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In der Woche der Religionen finden landauf landab spezielle Anlässe statt. Die Versöhnung aus christlicher und islamischer Perspektive stand in der Grenchner Zwinglikirche im Zentrum.
Für einmal war in der Zwinglikirche mehr Albanisch und Türkisch zu hören als Deutsch. Umso grösser war die Überraschung, dass der türkische Chor Anatolia den Abend zur Begegnung der Religionen eröffnete mit dem deutschen Kirchenlied «Der Mond ist aufgegangen».
Im Rahmen der landesweiten Woche der Religionen stand in Grenchen die Versöhnung im Zentrum. Der gastgebende reformierte Pfarrer Marcel Horni erklärte die Bedeutung des Themas: «Wenn wir uns nicht versöhnen, werden immer Gräben zwischen Menschen sein, Streit und Krieg stattfinden. Leben heisst schuldig werden. Deshalb sind wir alle auf Vergebung angewiesen, und zur Vergebung gehört die Umkehr.» Zur Veranschaulichung las er die biblische Geschichte der Ehebrecherin vor, die durch Jesus Befreiung von ihrer Schuld erfährt.
Im Wissen darum, dass manche der zahlreichen Besucher, die die Kirche füllten, keinen christlichen Hintergrund haben, betätigte sich Horni als «Reiseführer». Die reformierte Kirche sei kein geweihter Raum, stehe allen Menschen offen und habe anstelle eines Altars einen Abendmahlstisch, dessen Tuch im Lauf des Kirchenjahres die Farbe wechselt. Zentral sei die Verkündigung der biblischen Botschaft.
Die Religionspädagogin Eleni Kalogera, von Haus aus orthodox, stellte ihre Römisch-katholische Kirchgemeinde Grenchen vor. Nach einer kurzen Erklärung der Strukturen der Landeskirche, fokussierte sie auf den Dialog zwischen den Religionen: «Christen sind aufgefordert, die sittlichen Werte anderer Religionen anzuerkennen und von ihnen zu lernen.»
Namens der lokalen Freikirchen stellte Fredo Reinhard, Pastor der BewegungPlus, die Versöhnung zwischen Gott und den Menschen durch Jesus Christus ins Zentrum. «Versöhnung ist ein Wunder, das Gott uns schenkt und vorlebt», sagte er und zitierte das Gebot der Feindesliebe.
Der Islam wurde durch ein Vorstandsmitglied der albanisch-islamischen Gemeinschaft Grenchen, Isa Ismaili, vorgestellt. Er erklärte, warum die Moschee als Lebensmittelpunkt der Muslime und Ort für das rituelle Gebet wichtig ist. Es gebe Stellen in der Überlieferung, die besagen, dass das Gebet in der Moschee 27-mal mehr wert sei als zu Hause. «Nichtmuslime, Menschen aller Religionen und Hautfarben sind bei uns jederzeit willkommen und dürfen hereinkommen.» Neben dem Gebet und dem Koranunterricht diene der Versammlungsort einer Reihe von Aktivitäten: von der Nachhilfe für Schulkinder, über Treffen der Frauen bis hin zum Grillplausch.
Die spirituelle Seite präsentierte Imam Ademi, der extra für den Mittwochabend aus Mazedonien angereist sei, mit der Rezitation von Koranversen zur Versöhnung. Eine deutsche Version des Textes lag beim Ausgang auf und fand reissenden Absatz.
Der Chor Anatolia sang neben Kirchenliedern arabische und türkische Anbetungslieder über Gott, Engel und Propheten sowie ein Lied über den Freiheitskämpfer Hasan, «der osmanische Robin Hood, der wirklich gelebt hat», wie Chormitglied Sevim Polat verriet.
Auch thailändische Buddhisten beteiligten sich am Anlass, der auf Initiative der Gemeinschaft von Christen und Muslimen Schweiz zustande gekommen war. Sie servierten im Zwinglihaus einen Apéro mit thailändischen Spezialitäten.