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Die Stadt Grenchen erarbeitet eine Publikation über 120 Kunstwerke im öffentlichen Raum der Uhrenstadt.
Würde man die Frage gestellt bekommen, wie viele öffentliche Kunstwerke es in Grenchen zu sehen gibt, würden wohl die meisten die Achseln zucken oder eher eine kleine Zahl zur Antwort geben. Doch weit gefehlt: Weit über 100 Kunstwerke bestücken die Uhrenstadt.
Den meisten ist wohl jede und jeder schon im Grenchner Alltag begegnet. «Man ist sich der Geschichten, die sich einem da vor der eigenen Nase offenbaren, oft nicht bewusst. Mir ging es anfangs genauso», erklärt der Kommunikationsleiter und Kulturverantwortliche der Stadt, Silvan Granig.
Mitte 2014 entstand die Idee, eine Broschüre zu den öffentlichen Kunstwerken Grenchens zu erstellen. Im kommenden Mai wird sie veröffentlicht und soll kostenlos allen Interessierten abgegeben werden. Jedes Kunstwerk ist mit einem Foto abgebildet und mit einer Beschreibung versehen, die spannende Eckdaten liefert.
Die Broschüre soll darauf sensibilisieren, was öffentliche Kunst ist und wie mit dieser umgegangen wird. Sie soll als kulturtouristisches Instrument die Vielzahl der Werke, deren Schöpfer und die Geschichten dahinter bewusst machen und erhebt keinen Anspruch auf kunsthistorische Vollständigkeit. Sie bietet zwei Rundgänge an, auf denen man selbstständig einerseits die Kunstwerke der Innenstadt und andererseits die Werke in den Aussenquartieren besichtigen kann.
Finanziert wird das Projekt zu einem grossen Teil von einem anonymen Spender, der sich für Kunst im öffentlichen Raum des Kantons Solothurn sowie deren Kommunikation einsetzt und zu diesem Anlass der Stadt bereits die Cortenstahl-Plastik von Gillian White beim Girardkreisel gespendet hat.
In der Arbeitsgruppe zur Broschüre waren neben Granig Hochbauleiter Jürg Vivian, Stadtschreiberin Luzia Meister und Friederike Schmid von Communication by Art GmbH in Lenzburg beteiligt. Schmid ist die vermittelnde Person zwischen dem Spender und der Stadt.
Broschüren zur öffentlichen Kunst wurden bereits in der Vergangenheit erarbeitet, die letzte 2002. Diese widmete sich jedoch einer engeren Auswahl an Kunstwerken. Granig: «Kunstwerke im öffentlichen Raum sind der Zeit, der Natur, also dem stetigen Wandel, unterworfen. So existieren gewisse Kunstwerke, die in der Broschüre von 2002 genannt werden, heute nicht mehr.
Auch sind neue dazugekommen.» Die neue Broschüre sei demnach umfassend, aber nicht abschliessend. «Eine Wandmalerei ist beim nächsten Besitzerwechsel vielleicht wieder weg oder eines Tages verblichen.» Man habe sich entschieden, sich auf rund 120 Kunstwerke zu beschränken. «Wir mussten eine Grenze ziehen, da das Projekt ansonsten nicht realisierbar gewesen wäre.»
Die Grenze sei nicht immer messerscharf. So wurden zum Beispiel Brunnen aufgenommen, die das Stadtbild in besonderem Masse prägen, andere nicht. «Auch haben wir den in Grenchen prominenten Kreiselschmuck aufgenommen, obwohl dies nicht immer Kunstwerke im klassischen Sinne sind.»
Die Aufarbeitung kam dem Zusammensetzen eines Puzzles gleich. «Am Anfang standen wir quasi vor einer leeren Leinwand, wir mussten viele Kunstwerke erst ausfindig machen und herausfinden, wem sie gehören, von wem sie sind, wann sie gefertigt wurden oder wer noch etwas über sie weiss.»
Die Arbeitsgruppe zog dazu auch die Kulturkommission, Kunstschaffende und Persönlichkeiten der regionalen Kunstszene bei. Als hervorragende Quellen haben sich die Grenchner Jahrbücher erwiesen.
Peter Travaglini, Fritz Flury, Heinz Schwarz und Bruno «Sauro» Zumstein sind nur einige Namen von denjenigen, die das Grenchner Stadtbild durch ihr Schaffen mitgestaltet haben. «Die Arbeit an der Broschüre zeigt, wie reich Grenchen an wunderbaren Geschichten ist», beschreibt Silvan Granig. Das älteste Kunstwerk ist die Figur des «Chappelitüüfels», der sein Schwert erhebt. Von einem unbekannten Künstler in der Barockzeit angefertigt, stand das Werk ursprünglich in der Allerheiligenkappelle und ist heute in der Eusebiuskirche zu finden. Viele Kunstwerke entstammen den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts. In den Fünfzigerjahren erlebte die Grenchner Kunst eine Blüte.
Zumstein erschuf 2005 für ein Coiffeurgeschäft die Skulptur «Der Denker», die nun nicht mehr in einem Schaufenster, doch dafür auf dem Balkon des Coiffeurs in nachdenklicher Pose sitzt. Beim Garten des Heilpädagogischen Zentrums steht ein Brunnen, der mit einer Illusion spielt: Wenn man ihn im richtigen Winkel betrachtet, erkennt man die optische Verschmelzung des Werks mit dem dahinterliegenden Schulgebäude, der Brunnen wird sozusagen unsichtbar.
An der Grenze zu Lengnau und Bettlach stehen graue Grenzsteine, die leicht übersehen werden können. Wer genauer hinsieht, erkennt unter anderem die Grenchner Pflugschar darin eingemeisselt. (nsg)