Stadtbummel Grenchen
Der Geschmack der Heimat

Brigitte Stettler
Brigitte Stettler
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Wie schmeckt Heimat? Für manche: nach Aromat.

Wie schmeckt Heimat? Für manche: nach Aromat.

KEYSTONE/GAETAN BALLY

Die langen Schulferien sind fast vorbei. Viel zu schnell und für die meisten viel zu heiss sind die Urlaubstage nur noch eine hoffentlich schöne Erinnerung. Ich gehöre zu denjenigen, die nicht gerne weit reisen. Nach wenigen Tagen überkommt mich das Heimweh, und dieses zieht mich mit aller Gewalt wieder nach Hause. Heimweh kannte ich schon als Kind, am liebsten verbrachte ich die damals unendlich lange scheinenden Ferientage spielend, badend und lesend nahe der mir vertrauten Umgebung.

Ich höre aber den weit gereisten Menschen gerne zu, wenn sie mir von fernen Ländern berichten, mir Fotos zeigen und bereits ihren nächsten Urlaub planen. Andererseits ist da auch oft die Rede von überfüllten Stränden, von Mücken- und Quallenplagen, von langen Wartezeiten an Flughäfen, von tückischen Magen-Darm-Erkrankungen, von lärmigen Hotelzimmern und von verschmutzten Gewässern.

Und dann ist da noch die Geschichte vom Aromat-Büchsli, ohne dieses eine Bekannte von mir keinen Schritt in die Horizont erweiternden Ferien macht. Sie streut über jedes noch so exotische, scharfe, feine Gericht Aromat, ausser natürlich übers Dessert. Einmal, und daran erinnert sie sich mit Schaudern, hat sie es zu Hause liegen gelassen, als sie Ferien in Chile gebucht hat. Sie habe keine Kosten und Mühen gescheut, irgendwo Aromat aufzutreiben, ohne Erfolg, und die Ferien seien nicht mehr das gewesen, was sie mit einer Prise Aromat auf den Speisen hätten sein können. Wenn ich solches höre, dann fühle ich mich erst recht vögeliwohl in Grenchen, auch ohne aromatisiert zu sein.

Auf einem Spaziergang lädt mich aber leider nicht mehr das «Ticino» mit seinem alten Garten zu einer kleinen Verschnaufpause ein, dort stehen jetzt neue Mehrfamilienhäuser, die mich an eine Art Talsperre erinnern. Auch das alte «Jägerstübli» wurde abgerissen, die Erinnerungen daran werden bleiben. Noch schmerzlicher ist es für mich, wenn alte Bäume für Bauplätze gefällt werden. Grenchen, eine «Stadt im Grünen» sollte mehr bedeuten als ein leeres Versprechen.

Zurück in die fünfziger Jahre wird uns das kommende Grenchner Fest versetzen. Damals war keine Rede von Klimawandel, von Billigflügen, vom Baumsterben oder gar von Mülltrennung. Multimedia und Digitalisierung kannte man nicht, und ein einziger Durbridge-Krimi im Schwarzweiss-Fernseher genügte, die Strassen leerzufegen. Es wurde gerockt, gerollt, von den Italien-Ferien geschwärmt, von weiten Stränden und kristallblauem Wasser. Freuen wir uns also auf nostalgische Stunden auf dem Marktplatz, bevor der Alltag uns wieder einholt. Übrigens, das Aromat kam, wie sollte es anders sein, ebenfalls in den Fünfzigerjahren auf den Markt!