«Sunnepark»
Durchgangszentrum beim Alten Spital Grenchen wirft hohe Wellen

Die Anwohner und Nachbarn des Alten Spitals Grenchen sind nach dem Entscheid des Kantons, ein Durchgangszentrum für maximal 100 männliche Asylbewerber einzurichten, überrumpelt. Sie diskutieren und diffamieren in sozialen Medien.

Oliver Menge
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Rechts neben der Einstellhalle des «Sunnepark» ist der Eingang zur geschützten Operationsstelle mitten im Wohnquartier.

Rechts neben der Einstellhalle des «Sunnepark» ist der Eingang zur geschützten Operationsstelle mitten im Wohnquartier.

Oliver Menge

Der Entscheid des Kantons, in der geschützten Operationsstelle GOPS unterhalb des Alten Spitals Grenchen ein Durchgangszentrum für maximal 100 männliche Asylbewerber einzurichten, ruft bei den Anwohnern und Nachbarn wenig Begeisterung aus.

Wie eine anonyme Umfrage des az Grenchner Tagblatts zeigt, hat man zwar grundsätzlich Verständnis dafür, dass die Menschen, die aus den Krisengebieten im Nahen Osten, Nordafrika, Afghanistan oder wegen der Gräueltaten der Terrororganisation «Islamischer Staat» aus Syrien oder dem Irak geflüchtet sind, irgendwo untergebracht werden müssen.

Aber der Standort der GOPS, mitten in einem Wohnquartier und unmittelbar neben dem neuen Alters- und Gesundheitszentrum Sunnepark, sei doch eher wenig geeignet, sagen einige der Gesprächspartner, die in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen.

Anonym deshalb, weil sich ein Teil der nicht in eine bestimmte «Ecke drängen lassen will» oder ganz einfach namentlich keine Auskunft geben wollte.

Praktisch alle haben aus der Zeitung oder anderen Medien vom Entscheid des Kantons erfahren, ein Umstand, der ebenfalls für Ärger sorgt. Manche wurden von einem Reporter von «Telebärn» darüber informiert, als dieser erste Interviews machte – knapp eine halbe Stunde, nachdem der Kanton die Mitteilung veröffentlichte

Ein Anwohner stört sich denn auch stark an der Informationspolitik des Kantons, der sehr spät informiert habe. Überhaupt finde er es daneben, wie man einmal mehr auf Grenchen rumhacke von Solothurn aus. «Da verstehe ich den Ärger des Stapis manchmal sehr gut.»

Aber er habe Verständnis dafür, dass die Menschen irgendwo untergebracht werden müssten. Und falls die mit der Betreuung beauftragte Firma ORS ihren Job gut mache, dann sei das Ganze okay für ihn.

Ein älterer Mann meint: «Machen kann man ja eh nichts dagegen. Auch mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dass gleich gegenüber 100 junge Ausländer im Untergrund leben sollen. Aber sie können ja auch nichts dafür, dass in ihren Ländern Krieg herrscht. Und die Schweiz muss ihren Teil beitragen.»

Viele der Befragten fühlen sich überrumpelt: Eine ältere Dame nimmt kein Blatt vor den Mund: «Man wird einfach überfahren. Hier sind so viele Schüler unterwegs und der Kanton verfügt das einfach.

Diese Leute sollte man einfach nicht ins Land hineinlassen, das sind doch alles Wirtschaftsflüchtlinge.»Und zum Schluss setzt sie noch obendrauf: «Die sollen bleiben, wo sie sind. Uns würde in einer solchen Situation ja auch niemand aufnehmen.»

Etwas differenzierter sieht das ein Herr im mittleren Alter: «Tatsache ist, diese Menschen sind geflüchtet und kommen zu uns. Das sind die Auswirkungen der Weltpolitik der letzten 50 Jahre, und da können wir gar nichts daran ändern.»

Auch er mache sich ein wenig Sorgen, denn diese Menschen kämen aus einem anderen Kulturkreis, aus Ländern und Gebieten, die seit Jahren von Gewalt geprägt seien. «Ich hoffe einfach nicht, dass es Männer unter den Asylbewerbern gibt, die dadurch selber skrupellos und gewalttätig geworden sind.»

Social Media: Meinungen sind gespalten

Der Umgangston in den sozialen Medien ist bisweilen gehässig, das ist nichts Neues. Zum Durchgangsheim im GOPS sind die Meinungen schnell gemacht und werden unzimperlich vertreten: Die einen finden es eine Zumutung, bald 100 Flüchtlinge in der Nachbarschaft zu haben, die anderen bezeichnen Erstere als Rassisten und so weiter. Aber auch hier ist die Art der Unterbringung ein Thema. Sogar Männer, die wahrscheinlich im Militärdienst Bekanntschaft mit ähnlichen unterirdischen Anlagen gemacht haben, finden den Aufenthalt in einem solchen Bunker als schwierig und schreiben, sie würden es keine Woche dort aushalten. Andere befürchten – nicht zuletzt wegen der kürzlich geschehenen Vorkommnisse in Köln – eine Zunahme von Gewalt und Kriminalität in Grenchen. Mehrmals wird auch die Frage gestellt, weshalb nur Männer in Grenchen einquartiert werden sollen und nicht auch Familien. (om)

Nur Männer sollen kommen

Dass laut Auskunft des Kantons in Grenchen nur alleinreisende Männer untergebracht werden – eine gängige Praxis – schürt das Unbehagen der Anwohner besonders. Eine junge Frau: «Ich verspüre schon ein mulmiges Gefühl, wenn ich daran denke.»

In diesem Quartier seien viele junge Mütter mit kleinen Kindern unterwegs. Ausserdem führe der Schulweg vieler Kinder an der Anlage vorbei. «Von diesem Punkt aus betrachtet, ist der Standort doch etwas fragwürdig», meint sie.

Eine andere, junge Frau: «Ich war schon in solchen Ländern in den Ferien und habe selber erlebt, wie europäische Frauen von diesen Männern angequatscht werden.» Von dem her sei sie gar nicht begeistert, dass gleich hundert in der GOPS untergebracht werden sollen.

Wobei, relativiert sie nach einer Weile: «100 Schweizer Männer auf so engem Raum wären wohl genaugleich schlimm». Was ihr aber wirklich Kopfzerbrechen bereite, sei der Umstand, dass die armen Kerle einfach unterirdisch, ohne Tageslicht untergebracht würden.

Sie habe sich das Video und die Fotos auf www.grenchnertagblatt.ch angeschaut und sagt: «Ich würde da keine einzige Nacht drin verbringen. Das muss doch unglaublich beengend und erdrückend sein.»

Derselben Meinung ist auch eine Dame mittleren Alters: «Junge Männer flüchten aus ihrer Heimat, um hier ein besseres Leben zu finden, sind vielleicht traumatisiert und werden dann in so einem Bunker untergebracht – das gibt unweigerlich Probleme.»

Das gehe vielleicht für eine oder zwei Wochen gut. Aber auch sie wisse keine bessere Lösung, und unterbringen müsse man sie ja irgendwo. Denn das die Flüchtlinge auch in die Schweiz strömten, sei klar. Man könne ja auch nicht abschätzen, wie sich die Situation weltweit weiterentwickle und wie viele Flüchtlinge es noch geben werde.

«Es ist für mich eher erstaunlich, dass Grenchen erst jetzt zum Zug kommt und bisher ‹verschont› blieb.»

Zu früh für Probleme

Die Angestellten und Bewohner des Sunnepark wurden unmittelbar vor der Veröffentlichung der Mitteilung am Dienstag informiert, wie Peter Trachsel, Geschäftsführer des Gesundheits- und Pflegezentrums Sunnepark, sagt. Er ist selber Mitglied in der Begleitgruppe und war von Anfang an involviert.

«Wir mussten in den sauren Apfel beissen, aber wir wollen konstruktiv mithelfen. Das entspricht auch der humanitären Tradition der Familie Gyger (Besitzer des Sunneparks, Anm. d.Red.)» Bis jetzt hätten sich erst Wenige mit Fragen oder Bedenken an ihn gewandt.

«Wir vom Sunnepark wollen die Probleme dann angehen, wenn sie auftauchen.» Es bringe relativ wenig, Befürchtungen zu äussern und Vermutungen anzustellen, noch bevor der erste Mensch dort unten untergebracht sei.

Ausserdem sei er überzeugt, dass die für die Organisation zuständige Firma ORS diese Aufgabe zu aller Zufriedenheit erfüllen könne. «Deshalb äussern wir uns auch erst, wenn das Durchgangszentrum ein paar Wochen in Betrieb ist und man auch wirklich Aussagen machen kann.»