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Die Flughafenfeuerwehr Grenchen und die Flughafenassistenten absolvieren eine gemeinsame Ausbildungs-Übung mit zwei unterschiedlichen Szenarien.
Die Alarmsirene auf dem Flughafen geht los. Ein simulierter Notfall. Ein Kleinflugzeug ist auf das Dach des Hotels gestürzt und brennt. Im Tower haben die Flughafenassistenten nach der Alarmauslösung den Notfall-Ordner hervorgenommen und arbeiten ihn nun Punkt für Punkt ab. Der Flughafen muss bei so einem Grossereignis geschlossen werden, die Maschinen, die sich noch in der Luft befinden, erhalten die Meldung, dass der Flughafen gesperrt ist – sie müssen auf andere Flughäfen ausweichen, Wer muss informiert werden? Müssen zusätzliche Einsatzkräfte aufgeboten werden?
Die Feuerwehr hat in der Zwischenzeit hinter dem Hotel Stellung bezogen und zieht Schläuche aus dem Flugfeldlöschfahrzeug. Vor dem Hotel versammeln sich ein paar Hotelgäste, um sich zu vergewissern, dass es sich tatsächlich nur um einen Testalarm gehandelt hat. Einige Feuerwehrleute montieren ihre Atemschutz-Ausrüstung, die Einsatzleiter wird vom Fahrzeug geholt und ans Vordach des Hotels gelehnt. Auf dies- em Vordach steht ja tatsächlich ein echtes Flugzeug, ein Kunstflieger der Firma Hamilton. Darunter liegt eine lebensgrosse und schwere Puppe, der Verletzte. Zwei Feuerwehrleute besteigen in ihrer schweren Atemschutz-Ausrüstung das Dach über die Leiter, weitere Einsatzkräfte ziehen einen Schlauch hoch, bereit, den Brand zu löschen. Sie bergen den Verletzten und bringen ihn aus der Gefahrenzone. Unten haben die anderen Feuerwehrleute inzwischen die Zufahrt zum Flughafen gesperrt und gut sichtbare Warndreiecke aufgestellt.
Flughafendirektor Ernest Oggier hatte zur Ausbildung aufgeboten. Jeden Monat findet eine andere Übung statt. Im März war das Thema «Einsatzübung mit den Flughafenassistenten». In zwei Szenarien sollte die Zusammenarbeit zwischen den Flughafenassistenten und der Flughafenfeuerwehr geschult und verbessert werden (siehe auch Kasten rechts). In einem ersten Szenario, das quasi als «Aufwärmrunde» für den geschilderten Absturz diente, war der rechte Pneu eines Flugzeugs nach der Landung geplatzt und die Maschine an einem ungünstigen Ort zwischen Tankstelle und Hangar stehen geblieben. Die Cessna 172 musste geborgen werden. Die Gruppe der Flughafenassistenten hatte sich mit Oggier in den Tower begeben, wo man das Vorgehen besprach und die nötigen Anweisungen per Funk durchgab. Muss man den Flughafen sperren in so einem Fall? Nein, der Betrieb kann weitergehen. Auch wenn der Platz für die Durchfahrt anderer Flugzeuge von den Hangars zur Piste eng ist, möglich ist sie immer noch.
Die Feuerwehr ist inzwischen mit zehn Männern und einer Frau ausgerückt. Nach Begutachtung des Schadens und Rücksprache mit dem Piloten wird von diesem der Bergungsvertrag unterzeichnet. «Unser wichtigstes Dokument», erklärt John Traub, Wirt des Hotel Airport und ebenfalls Soldat bei der Flughafenfeuerwehr. Denn mit diesem Vertrag entbindet der Pilot die Feuerwehr von der Haftung für mögliche Schäden, die im Zuge der Bergung entstehen könnten. Das kaputte Rad wird auf einer kleinen Hebebühne, einem Karren auf Rollen fixiert, das Vorderrad auf einem Anhänger festgemacht. Das Flugzeug kann jetzt mit einem kleinen Traktor abgeschleppt werden.
Was aber, wenn die Maschine mit einem Plattfuss im Acker stehen bleibt, so wie die Jak 52 vor ein paar Monaten? «Dann müssen wir mit den Schaltafeln arbeiten, die wir auf den Einsatzfahrzeugen bereit haben und das Flugzeug eventuell mit der Seilwinde rausziehen», erklärt Wachtmeister Patrick Weber. Er zeigt seinen Kameraden auch noch die speziell für solche Fälle aufgerüstete Werkzeugkiste, in der sich Spezialwerkzeuge für die Entfernung der Radverkleidung befinden, über die die meisten der in Grenchen stationierten Flugzeuge verfügen und die dem «Radersatz» in die Quere kommen können.
So unmittelbar sie begonnen hat, so schnell ist die Übung vorbei. Die Einsatzkräfte begeben sich wieder ins Feuerwehrzelt. Dort wird retabliert: Die Atemschutzgeräte müssen wieder bereitgestellt werden, die Masken gewaschen und desinfiziert werden. Leutnant Renato Belloni erklärt in der Zwischen- zeit denjenigen Feuerwehrleuten, die gerade nichts zu tun haben, die Einsatzmittel des Flughafen-Löschfahrzeugs: Von den verschiedenen Schlauchtypen und -anschlüssen über die Schnellangriffsausrüstung, Rettungsmaterial wie Bergungsbrett und Schutzhaube für Verletzte, Sanitätstasche und mehr bis zum richtigen Gebrauch der Leiter auf dem Dach.
Um die Auflagen des Bundesamtes für das Projekt Instrumentenflug ohne Flugverkehrskontrolle zu erfüllen, hat der Regionalflughafen Grenchen vor zwei Jahren den neuen Job der Flughafenassistenten kreiert. Diese müssen über eine Pilotenlizenz verfügen, das fliegerische Vokabular am Funk kennen und Englisch sprechen. Der Assistent sitzt bei Bedarf zu den Zeiten im Tower, wenn die Skyguide-Flugverkehrsleiter diesen verlassen haben, liefert die ATIS-Daten (Automatic Terminal Information Service) – eine automatische Informationsdurchsage für den Flugverkehr – und steht den Piloten für Wetterauskünfte zur Verfügung. Er informiert «Bern-Tower» über die geplanten Flüge und die Pistenrichtung. Weil auch ohne Flugsicherung der sogenannte Alerting-Service gewährleistet werden muss, löst er in Notfällen laut der Notfallorganisation Alarm aus. Heute arbeiten stundenweise acht Personen in dieser Funktion in Grenchen.
Die Feuerwehr des Flughafens umfasst ein Korps von aktuell 22 Personen; die meisten sind auf dem Flughafen oder in einem der dort angesiedelten Betriebe tätig. Im Notfall muss die Feuerwehr den Unfallort oder Ort des Zwischenfalls innert 3 Minuten mit dem erforderlichen Löschmaterial erreichen. Bei Grosseinsätzen wird nebst Polizei, Rettungsdienst und Zivilschutz zusätzlich
die Feuerwehr Grenchen und eventuell sogar die betriebseigene Feuerwehr der ETA aufgeboten, dazu kommen die Feuerwehren aus Biel und Solothurn, die auch einrücken könnten. (om)
Bei der anschliessenden Besprechung werden allfällige Defizite diskutiert. Die Kommunikation zwischen den zwei Gruppen hätte in manchen Punkten besser und die Informationen umfassender sein können. Vor allem zu Beginn habe das mit dem Funk nicht geklappt. «Ihr müsst warten mit funken, bis die Sirene nicht mehr heult, denn während der Zeit hört man im Tower rein gar nix», so Oggier. Aber im Grossen und Ganzen ist auch er zufrieden. «Wir haben hier eine Feuerwehr, die nicht aus Profis besteht, sondern von Personen, die das nebenberuflich ausüben, im Milizsystem. Deshalb ist es wichtig, solche Szenarien immer wieder durchzugehen und zu üben.»
Wichtig auch für die Flughafen-Assistenten: Jeder gewinne an Routine, wenn er solche Übungen absolviere. «Die Koordinierung zwischen den lokalen Einsatzkräften und den externen Stellen, die auch informiert werden müssen, muss im Ernstfall klappen.»