Was haben wir in den vergangenen Wochen gelernt? Wir reden von Homeoffice statt Heimarbeit, von Homeschooling statt Heimunterricht, von Social Distancing statt Abstand halten, von Lockdown statt Einschränkung des öffentlichen Lebens. Auch das Wort Maskenpflicht erinnert nicht mehr an den früheren Lunaball der Lunazunft, sondern an eine gezielte Sicherheitsmassnahme gegen das Coronavirus.
Ich war zwar froh über die klaren Anweisungen aus Bern, wenn man das politische Hickhack in den Nachbarländern beobachtete. Trotzdem tauchen Fragen auf. Zum Beispiel, wieso gilt in einem der kleinsten Länder Europas mit der vermutlich fast höchsten Bevölkerungsdichte der längste Sicherheitsabstand von zwei Metern? War in den vergangenen Wochen die Wahrscheinlichkeit, von einem rasenden Pizzakurier überfahren zu werden, nicht x-mal grösser, als an Corona zu erkranken?
Mit der «neuen Normalität» soll alles besser werden. Ich würde lieber von einer «temporären Normalität» sprechen, die irgendeinmal vorbeigeht. Denn die «neue Normalität» bevormundet und verunsichert die Menschen, wenn in Restaurants die Tische durch Plexiglaswände voneinander getrennt werden, das Personal beim Friseur oder im Detailhandel die Kunden mit Masken bedient und pollenanfällige Leute sich kaum noch auf die Strasse getrauen, weil sie, sobald sie husten und oder eine triefende Nase haben, gleich als Coronainfizierte verdächtigt werden.
Ein Blick zurück, ein letztes Winken, ein kräftiger Tritt in die Pedale, und Bruno Meier bog mit seinem Fahrrad von der Quartierstrasse in die Kirchstrasse ein. Dieses Bild, kurz bevor Bruno ins Spital musste, werde ich nicht mehr vergessen, da es zu ihm passte wie zu keinem anderen.
Bruno gehörte zu den Menschen, die mein politisches Interesse weckten. 1973 erlebte ich als Teenager hautnah, wie dank seinem Engagement die ehemalige Baubaracke bei der Kläranlage zum ersten Jugendpavillon im Lindenpark umfunktioniert wurde.
Er machte sich stark für die Jugend, auch wenn damals ältere Mitbürger befürchteten, die Babyboomer würden die Globuskrawalle nach Grenchen bringen oder alle, die am Jugendhaus arbeiteten, würden vom Osten gesteuert und später zu Kommunisten mutieren.
Nicht wenige, die damals im Jugendzentrum (JZ) verkehrten und von Teilen der Bevölkerung als Randständige angesehen wurden, machten später beruflich oder politisch Karriere. Bruno lebte vor, wie man mit unermüdlichem Einsatz und starkem Glauben etwas erreichen konnte. Vor 41 Jahren lancierte er mit seiner viel zu früh verstorbenen Ehefrau Monika den Ferienpass. Mit viel Herzblut und Fronarbeit organisierten sie mehrere Jahrzehnte dieses bei Kindern sehr beliebte Ferienangebot.
Ich erlebte Bruno Meier als zielorientierten Konsenspolitiker, der sich nicht zu schade war, im Dialog mit allen Parteien nach Lösungen zu suchen. Nur bei einem Thema konnte er laut und unerbittlich werden. Wenn Kinder, Jugendliche oder sozial Benachteiligte zum Spielball von Vorurteilen oder Sparmassnahmen wurden.
Der regelmässige Schwatz mit ihm, seine Kommentare zu meinem Stadtbummel, sein Versprechen, die Steuererklärung dieses Jahr sicher pünktlich abgeben zu wollen, oder ihm nachzusehen, wie er schwungvoll auf das Fahrrad steigt und nach paar Radumdrehungen einen Blick zurückwirft und sich fahrend verabschiedet, sind bleibende Bilder. Adieu Bruno, du wirst uns fehlen.