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Vor rund 20 Jahren übernahm Alex Kaufmann den Fiat 126 von seinen Eltern. Mit dem «Tschingge-Rucksäckli» sorgt Kaufmann immer wieder für Aufsehen. Teil der Sommerserie Autostadt Grenchen.
«Fahren wir mal wieder mit dem Fiätli?», stellt immer mal wieder ein Mitglied der Familie Kaufmann an manch schönem Wochenendtag die Frage. «S’Fiätli», der Fiat 126, besitzt für die Familie einen ganz besonderen, emotionalen Wert. «Mein Vater hat ihn mit einem Tombola-Los bei einem Grenchner Musikfest gewonnen», erklärt Alex Kaufmann.
«Seine Freunde trugen das Auto zu fünft ins Festzelt, um es daraufhin vor seinem Tisch abzustellen.» Dieser Oldtimer sei auch der Grund gewesen, weswegen seine Mutter noch relativ spät, mit fünfunddreissig, Autofahren gelernt habe. «Wir hatten bereits ein Auto, also hat mein Vater ihr den Fiat vermacht.»
Schon zu seiner Zeit galt der Fiat 126 (Jahrgang 1981) als spartanisch eingerichtet: Vier Plätze, vier Gänge, ein 2 Zylinder 2-Takt-Motor und eine Leistung von 24 PS. Er hat nur einen Seitenspiegel, was klassisch für die Zeit ist. Der Kofferraum ist vorne, der Motor hinten. Der Fiat verfügt auch nicht über eine automatische Belüftung, jedoch wird mithilfe eines dreieckigen Fensterchens eine sehr gute natürliche Belüftung gewährleistet.
Das Anschalten ist ebenfalls eine Sache für sich, es ist nicht gleich wie heute: Bei den Beinen des Fahrers befindet sich ein Hebel, den man ziehen muss, damit die Zündung reagiert. «Wenn man tankt, muss man ein Mittel beifügen, das als Benzinersatz gilt», so Kaufmann. Der 126er wurde zeitweise nicht nur in Italien, sondern auch in Polen hergestellt. Woher sein Fiat kommt, konnte Kaufmann bis heute jedoch nicht herausfinden.
Dieses Modell findet sich heute ausserdem nur noch ganz selten. Bekanntheit erlangte vor allem sein Vorgänger, der Fiat 500.
Seit Kaufmann den Wagen vor rund zwanzig Jahren von den Eltern übernommen hat, hegt und pflegt er ihn. Deswegen ist er noch heute in einem Top-Zustand. Sein Auto hat einen Veteraneneintrag und gilt damit als Oldtimer per Gesetz. Dementsprechend muss er alle sechs Jahre gestellt werden und man darf jährlich nur eine beschränkte Anzahl Kilometer mit ihm fahren.
Der Umstand, dass im letzten Jahr in Grenchen das 10 000. Auto eingelöst wurde, veranlasst uns, näher hinzuschauen. Was meinen Politiker zur «Autostadt Grenchen», fragten wir im ersten Teil unserer Sommerserie. Wir wollen einige der besonderen Fahrzeuge vorstellen, die auf Grenchens Strassen unterwegs sind. Bisher ist erschienen: Der Jaguar SS von Urs Lerch aus dem Jahr 1937.
Mit diesem Auto haben die Kaufmanns sehr viel erlebt, sodass es da etliche Geschichten zu erzählen gibt. «Es war das erste Auto, das ich nach der bestandenen Fahrprüfung fahren durfte», erinnert sich Kaufmann zurück und lacht. «Da es keinen eingebauten Radio hat, nahm ich jeweils den Kassettenrekorder mit. Auf der Autobahn war der Motor aber so laut, dass man Musik hören vergessen konnte.»
Die Höchstgeschwindigkeit, die er dort fuhr, lag bei 110 Stundenkilometer. «Zu dieser Zeit unternahm ich mit Freunden auch einmal einen Ausflug auf den Weissenstein», berichtet Kaufmann weiter. «Beim steilsten Strassenstück hat der Motor versagt. Es endete damit, dass drei von uns die restliche Strecke zu Fuss zurücklegen mussten, der Vierte ist gefahren.»
Bei den Ausflügen in die Badi fiel die Familie jeweils auf und sorgte für Erheiterung. Kaufmann: «Als unsere Kinder noch klein waren, war der sonntägliche Badibesuch mit unserem ‹Rucksäckli› zu viert mit Liegestuhl und Badetaschen immer ein besonderes Spektakel. Wir fanden immer einen Parkplatz respektive eine Parkplatznische. Das Gelächter und Schmunzeln der Leute hatten wir auf sicher.»
Heute wird der Fiat nur noch bei schönem Wetter für Rundfahrten verwendet, dies um ihn zu schonen, denn Regen führt zu Rost. So trifft man Kaufmann, wenn er denn nicht gerade auf seinem Rennrad unterwegs ist, zumeist mit seinem Audi A4 oder seinem Geschäftsauto, einem Smart, an.