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Der Grencher Gemeinderat soll am Dienstag einen neuen Vorsorgeplan für städtische Angestellte beschliessen.
Die Pensionskasse (PK) der Stadt Grenchen ist bezüglich ihrer Ausgestaltung und ihres «Leistungskataloges» ein Exot in der Schweizer Pensionskassen-Landschaft. Es gelten Leistungsprimat, allgemeines Rentenalter 64 und grosszügige Regelungen bei Frühpensionierungen. Doch damit soll jetzt Schluss sein. Der Gemeinderat soll morgen Dienstag ein neues Vorsorgemodell per 1. Januar 2018 beschliessen. Der Systemwechsel wird dabei für ältere Versicherte grosszügig abgefedert. Für die Übergangsregelung wird ein Kredit von 1,6 Mio. Fr. beantragt.
Gerade weil besonders Chefbeamte oder andere Besserverdienende bisher von den grosszügigen Frühpensionslösungen der Stadt Grenchen – und dies unabhängig von der Anzahl Dienstjahre – profitieren konnten, kommt die Grenchner Pensionskassenkommission in den Erläuterungen zur Gemeinderatsvorlage zur ernüchternden Feststellung, dass die PK der Stadt Grenchen «relativ stark auf einer Umwälzung von tieferen auf höhere Einkommen und von jüngeren auf ältere Versicherte aufbaut. Das ist problematisch.» Denn Versicherte mit geringem Einkommen können sich eine Frühpensionierung wegen fehlender AHV-Rente oft gar nicht leisten.
«Ebenfalls sehr speziell ist, wie der versicherte Lohn berechnet wird», erklärt Kurt Boner, Präsident der Pensionskassenkommission. In Grenchen wird nicht auf den effektiv bezogenen Lohn abgestellt, wie das in der Schweiz breite Usanz ist, sonder auf jenen, den der Mitarbeiter hat, wenn er dann einmal in der höchstmöglichen Lohnstufe ist. Die Kommission hat zusammen mit Pensionsklassenexperten einen neuen Vorsorgeplan ausgearbeitet, der unter anderem mit diesen Altlasten aufräumt. Der versicherte Lohn ist neu der AHV-Lohn.
Das anzustrebende Pensionsalter soll neu 65 sein, wobei Frühpensionierungen künftig weiter möglich sein werden. Mit dem Wechsel zum Beitragsprimat wird zudem ein zeitgemässes und weitverbreitetes Vorsorgesystem eingeführt, welches flexibel auf die schwankenden Vermögenserträge und die zunehmenden Kosten im Zusammenhang mit der steigenden Lebenserwartung reagieren kann.
Nur noch wenige Gemeinwesen, vor allem in der Westschweiz, kennen heute das Leistungsprimat, das letztlich bedeutet, dass der Steuerzahler für die Renten der städtischen Versicherten geradezustehen hat. «Es wird nur versprochen, was auch versichert ist», soll künftig die Devise auch in Grenchen lauten.
Der Deckungsgrad der Pensionskasse lag am 31. Dezember 2016 bei 101 Prozent und damit noch knapp im grünen Bereich. Die freien Mittel mussten aber in den letzten Jahren zur Deckung des Defizits herangezogen werden. Dieses betrug im 2015 knapp eine halbe Million und 2016 gar 843 000 Franken. Die Reserven betragen zurzeit nur noch gut 1 Mio. Franken.
Um Härtefälle des Systemwechsels insbesondere für ältere Arbeitnehmer abzufedern, wird ein Betrag von 1,6 Mio. Franken bereitgestellt.
Versicherte mit den Jahrgängen 1954 bis 58 können sich 2018 noch nach altem Recht pensionieren lassen. Falls sie sich später pensionieren, wird die Rente nach neuem Recht bei Alter 64 mit der Rente nach altem Recht bei Alter 64 verglichen. Soweit eine Differenz besteht, wird dies durch eine Einlage des Arbeitgebers abgefedert, abhängig von der Anzahl der Versicherungsjahre per 31. Dezember 2017. Diese Übergangsbestimmungen werden nicht von der PK finanziert, sondern von den Steuerzahlern der Stadt Grenchen. Dies, sofern der Souverän der neuen Regelung an der Gemeindeversammlung vom 7. Dezember zustimmt. Bei der Pensionskasse der Stadt sind die städtischen Angestellten (ohne Lehrkräfte) und die Mitarbeiter von SWG und ARA versichert. Die Angestellten wurden letzte Woche schriftlich über die Auswirkungen des Wechsels auf ihre persönliche Renten-Situation orientiert.
PK-Präsident Kurt Boner weist zudem auf eine weitere Neuerung hin. «Mitarbeitende haben neu jährlich die Möglichkeit, statt dem Standardbeitrag auch Minus oder Plus zu wählen und so Beiträge und Leistungen gemäss persönlicher Präferenz und Finanzsituation zu beeinflussen.» Die Arbeitgeberbeiträge betragen ähnlich wie bisher 60 Prozent, die der Arbeitnehmer 40 Prozent. Der Personalverband trägt die Massnahmen mit, wie Präsident Peter Brotschi auf Anfrage sagt: «Der Personalverband der Stadt Grenchen steht grundsätzlich hinter der Revision der Pensionskasse, wie sie nun dem Gemeinderat und der Gemeindeversammlung vorgeschlagen ist. Die Anpassungen sind in der Art, wie sie in anderen Pensionskassen schon lange vollzogen sind. Leider drängt die Zeit. Die Revision hätte schon vor Jahren an die Hand genommen werden sollen.»
Öffentliche Gemeinderatssitzung Dienstag, 21. November, 17 Uhr, im Ratssaal Parktheater