Gänggi
Ein Rezept gegen die Einsamkeit

Iris Minders neues Theaterstück «Läbchueche» ist tragisch, lustig, feinfühlig – so wie das Leben. War waren an einer Vorstellung dabei.

Nadine Schmid
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Ins Wohnzimmer platzen Erinnerungen: Verluste, verpasste Chancen, traurige Ereignisse und die eigene Einsamkeit.

Ins Wohnzimmer platzen Erinnerungen: Verluste, verpasste Chancen, traurige Ereignisse und die eigene Einsamkeit.

Nadine Schmid

Violetta bäckt einen Luzerner Lebkuchen. Die Gewürze: Koriander, Zimt und Muskat – alles Zutaten der Wärme, wie sie findet. Es ist ihr Rezept gegen Einsamkeit. Sie hat fremde Menschen eingeladen, um ihnen etwas Gutes zu tun. Während sie die letzten Vorkehrungen für die Gäste trifft und auf sie wartet, unterhält sie sich mit ihrem Kanarienvogel Alfredo, hört Musik und schreibt einen Brief an eine prominente Persönlichkeit.

Doch es kommt ganz anderer Besuch, als sie erwartet. Ihre Erinnerungen platzen ins Wohnzimmer und halten ihr Verluste, verpasste Chancen, traurige Ereignisse und ihre eigene Einsamkeit vor Augen. Und auch wenn Violetta sich dagegen wehrt, dem ins Auge zu blicken, so wird dem Zuschauer schnell klar, dass ihre heile Welt nur eine Fassade ist.

Ein Tabu der Gesellschaft

Iris Minder, Autorin und Regisseurin von «Läbchueche – Violettas Festmahl», schuf ein ganz besonderes Stück, ein liebevolles, künstlerisches; eines, das zum Nachdenken anregt. Mit der Einsamkeit thematisiert das Stück ein Tabuthema der Gesellschaft, aber auch eine Urangst des Menschen.

Im Grunde möchte niemand allein und verlassen sein und ebenso wenig möchte man es sich eingestehen, wenn man es ist. Denn: «Man schämt sich», wie Violetta schliesslich festhält. Es ist ein Stück, das vom Leben erzählt und sich mit Sachverhalten auseinandersetzt, die man als Zuschauer aus dem eigenen Alltag kennt. Trotz der Tragik enthält es auch komödiantische Elemente.

In familiärer Atmosphäre

«Es geht mir in meinen Stücken immer darum, den Menschen etwas mitzugeben», so Minder. «Es gibt genügend Schenkelklopfertheater, aber ja, es darf gelacht werden, man darf sich amüsieren, ohne Diskussion. Aber man soll auch denken, sich auseinandersetzen, berührt werden, erschreckt und traurig werden.»

Was Minder umschreibt, ist genau das, was man in ihrem Stück «Läbchueche» als Publikum in familiärer Atmosphäre in ihrem kleinen Theaterraum Gänggi erleben darf. Ihr ist ein hochstehendes Amateurtheater gelungen, alle Schauspielerinnen überzeugen mit ihrer Leistung.

Iris Minder hat das einstündige Stück absichtlich im November programmiert. «Dann ist man besinnlicher», sagt die Theatermacherin. «Ich wollte dieses Thema ernst angehen, denn es ist ein ernstes Thema. Gleichzeitig wollte ich aber auch Hoffnung wecken.»

Personifizierte Erinnerungen

Die Erinnerungen, die Violetta (Rosmarie Urben) an diesem Abend durchlebt, sind nicht im übertragenen Sinn lebendig. Sie klettern beispielsweise durch das Fenster in die Wohnung herein oder kommen aus der Küche ins Wohnzimmer, und fehlen auch dann nicht, wenn die Wohnung verlassen ist.

Violetta begegnet beispielsweise sich selbst als kleines Mädchen (Zoe Jenny). Die Versuche, die Stimmen in ihrem Kopf zum Verstummen zu bringen, misslingen – und so muss Violetta verschiedene Abschnitte aus ihrem Leben noch einmal durchleben, so aus der Zeit, als sie als junge Frau (Saskia Braga) ihren Verehrer abweist.

Da ist ebenso die andere, gleichaltrige Violetta (Susi Reinhart), die ihr Leben kritisch betrachtet und zu Veränderungen drängt. Und der Zuschauer bekommt schliesslich auch die alte Violetta (Heidi Huggenberger) zu sehen, die über ihr ganzes Leben reflektiert.

Plätze gibt es noch für die Vorstellungen am 26.11. (19.30 Uhr) und am 27.11. (16.30 Uhr). Vorverkauf: Telefon 076 502 44 48 (Mo–Sa 10 bis 14 Uhr).