Nach über 35 Jahren haben Iris und Marc Reist einen beim Abbruch geretteten Eckstein des Restaurants wieder nach Grenchen gebracht.
In den 1980er-Jahren wurde in Grenchen viel abgerissen und viel gebaut. Dort, wo heute der Postmarkt steht an der Löwenkreuzung und entlang der Kirchstrasse, befand sich eine Häuserzeile mit dem Restaurant Schweizerhalle als Eckhaus, dem Café National, das bis 1920 noch als Restaurant in Betrieb war, dem Tea Room Steiner – bis 1952 in Betrieb – und dem Hotel Burgunderhalle mit den markanten Arkaden an der Kirchstrasse.
Anfang der 80er-Jahre standen die Häuser eine ganze Weile leer und wurden zum Teil mit Brettern verschalt, damit Passanten nicht von herunterfallenden Mauerteilen verletzt wurden. Das Hotel Burgunderhalle (gebaut 1864) und das Restaurant Schweizerhalle (erstellt 1884) wurden schliesslich 1983 abgerissen. Die Fläche blieb als Brache einige Zeit leer, die Stadtgärtnerei schuf zeitweise eine kleine Parkanlage, verlegte kleine Wege und pflanzte Blumen, die den Schriftzug «Grenchen» bildeten. 1987 begann man schliesslich mit dem Aushub und dem Legen des Fundaments für den Postmarkt, der fünf Jahre nach dem Abriss gebaut wurde.
1983, als der Abriss der Häuserzeile beschlossen und durchgeführt wurde, sass zusammen mit Gerald Lechner, dem langjährigen Journalisten und Chefredaktor des Grenchner Tagblatts und ehemaligen Kurator des Kunsthauses, auch Greti Reist, die Mutter des Schnottwiler Künstlers und Kulturpreisträger der Stadt Grenchen, Marc Reist, im Museumsrat der Stadt Grenchen. Die beiden sicherten sich je einen der beiden markanten Ecksteine der «Schweizerhalle», die dort über dem zweiten Stockwerk das Dach trugen.
Greti Reist bewahrte den Stein seither in ihrem Garten in Schnottwil auf. Als Marc und seine Partnerin Iris Reist nun den Haushalt der im letzten Jahr verstorbenen Mutter auflösten, beschlossen sie, den Eckstein wieder zurück nach Grenchen bringen zu lassen. Sie sandten dem Stadtpräsidium eine entsprechende Anfrage, die dort auf grosses Interesse stiess. Stadtpräsident François Scheidegger veranlasste den Transport nach Grenchen: Die Grenchner Feuerwehr holte den rund 300 Kilogramm schweren Stein mit einem Fahrzeug und brachte ihn ins Feuerwehrmagazin.
Dort wird er aktuell zwischengelagert und als erstes vom gröbsten Schmutz befreit. Später soll Spezialist Urs Schütz vom Werkhof den Stein weiter bearbeiten. Die Hinterseite des Steins enthält noch Teile des alten Mauerwerks, also Ziegelsteine und auch der Sockel wurde wohl erst später weniger fachmännisch zusammengepflastert. Als eine erste Massnahme will man im Kopfteil eine Kernbohrung machen und einen Haken verankern, damit man den Stein etwas einfacher transportieren kann. Was nachher damit geschehen soll, ist noch offen. Eine Idee wäre, dass der Stein dereinst irgendwo beim Kultur-Historischen Museum ausgestellt wird. Museumsleiterin Angela Kummer wird ihn noch diese Woche im Feuerwehrmagazin begutachten. Irgendwann möchte man nämlich den Vorplatz des Kultur-Historischen Museums neu gestalten. Der Stein als Zeitzeuge einer früheren Epoche Grenchens würde wohl gut passen.
Eine weitere Idee wäre auch, den Stein beim Stadthaus zu platzieren. Allerdings, darin ist man sich einig, müsste man den Stein der Bevölkerung auch irgendwie erklären – sprich: auf einer Tafel dem Betrachter erklären, was er hier sieht und den Stein in einen historischen Kontext stellen. Das erfordert noch einiges an Recherche-Arbeit (vergleiche auch Artikel in der Montagsausgabe dieser Zeitung).
Wo der zweite Stein, derjenige, den sich Gerald Lechner gesichert hatte, abgeblieben ist, weiss man noch nicht. Vielleicht taucht er ja eines Tages auch noch auf. Möglicherweise gab es sogar vier Ecksteine, die den Dachunterbau stützten. Und vielleicht kann man irgendwann ein Duo oder gar ein Quartett von Ecksteinen mit dem mit dem Schweizer Kreuz verzierten Schild ausstellen.