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Vom Obstbrand bis zum trendigen Gin: Die Brennerei Schwab lanciert immer wieder neue Produkte. Inzwischen macht sie den besten Single Malt Whisky der Schweiz.
Neuerungen zuhauf: Mit Manuela Schwab ist letzten Sommer in der Brennerei Schwab die vierte Generation in den Oberwiler Familienbetrieb eingetreten. Um die Früchteschwemme des Ausnahmejahres 2018 zu bewältigen, hat im Lagerschuppen ein Hochregal Einzug gehalten. Damit konnte die Brennerei ihre Lagerkapazität verdoppeln. Produkteseitig ist die Brennerei für den Gin-Trend gewappnet. Der Jahrgang 2018 des preisgekrönten «Buechibärger Rouch Whisky» ist bereits ausverkauft, der nächste Jahrgang wird Ende Jahr erhältlich sein.
Momentan jonglieren Schwabs mit unzähligen Herausforderungen gleichzeitig: Die Organisation neuer Chardonney-Fässer für den Ausbau des Whiskys, von dem jedes Jahr tausend Liter angesetzt werden, der Ersatz einer Bohrmaschine, die Betreuung von Kunden, die Früchte anliefern oder gekommen sind um zu fragen, wann ihr Schnaps fertig ist. «Irgendwann vor Weihnachten», scherzt Firmenchef Alfred Schwab auf die letzte Frage, während schon wieder sein Telefon klingelt. Mit diesem Kunden steht er auf vertrautem Fuss. Dann wird er ernst und erklärt: «Ungefähr ein Monat dauert es derzeit von der Anlieferung der Früchte, bis die Kunden ihren Edelbrand abholen können. Die vier Brennblasen sind komplett ausgelastet und das dürfte bis zur Schwelle der neuen Ernte im August so bleiben.» Kunden würden gebeten, noch etwas zu warten. Dass Zwetschgen, Äpfel und Quitten oft zusammen angeliefert werden, macht die Triage noch aufwendiger.
«Jetzt arbeiten wir mit Hochdruck am Steinobst (Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen etc.), das Kernobst (Äpfel, Birnen) kann noch warten», erklärt Alfred Schwab, Geschäftsführer der GmbH. Allein in der Lohnbrennerei, die rund 70 Prozent des Umsatzes ausmacht, habe man seit Beginn des Brennjahres (1. Juli) 97 Tonnen Früchte verarbeitet. «Bis zum Sommer werden es wahrscheinlich noch einmal so viel sein», schätzt er.
Übrigens bedeute die grosse Menge nicht automatisch überragende Qualität. Besonders bei den Birnen würde sich der Wassermangel bemerkbar machen. «Teilweise sind die Früchte unreif vom Baum gefallen. Diese mindern die Qualität des Edelbrandes.»
Die Nachfrage bei der Lohnbrennerei schwankt stark von Jahr zu Jahr. Nach der Parforceleistung der Bäume letztes Jahr nimmt Alfred Schwab an, dass sie heuer kaum die Hälfte des Ertrags vom Vorjahr erreichen werden. Diese Schwankungen gleicht der Familienbetrieb mit dem zweiten Standbein aus, der Gewerbebrennerei.
«Da gilt es Trends vorauszusehen, damit die Produkte rechtzeitig bereit sind. Wenn ein Boom da ist, ist es zu spät, um anzufangen, schliesslich muss der Brand im Fass reifen», erklärt der Patron. Beim Gin hat er die richtige Nase gehabt. Dass das Hochzeitsfoto von Firmengründer «Rächämacher» Albert Schwab samt prächtigem Schnauz die Etikette ziert, ist Manuela Schwab zu verdanken, dessen Urenkelin.«Er hat mit der Störbrennerei den Grundstein für das Unternehmen gelegt», sagt sie und lacht. «Ja, und 76-jährig musste er doch wahrhaftig noch einen Lehrfahrausweis für seinen Traktor lösen, weil das Gesetz änderte», ergänzt ihr Vater und lacht ebenfalls.
Jetzt setzen Schwabs auf Rum. Momentan experimentiert die Belegschaft, zu der auch Alfred Schwabs Frau Elisabeth und bei Bedarf sein Cousin Hugo Schwab gehören, mit Melasse aus der Zuckerfabrik. Daneben verwenden sie originale Zuckerrohrmelasse aus Kuba. «Noch weiss ich nicht, ob der Brand aus Aarberger Rübenmelasse überhaupt ‹Rum’ genannt werden darf. Die Vorschriften für Rum verlangen nämlich Zuckerrohr als Ausgangsprodukt. Das sehen wir dann, wenn es soweit ist», sagt Alfred Schwab.
Experimentieren ist eine Stärke der Brennerei Schwab. Hier sind schon Zwiebeln im Brennhafen gelandet – «mit erstaunlichem Erfolg für den Kunden» – Spargelenden – «das hat sich nicht so bewährt» und Kiwi – «sehr fein, aber nur wenn sie ohne Haut gebrannt werden, und das ist eine Riesenarbeit». Einmal seien es nach einer Förderbandpanne sogar 30 Kilo Ovomaltine-Dicksaft gewesen, erinnert sich Alfred Schwab. Bei den Früchten seien der Geschmack und der ideale Reifegrad bei der Ernte, die besonders alte Sorten bieten, das A und O. «Damit wir in der Gewerbebrennerei die Qualität sicherstellen können, setzen wir vermehrt auf eigene Früchte. In den letzten Jahren haben wir deshalb 50 Bäume gesetzt, von der Mirabelle bis zum Gravensteinerapfel.»
«Der letzte Sommer mit der Riesenernte war für mich der ideale Einstieg in die Branche», erzählt Manuela Schwab. «In diesem ersten Jahr erlebe ich die volle Auslastung. Nächstes Jahr wird es dann bestimmt ruhiger.» Eben ist sie von einer Betriebsführung an den Computer zurückgekehrt. Die 30-jährige gelernte Kauffrau hat vor kurzem den Nebenerwerbskurs zur Landwirtin abgeschlossen. Für das Brennereigewerbe besucht sie regelmässig Weiterbildungen in der Schweiz und in Deutschland.
«Als Teenager hätte ich mir nicht vorstellen können in den Betrieb einzusteigen.» Oft mussten Manuela und ihre beiden Brüder als Kinder im Garten Obst ernten, während die Kameraden in der Badi waren. Nach einer Auslandreise mit ihrem langjährigen Partner – er ist Berufspilot – erwachte das Interesse am Familienbetrieb. «Mir gefallen die kreativen Möglichkeiten beim Brennen. Man sieht unmittelbar das Ergebnis der eigenen Arbeit.» In den nächsten fünf Jahren will Manuela Schwab die Brennerei übernehmen. Dann erreicht ihr Vater das Pensionsalter.