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Vor hundert Jahren erfolgte zwischen Moutier und Grenchen der Durchbruch des mit 8,6 km längsten Juradurchstichs der Bahn. Die Stadt bekam damit einen zweiten Bahnhof.
Am kommenden Montag vor genau hundert Jahren, am 27. Oktober 1914, wurde um 16.30 Uhr bei Tunnel-Kilometer 4,223 die letzte Steinmauer beim Bau des Grenchenbergtunnels durchstossen. Mit dem Bau des Tunnels wurde in Moutier am 6. November 1911 und in Grenchen einen Tag später begonnen. Der Tunnel diente einer besseren Erschliessung des Lötschbergtunnels (1913 eröffnet) von Frankreich her.
Nach nahezu drei Jahren Bauzeit kamen die beiden Gruppen nun zusammen. Sofort machten sich die Ingenieure und Techniker daran, die tatsächliche Abweichung der beiden Stollen auszumessen. Das Ergebnis war ausgezeichnet: Nur gerade um 90 mm waren die beiden Gänge von den Plänen abgewichen.
Nach dem 27. Oktober folgte der Ausbau des 8.578 km langen Tunnels der MLB, der Moutier-Lengnau-Bahn, die genau 12,979 km lang war und von allem Anfang an Teil des BLS-Netzes war. Zum Bauwerk gehörten neben dem Bahnhof Grenchen Nord die beiden markanten Viadukte auf Grenchner Boden. Bekannt ist vor allem das 288 Meter lange «Mösliviadukt», das die Bielstrasse in einer Höhe von 18,3 Metern überspannt. Das 291m Meterlange «Oberdorfviadukt» führt die Bahn in einer Höhe von 15,5 Metern über Terrain zwischen den Häusern der Oberstadt gegen den Tunneleingang.
Erster Zug schon ein Jahr später
Die Kosten für den Bau des Tunnels wurden auf 26 Mio. Franken veranschlagt. Die Abrechnung lautete auf 25,7 Mio. Franken; das Budget wurde somit unterschritten.
Am 1. Oktober 1915 verkehrte der erste fahrplanmässige Zug durch den Tunnel. 2015 wird das Kultur-Historische Museum Grenchen in einer Ausstellung und weiteren Aktionen an die spannende und für die Wirtschaft Grenchens derart wichtige Verbindung durch den Grenchenbergtunnel erinnern. Parallel zu dieser Ausstellung findet in Moutier zum gleichen Anlass ebenfalls eine Ausstellung statt.
Mit dem Tunnelbau verbunden ist auch die Erinnerung an das Gastarbeiterdorf Tripoli, das in Grenchen noch heute ein Begriff ist. Laut einer Publikation von Alfred Fasnacht waren mehrere hundert Arbeiter, vornehmlich aus Italien und viele mit Familie, im «Tripoli» untergebracht. Auch eine «Italienerschule» , Läden, Restaurants und ein Spital gehörte dazu. Viele Familien blieben nach dem Tunnelbau in Grenchen.
Eine Besonderheit des Tunnels war die bis zur Elektrifizierung im Jahr 1928 benutzte Belüftung. So baute man am Südportal ein spezielles Ventilationsgebäude. Zwei Ventilatoren mit einem Durchmesser von 3,5 Metern bliesen Frischluft ins Tunnelinnere und die Luft im Tunnel wurde alle 50 Minuten vollständig ausgetauscht.
Quelle angebohrt
Damit diese Anlage richtig arbeitete, musste das Südportal mit einem Segeltuch-Vorhang verschlossen werden. Später übernahm eine Signalanlage, welche mit dem Vorhangmechanismus gekoppelt war, deren Absicherung. 1940 wurde der Vorhang und die Signalabsicherung entfernt und die Ventilation stillgelegt. Das Ventilationsgebäude kann man aber auch heute noch bei der Tunneleinfahrt linker Hand beim Südportal erkennen.
Spektakulär war auch das (unbeabsichtigte) Anbohren der Dorfbachquelle im Jahr 1913, was die Wasserversorgung des Dorfes Grenchen gänzlich lahmlegte und durch den gewaltigen Wasserabfluss sogar Erdbeben auslöste.
Quellen erschlossen
Das Wasser wurde in der Folge elektrisch aus dem Tunnel gepumpt und die Bahn leistete Schadenersatz. Im Tunnel wurden insgesamt 20 neue Quellfassungen gebaut. Diese bilden noch heute das Rückgrat der Grenchner Wasserversorgung.