Bis jetzt war Grenchen weitgehend verschont von der Problematik. Zwar lernen die Kleinen ab der dritten Klasse die zweite Landessprache Französisch in der Schule, aber wenn man sie und auch die Erwachsenen befragt, stehen doch die meisten auf Kriegsfuss mit der welschen Sprache.
Und doch hört man seit Jahren Französisch an allen Ecken und Enden in der Stadt. Sei es im Migros-Restaurant, in der Swatch-Kantine, im Coop an der Kasse. Kein Wunder, pendeln doch viele Angestellte aus dem Jura nach Grenchen, um in einer der grossen Uhrenfirmen oder einem anderen Industrieunternehmen zu arbeiten, und diese zum grössten Teil Französischsprechenden verbringen ihre Mittagspause halt irgendwo in der Stadt.
Der fortwährende Bauboom lässt vermuten, dass Grenchen daran interessiert wäre, einwohnermässig zu wachsen. Der Leerwohnungsbestand wächst und wächst und wächst. Schliesslich legt auch die Stadt neu ihr Augenmerk auf diesen Bereich. Und da liegt doch auf der Hand, dass wahrscheinlich zu einem Grossteil «Les Welsches» neu nach Grenchen ziehen sollen. Und damit würde man noch mehr Französisch hören überall.
Manche mögen jetzt fragen, wo liegt denn das Problem? Da genügt ein Blick nach Biel, der grössten zweisprachigen Stadt der Schweiz. Der Anteil der Welschen beträgt um die 30 Prozent. Aber genau die wollen’s wissen: Als einzige zweisprachige Stadt beharrt man darauf, alle offiziellen Verlautbarungen, Dokumente, Strassenschilder, Ortsbezeichnungen konsequent zweisprachig zu gestalten.
Doch damit nicht genug: Nach dem Gerangel um die zweisprachige Beschriftung von Autobahnschildern in den letzten Tagen beschloss der Bieler Gemeinderat in einem Geistesblitz, der sogar den Schildbürgern gut anstehen würde, gar den Werbern vorzuschreiben, künftig konsequent nur noch zweisprachige Reklameplakate aufzuhängen. Falls die Kantonsbehörden und später eventuell das Berner Volk das durchwinken, wird Biel wohl auch die erste weitgehend werbefreie Stadt der Schweiz. In einem zweiten Schritt wird man dann wohl konsequent den Französischunterricht in den deutschsprachigen Schulen und umgekehrt abschaffen. Denn Kenntnisse der Fremdsprache sind ja nicht mehr nötig, wie auch die welschen Verkäuferinnen in manchen Warenhäusern schon heute lieber auf Englisch antworten als auf Deutsch.
Doch zurück nach Grenchen: Das Début hat der hiesige Gemeinderat beschlossen: Die Unterführungsstrasse wird zur Léon Breitling-Strasse. Wie lange es wohl dauert, bis gewisse Kreise ein zweites Strassenschild «rue Léon Breitling» fordern? Das Rathaus ist seit Jahrzehnten mit «HOTEL-DE-VILLE» angeschrieben – was übrigens falsch ist: Richtig müsste es «Hôtel de ville» heissen, ohne Bindestrich und mit Dächli auf dem O ...