Vernissage
Ein spezielles Stück Grenchner Geschichte

Die neue Ausstellung des Kultur-Historischen Museums widmet sich den Grenchner Industriellen-Familien.

André Weyermann
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Museumsleiterin Angela Kummer und der Präsident der Stiftung Museum, Lukas Walter, freuen sich über eine gelungene Vernissage.

Museumsleiterin Angela Kummer und der Präsident der Stiftung Museum, Lukas Walter, freuen sich über eine gelungene Vernissage.

André Weyermann

Schild, Girard, Baumgartner: Die Namen kennt man. Strassen und Plätze in Grenchen sind nach ihnen benannt. Exponenten dieser Familien waren massgeblich dafür verantwortlich, dass sich Grenchen vom Bauerndorf zur Uhrenstadt entwickeln konnte. Wer aber war, waren diese Männer und Frauen? Wer hat was gemacht? Wie sehen die familiären Bande genau aus? Das Team des Kultur-Historischen Museums machte sich auf Spurensuche und hat unter dem Titel «Wohlfahrt und Macht – Die Uhrenindustrie und die Familien dahinter» eine Ausstellung auf die Beine gestellt, welche sich nicht auf das blosse Porträtieren beschränkt, sondern auch den grossen Einfluss der Fabrikanten und ihrer Familienmitglieder auf die Region aufzeigt. Ein Einfluss, der weit über das Wirtschaftliche hinausgeht. Gesellschaftlich, politisch, und sozial haben sie Grenchen mitgeprägt, Vereine gegründet, wohltätige Zwecke verfolgt und gar religiöse Bewegungen massgeblich gefördert. Und natürlich haben sie auch in den unterschiedlichsten Bereichen Macht ausgeübt.

Thema ist sehr publikumsnah

Museumsleiterin Angela Kummer erklärte den Beweggrund für diese Ausstellung: «In den letzten Jahren haben wir bei gesellschaftlichen Themen das Gewicht eher auf die Arbeiterschaft gelegt, so zum Beispiel mit der Sonderausstellung zum Generalstreik und der sozialen Not der Zeit gegen Ende des Ersten Weltkrieges.» Jetzt sei es an der Zeit, so Kummer, die andere Seite, das Unternehmertum, das Industriebürgertum zu zeigen.

Stadtpräsident François Scheidegger zeigte anhand dreier Biografien die enorme Bedeutung diverser Industrieller für Grenchen auf. Flugplatz, Parktheater oder Spital wären ohne die Initiative aus der Familie Schild wohl kaum, oder nicht in dieser Form, realisiert worden. Die Biografien liessen überdies dreierlei erkennen oder vermuten: «Die Uhrenindustriellen waren auch als Unternehmer an einem gut funktionierenden Staatswesen und leistungsfähigen Infrastrukturen interessiert – sie engagierten sich aber zweifellos auch als Staatsbürger, als Citoyens, für die Stadt. Und last, but not least: Wer die drei Lebensläufe studiert, erkennt, wie eng verflochten die Beziehungen Wirtschaft - Staat und wie kleinräumig die Lebens- und Wirtschaftsräume damals waren.»

Den Ausstellungsmachern ist es wiede-
rum gelungen, das Thema publikumsnah aufzubereiten. Zwar wird auf textliche Hintergrundinformation nicht gänzlich verzichtet. Diese kommen aber in gut verdaubaren Happen daher. Die verschiedenen Themenkreise wie die Beziehung der Patrons zu ihren Arbeitern, die Wohnformen der Familien, Frauen und Kinder sowie das Wohlfahrtsbestreben der Industriellen können aber vor allem auf spannende Art und Weise erkundet werden. Viele Hörstationen, Verkleide-Ecken, ein Klappspiel, ein Pult mit diversen Inhalten, Filme und Multimediastationen bieten dazu reichlich Gelegenheit. Mittels Touchscreen können zudem die Stammbäume der Familien Schild und Girard erforscht werden. Der grosse Publikumsandrang an der Vernissage zeigte, dass das Museumsteam mit seinem neuen Projekt ein Thema aufgegriffen hat, welches die Grenchnerinnen und Grenchner interessiert und berührt.