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Vor zwei Jahren übernahm Kronenberg die Leitung des Stadtorchesters, das in einer Krise steckte. Mit einem neuen Konzept und der Wahl einfacherer Literatur hat man neue Mitglieder gewonnen
Das Stadtorchester Grenchen unter der Leitung von Ruwen Kronenberg verbindet in seinem Frühlingskonzert Ende März Musik der Barockzeit mit ausgewählten Kompositionen des 20. Jahrhunderts.
Eine anspruchsvolle Aufgabe, wie Kronenberg erklärt: «Die Auswahl der Literatur ist entscheidend. Bei einem Teil des rund 30-köpfigen Orchesters handelt es sich um Schülerinnen und Schüler der Musikschule, also wähle ich jeweils nur ein Stück aus, das man als eher schwierig bezeichnen könnte. Die anderen sind dem Niveau angepasst und auch für Musikschüler spielbar.»
Kronenberg ist seit 17 Jahren als Musiklehrer an der Musikschule Grenchen tätig und selber langjähriges Mitglied im Stadtorchester. Dieses steckte bis vor zwei Jahren in der Krise. Nicht zuletzt, weil die vom damaligen Leiter ausgewählte Literatur einfach zu schwierig gewesen sei, «das Niveau war zu hoch», erklärt Kronenberg. Das Orchester hatte über die Jahre stetig Mitglieder verloren, eine Überalterung war feststellbar, und auch finanziell sah es alles andere als rosig aus. Für die Konzerte engagierte man jeweils eine stattliche Anzahl Berufsmusiker – und das kostet.
Die Stimmung in der Musikschule konnte man nicht als gut bezeichnen, so Kronenberg, denn die Musiklehrer hatten Schüler auszubilden, die dann oft keine Möglichkeit hatten, ihre erworbenen Fähigkeiten zu zeigen und öffentlich aufzutreten. An einer ausserordentlichen GV wurde über ein neues Konzept abgestimmt. Mit Bedauern trennte man sich daraufhin vom damaligen Dirigenten und Leiter des Stadtorchesters, Daniel Polentarutti, der im April 2017 sein letztes Konzert mit dem Stadtorchester dirigierte.
Man wollte eine engere Zusammenarbeit mit der Musikschule anstreben. Kronenberg legte ein Konzept vor, das die Integration von Musikschülerinnen und -schülern und eine vermehrte Zusammenarbeit mit den Schulen Grenchen beinhaltete. Und wurde prompt zum neuen Leiter des Stadtorchesters ernannt. Das neue Konzept sah vor, mehr Jugendliche aus der Musikschule ins Orchester zu integrieren und auch Ehemalige wieder aufzubieten.
Ebenfalls Bestandteil des neuen Konzepts war, jährlich ein Kinderkonzert zu organisieren. Im letzten November begleitete das Stadtorchester beispielsweise ein Schattentheater zum Thema 1001 Nacht mit Schulklassen aus dem Halden und dem Eichholz. Ein durchschlagender Erfolg: Das Parktheater war proppenvoll, der Beifall riesig. «Die Verbindung zur Schule und die Teilnahme von ganzen Klassen bringt auch ein ganz anderes Publikum an die Konzerte», erklärt Kronenberg. Ein Publikum, das die «Verhaltensregeln» bei klassischen Konzerten eher weniger kenne. «Dafür sind die Reaktionen des Publikums aber auch direkt und unmittelbar. So wird zum Beispiel nach jedem Satz applaudiert, etwas, das normalerweise nicht üblich ist.» Aber mittlerweile habe sich das etabliert. «Wir haben einfach mit den Kräften, die vorhanden sind, etwas den Möglichkeiten Entsprechendes auf die Beine gestellt.»
Das will Kronenberg auch in Zukunft so halten. Denn Nachwuchssorgen hat das Stadtorchester inzwischen keine mehr. Und durch die Möglichkeit, dass jetzt auch Erwachsene die Angebote der Musikschule nutzen können, bietet sich vermehrt die Möglichkeit, Ehemalige ins Orchester zu integrieren. «Ich habe zum Teil Schüler in meinen Unterrichtsstunden, die seit Jahren zu mir kommen. Dieses Potenzial kann man nützen.» Dadurch werde auch das Niveau des Orchesters gehoben, ein zentraler Punkt für den Dirigenten.
Wie bereits erwähnt, ist die Auswahl der Literatur entscheidend. Eines der Stücke sei jeweils schwieriger als die anderen. «Wobei interessanterweise manchmal auch Stücke als schwierig empfunden werden, von denen ich das bei der Auswahl nicht erwartet habe.»
Bei der Zusammenstellung des neuen Konzertprogramms sei es darum gegangen, Parallelen zwischen modernen Kompositionen und den Werken aus dem Barock aufzuzeigen. Geplant ist ein Miteinander von Werken für Streicher aus dem 20. Jahrhundert und zwei Werken aus der Barockzeit für Blockflöte und Streicher. «Man ist sich oft nicht bewusst, zu welchen Anlässen die Barockwerke gespielt wurden. Denn das waren zumeist Tanzsuiten, die so gespielt, also mit einem gewissen Tempo, ganz andere Anforderungen an die Musikerinnen und Musiker stellen, als das gemeinhin üblich ist.» Dass dabei die Blockflöte eine Hauptrolle spiele, sei doch eher speziell, so Kronenberg. «Ich bin gespannt.»
Nächstes Jahr wird das Stadtorchester 100 Jahre alt. «Wir sind schon jetzt an der Planung der Jubiläumsanlässe und Festivitäten. Die Zusammenarbeit mit den anderen Musikvereinen in der Stadt klappt ausserordentlich gut, sei es mit der Stadtmusik, CantaGaudio oder dem Jodlerklub Bärgbrünnli. Deshalb sind im Jubiläumsjahr auch gemeinsame Konzerte angedacht.»
Das Stadtorchester hat auch schon eine Professionalisierung in verschiedenen Bereichen, wie beim Sponsoring, beim Gönnerwesen und bei der Medienarbeit vorgenommen. Nun will man auch noch die Position des Vereinspräsidenten wieder besetzen. «Diesen Schwung, den das Orchester in den vergangenen Monaten aufgenommen hat, wollen wir aufnehmen und weiterführen.»