diesem Objekt liegt ein Foto von Annie Leibovitz zugrunde. Ein intimer Moment des damaligen Liebespaares, arrangiert aber wie in einer Filmszene. So bewegt man sich vertraut-irriert-befremdet durch diese Installation voller Ikonen der Schönen und Reichen und erkennt dann erst beim rausgehen, dass zwei völlig zerschlissene Bastdecken an die Wand gehängt, diejenigen Ruhestätten sind, auf denen ein Grossteil der Erdbevölkerung hausen muss, die sich aber gleichwohl ein Leben in Rosa wünschten.

Hinweis

Bis 31. Januar 2021 mit Rahmenprogramm. Infos unter: www.kunsthausgrenchen.ch