In Grenchen hat ein Randständiger drei Katzenwelpen und deren Mutter aus dem Fenster geworfen. Die Jungen überlebten den Sturz nicht, die Mutter wird aufgepäppelt. Können Randständige keine Verantwortung für Tiere tragen?
«Einfach nur grausames Handeln», schreibt Esther Bosshard zum Artikel auf www.grenchnertagblatt.ch. Man übernehme mit dem Tier auch ein Verantwortung und könne es nicht einfach aussetzen oder gar aus dem Fenster werfen. Ausserdem hätten Sozialabhängige «doch nicht die Möglickeit so viel Geld für ihre Tiere auszugeben und sollten es unterlassen, sich welche anzuschaffen».
Können Randständige keine Verantwortung für Tiere allgemein übernehmen und sollten deshalb gar keine halten dürfen?
In einer Online-Umfrage sind 57 Prozent der 81 Teilnehmer der Meinung, dass Randständige keine Tiere besitzen sollten, denn sie hätten nicht einmal ihr eigenes Leben im Griff. 32 Prozent finden, dass die Tierhaltung mit Auflagen erlaubt sein darf. 11 Prozent sympatisieren mit den Randständigen, die «oft die Gesellschaft von Tieren» bräuchten.
Was macht die Sozialhilfe in einem solchen Fall? Die az hat bei Kurt Boner, dem Leiter der Sozialen Dienste Grenchen, nachgefragt:
Ein Mann hat eine Katzenfamilie aus dem Fenster in den Tod geworfen. Er ist sozial randständig. Hätte das Sozialamt das verhindern können?
Kurt Boner: Nein. Ob Klienten Haustiere haben oder nicht, erfahren wir nur, wenn wir einen Hausbesuch machen oder eine Meldung über Probleme bei der Tierhaltung bekommen.
Sie wissen also auch nicht, wie viele Randständige Tiere haben?
Das Haustier wird bei sozalhilfebedürftigen Menschen beim Budget nicht berücksichtigt. Ein Mensch mit vormundschaftlichen Massnahmen verfügt in der Regel über Einkommen aus Renten und kann sich, falls er die Verantwortung übernehmen kann, ein Haustier halten. Sozialhilfebedürftige hingegen erhalten keine zusätzlichen Beiträge für Tiere. Die Kosten sind aus dem Grundbedarf zu decken.
Im Versteckten haben aber sicher viele Katzen oder Hunde. Letztere sind bei Randständigen beliebt.
Und wir mussten schon aus dem Grundbedarf Hundesteuern nachzahlen, was eine Kürzung des Unterstützungsbetrages nach sich zog.
Vermutlich haben viele Randständige auch keine obligatorische Hundehalterprüfung gemacht?
Das ist denkbar, kann ich aber nicht mit Gewissheit sagen. Auch eine Hundehalterprüfung muss aus dem Grundbedarf gedeckt werden.
In einer Online-Umfrage dieser Zeitung finden 6 von 10 Personen, dass man diesen Leuten keine Tiere überlassen darf. Soll ein sozial randständiger Mensch überhaupt ein Haustier halten dürfen?
Im Einzelfall kann diese Konstellation problematisch sein. Der Schluss, dass sozialhilfe- oder vormundschaftsbedürftige Menschen keine Verantwortung für ein Tier übernehmen können, ist pauschal aber sicher nicht zulässig.
Was, wenn der Grenchner Büsiquäler letztlich verurteilt wird?
Wird ein sozialhilfebedürftiger Mensch strafrechtlich sanktioniert und mit einer Busse belastet, kann es auch dann nicht sein, dass diese aus Steuergeldern finanziert würde. Das heisst, er müsste ins Gefängnis.
Interview: Patrick Furrer