Die SVP Grenchen scheitert mit ihrer dringlichen Motion für mehr Sicherheit an der Löwenkreuzung. Auch ein CVP-Vorstoss erleidet Schiffbruch – allerdings aus ganz anderen Gründen.
Trotz des tödlichen Unfall vor dreieinhalb Jahren und des kürzlichen Unfalls, bei dem vor drei Wochen ein Velofahrer schwer verletzt wurde, wird die Löwenkreuzung vorerst nicht sicherer. Die SVP hatte in einer dringlichen Motion die sofortige Wiederaufnahme des 2011 sistierten Projektes für den Bau eines Kreisels gefordert (wir berichteten) – am Dienstag allerdings wurde Motionär Marc Willemin von den anderen Parteien klar ausgebremst. Konkret wollte die Motion einen provisorischen, günstigeren Kreisel realisieren, um so später zu einer definitiven Lösung zu finden.
Unmittelbarer Handlungsbedarf bestehe nicht, lautete der Grundtenor, auch wenn Marc Willemin aufgrund des letzten Unfalles anderer Meinung ist. Selbst die CVP, die sich in der Vergangenheit nicht minder stark gemacht hatte für eine Kreiselvariante, zog nicht mit. «Es gibt zwar klaren Handlungsbedarf an der Löwenkreuzung», erklärte CVP-Fraktionschef Andreas Kummer, «wir dürfen aber nichts überstürzen. Wir sind für die Motion, aber nicht dafür, sie dringlich zu behandeln.»
Auch keine Dringlichkeit sah Remo Bill (SP) gegeben: «Wir dürfen keine Pflästerlipolitik machen, sondern sollten erst die Ergebnisse der eingesetzten Arbeitsgruppe abwarten, die sich mit dem Verkehrsfluss in der Stadt befasst.»
Wie Stadtbaumeister Claude Barbey ausführte, soll ein erster Bericht bald vorliegen; Ziel ist Mai, spätestens Juni 2013. Geprüft wird, wie man den Verkehr künftig besser über die Umfahrungsachsen Schlachthaus- und Neckarsulmstrasse führen kann (wir berichteten). Auch Anpassungen an der Löwenkreuzung seien dabei denkbar.
Ziel ist eine Konzeptstudie, ausgearbeitet durch eine Kerngruppe mit Vertretern der Baudirektion, der Bau-, Planungs- und Umweltkommission (Bapluk), der Stadtpolizei und des kantonalen Amts für Verkehr und Tiefbau (AVT), die durch eine Resonnanzgruppe begleitet wird.
Auch Hubert Bläsi (FDP) regte an, erst den Bericht der Arbeitsgruppe abzuwarten. Motionär Willemin hatte schliesslich ein Einsehen: «Ich kann ohne die Dringlichkeit leben, bin aber froh, dass das Thema bald wieder aufgenommen wird.» Neuer Termin für das Prüfen von Massnahmen an der Kreuzung ist damit der Bericht der Arbeitsgruppe spätestens Ende Juni.
Ebenfalls mit dem Verkehr befasst sich ein Postulat der SP Stadt Grenchen. Der Vorstoss beschäftigt sich mit den aufgehobenen Parkplätzen vor dem ehemaligen Modegeschäft Paris Mode, die vor allem für Kunden der Metzgerei Guex nützlich waren, da der Metzgerei selbst bis heute Kurzparkplätze fehlen. Die Verwaltung soll prüfen, ob und unter welchen Bedingungen und Kostenfolgen diese zwei Parkplätze wieder reaktiviert werden könnten.
Im Juli 2012 reichte die CVP-Fraktion mit Erstunterzeichner und Fraktionschef Andreas Kummer eine brisante Motion ein: Die Statuten der Energielieferantin SWG (früher städtische Werke) sollten dahingehend geändert werden, dass das Unternehmen professionalisiert wird. Bis heute besteht der Verwaltungsrat der SWG vorwiegend aus politischen Repräsentanten, der Stadtpräsident ist jeweils auch Präsident des Verwaltungsrates.
Die Motion wollte die Machtverhältnisse ändern: Die VR-Mitglieder sollten nicht mehr aus dem Versorgungsgebiet kommen müssen, der Stadtpräsident würde nicht mehr automatisch das Präsidium ausüben, der Verwaltungsrat sich selbst konstituieren.
Überraschend zog Motionär Andreas Kummer aber am Dienstag den Vorstoss kurzfristig zurück. Noch wenige Stunden zuvor hatte auch Stadtpräsident Boris Banga das Traktandum als eines der brisanteren hervorgehoben, SWG-Direktor Per Just hatte allem Anschein nach ebenfalls erst im Verlaufe des Nachmittags erfahren, dass die Motion nicht behandelt werden soll.
Da stellt sich die Frage, warum die CVP so plötzlich eine Kehrtwende gemacht und die Segel gestrichen hat. Offiziell gab Andreas Kummer gestern zur Erklärung, die Zeit sei noch nicht reif für tiefgreifende, personelle Veränderungen im Verwaltungsrat der SWG. Vielleicht werde sie es nach den Gemeinderats- und Stadtpräsidiumswahlen. Eine Professionalisierung der SWG sei jedenfalls angebracht und im Interesse von Unternehmen und Stadt, sagt Kummer. «Vielleicht müsste man die Organisation der SWG noch weitgreifender prüfen.» Eine Privatisierung fände er nicht verkehrt.
Ganz freiwillig kommt der vermeintliche Gesinnungswandel der CVP aber kaum, wie weitere Recherchen vermuten lassen: Bei der Eingabe der Motion schien ihr die Unterstützung der FDP sicher, und auch die SVP hatte zuvor schon nach Professionalisierung gerufen. Dass das Unternehmen selbst sich mehr freien Handlungsspielraum ohne politisch mitgestaltete Kontrolle wünschen würde, liegt nahe.
All diese Signale schienen gestern aber nicht mehr zu gelten. Vielleicht war es ja auch das und die Angst vor einem Schiffbruch, was die CVP zum Rückzug zwang.