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«Ein Zeichen setzen auch für das Personal», das will Livio Marzo, CEO von Thommen Medical in Grenchen. Nach mehreren Jahren Planung wurde am Freitag ein Neubauprojekt in Angriff genommen.
Am Freitag Nachmittag war es soweit. Im kleinen Kreis konnte die Dentalimplantate-Firma Thommen Medical in der Industriezone Grenchen den Baubeginn eines neuen Firmengebäudes «feiern». Die Eröffnung ist für das vierte Quartal des kommenden Jahres geplant.
Realisiert wird in den nächsten Monaten ein neues Produktions- und Kundenzentrum, wo nebst diesen Bereichen auch ein Personalrestaurant sowie die Logistik untergebracht wird. Das neue Gebäude wird ähnlich gross wie der bereits existierende Firmensitz an der Neckarsulmstrasse und wird gleich nebenan westlich realisiert. Mit seinen 2700 m2 Bruttogeschossfläche ermöglicht es eine weitere Automatisierung der Produktion und eine Optimierung der Prozesse.
Im Kundencenter werden moderne Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen, die für Kunden, Partner und Mitarbeiter gleichermassen zur Verfügung stehen. Die Bausumme wird mit 6 Mio. Fr. veranschlagt.
«Wir haben in den letzten drei Jahren ziemlich erfolgreich gearbeitet und möchten jetzt in unserer langfristigen Planung den nächsten Schritt machen», erklärt CEO Livio Marzo im Vorfeld des ersten Spatenstichs für den Neubau.
Auch wenn 2020 für das Unternehmen schwierig ist, lasse man sich von Corona nicht bremsen, sondern will im Gegenteil insbesondere für die rund 115 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Zeichen setzen. Die Geschäftsleitung hat die Strategie für die nächsten Jahre zusammen mit dem Verwaltungsrat bereits im Frühjahr, noch während der ersten Covid-Welle also, validiert.
Denn Marzo ist überzeugt, dass die Dentalimplantate des vergleichsweise kleinen Herstellers Zukunft haben. Dies dank einer Fokussierung auf eine übersichtliche Produktelinie (System) das einfach in der Anwendung ist, konsequent weiterentwickelt und verbessert wird, ohne dabei die bestehende bewährte Technologieplattform zu verlassen.
Diese wurde nämlich in langjähriger Zusammenarbeit mit Zahnmedizinern und Zahntechniker sowie akademischen Institutionen entwickelt und bietet laut Marzo sowohl den Patienten als auch den behandelnden Zahnärzten langfristige Sicherheit.
«Sowohl hinsichtlich Qualität als auch bei den ästhetischen Ansprüchen wollen wir an der Spitze sein», sagt Marzo. Die Reintitan-basierten Implantate wiesen eine Erfolgsrate von 99,5 Prozent auf und seien durch über 200 wissenschaftliche Publikationen unterstützt. Zudem bleiben die Produkte über Jahrzehnte kompatibel zu ergänzend prothetischen Lösungen und Instrumenten.
Thommen Medical wählt damit dieselbe Strategie wie die einstige Mutterfirma Mathys, aus der man als HATI Dental 1996 als Spin Off hervorging: enge Zusammenarbeit mit den anwendenden Ärzten, Einbezug ihrer Expertise bei Entwicklung und Verbesserung der Produkte und Werkzeuge. Thommen plant im Neubau sogar Bereiche, in dem sich Kunden selbständig bewegen können, wie Marzo ankündigt.
Das neue Gebäude wird übrigens vom Langendörfer Architekturbüro Borer (BA&P Architektur) gebaut und soll die neuesten Energiespar-Technologien beinhalten: Photovoltaik mit Eigenverbrauch, Luftwärmepumpen mit Wärmerückgewinnung auf dem Dach. Schon heute werde das Gebäude aus der Abwärme der Maschinen geheizt, merkt Marzo an.
Nächstes Jahr kann die Firma das 20-Jahre Jubiläum feiern. Seit 2001 firmiert man unter dem Namen Thommen Medical, das Aktionariat liegt mehrheitlich bei der Familie Marzo; Livio Marzo ist ein Enkel des Mathys Firmengründer Robert Mathys und hat unlängst das VR-Präsidium der bekannten Bettlacher Orthopädietechnik-Firma in Familienbesitz übernommen. Beteiligt an Thommen Medical sind ferner ein «strategischer Investor», sowie Mitarbeiter und Kunden. Das Personal bestehe zu über 90 Prozent aus Fachspezialisten, mehrheitlich aus MINT-Berufen. Marzo liegt viel an der Unternehmenskultur. Er zitiert dazu Management-Legende Peter Drucker: «Die Kultur isst die Strategie zum Frühstück». Alle Mitarbeiter machten die Firmenkultur und den Erfolg aus, welche das Fundament der vier strategischen Pfeiler seien: Digitalisierung, Premiumpositionierung, Kernprodukt-Weiterentwickeln und profitables Wachstum.
Dies in einem Weltmarkt mit 7 Grossen Playern mit 20 verschiedenen Systemen mit zusammen 80 Prozent Marktanteil und weiteren 350 Firmen mit zusammen 20 Prozent. «Wir haben ein einzelnes System, dass sich in diesem Markt seit 33 Jahren bewährt hat. Darauf wollen wir weiter aufbauen.» Ziel sei, das Wachstum der letzten Jahre fortzusetzen (seit 2002 durchschnittlich 20% pro Jahr). Konkrete Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlicht die Firma nicht. Dafür hält Marzo nicht zurück mit seiner politischen Meinung. Er kritisiert das Lavieren der Politik rund um das Verhältnis mit der EU: «Diese Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft in der Schweiz», mahnt er.
Mit den erwähnten Zahlen und Fakten konnte Thommen Medical auch die Jury des Swiss Venture Clubs interessieren und sich unlängst präsentieren. Die Firma gehört zu den sechs Finalistinnen des nächsten Awards des SVC Espace Mittelland, der (voraussichtlich) im kommenden März verliehen wird.