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Silvio Bertini, neuer Präsident von Swissmechanic Solothurn, und Geschäftsführer Enzo Armellino erhoffen sich mit dem neuen Campus Technik Grenchen Schub für den Industriestandort Jurasüdfuss.
Swissmechanic Solothurn, die Kantonalsektion der Arbeitgeberorganisation der KMU der MEM-Industrie, bleibt in Grenchner Hand. Heinz Müller hat an der letzten Versammlung der Solothurner Sektion das Präsidium an Silvio Bertini weitergegeben. Mit Bertini kam ein ausgewiesener Finanzfachmann ans Ruder, Präsident der Raiffeisenbank Weissenstein und Verwaltungsrat mehrerer Firmen, darunter das Tissot Velodrome.
Der Experte in Rechnungslegung und Controlling sowie Erwachsenenbildner ist aber stark in der Industrie verankert: Er ist Finanzverantwortlicher in den beiden Selzacher Industriebetrieben Galvano Wullimann und Mawatec, beides typische KMU in der Lieferkette der Schweizerischen MEM-Industrie. «Während Swissmem primär die Industriekonzerne vertritt, ist Swissmechanic vor allem für die Bedürfnisse der kleineren und mittleren Betriebe da», erklärt Silvio Bertini.
Rund ein Viertel aller Arbeitsplätze im Kanton Solothurn sei noch immer im 2. Sektor angesiedelt, ruft Bertini in Erinnerung – und in der Region Grenchen sind es noch bedeutend mehr. Swissmechanic Solothurn (SM SO) hat rund 50 Mitglieder, und sogar rund 60 Lehrbetriebe aus dem Kanton Solothurn schicken ihre Auszubildenden an die überbetrieblichen Kurse von Swissmechanic.
Damit ist auch gesagt, dass der Schwerpunkt der Aktivitäten von SM SO bei der Bereitstellung von Ausbildungsressourcen für die Mitgliedfirmen, Lehrfirmen sowie die Kursdurchführung liegt. Die Lehrlingswerkstatt und weitere Kursräume in einem ehemaligen Industriebau des Stahlwerks Gerlafingen genügen allerdings den heutigen Anforderungen nicht mehr.
«Dies ist ein Grund, warum wir auf den Campus Technik Grenchen hingearbeitet haben», erklärt Enzo Armellino, Geschäftsführer SM SO. Dank der Zusammenarbeit mit der Höheren Fachschule für Technik Mittelland (HFTM) soll ein Kompetenzzentrum für die nichtuniversitäre technische Aus- und Weiterbildung entstehen, das ganz im Zeichen der Bedürfnisse der Industrie steht. In einem gemeinsamen Neubau beim Südbahnhof Grenchen sollen bis 2023 diese Synergien realisiert werden.
«Es ist Zeit, dass wir moderne Räumlichkeiten erhalten, die uns helfen, die Transformation bei den MEM-Berufen anzugehen», erklärt Armellino weiter. In jüngster Vergangenheit habe sich gezeigt, dass KMU vermehrten Bedarf an Produktionsmechanikern EFZ haben.
Eine dreijährige Ausbildung für Fachleute, die zunehmend komplexe Maschinen (z. B. CNC-Maschinen mit integriertem Roboter) bedienen und einrichten, ohne selber in die Tiefen der Software-Programmierung einzutauchen. Wie dies beispielsweise Polymechaniker EFZ tun (4-jährige Ausbildung). «Die Berufsbilder wandeln sich ständig, es findet eine zunehmende Verzahnung von Mechanik, Pneumatik und Elektronik statt. Mit der Automatisierung greifen diese Bereiche immer mehr ineinander», erklärt Armellino.
Silvio Bertini, der von seinen Tätigkeiten in den beiden Industrie-KMU deren Bedürfnisse in der Lehrlingsausbildung kennt, weiss, wovon er spricht: «Wir haben bei Mawatec Personen, die Schweissarbeiten in einer Präzision und Solidität ausführen können, die fast unvergleichlich ist.» Leute mit den gleichen Fähigkeiten könne man in der Schweiz an einer Hand abzählen.
Ihre Erfolgsfaktoren sind solide Aus- und Weiterbildung und jahrzehntelange Berufserfahrung. «Pilatuswerke Stans» steht auf einer Kiste, die versandbereit in der Schweissabteilung von Mawatec steht. Das KMU mit rund 70 Angestellten ist ein Zulieferer für die Schweizer Maschinen- und Präzisionsindustrie sowie für die Medizinaltechnik. Um bei klingenden Namen der Industrie in die Ränge zu kommen, müssen die Produktionsabläufe und damit der Maschinenpark à jour sein. Dafür wenden die Eigentümer viel Kapital auf. Ziel von Swissmechanic Solothurn ist es, «Humankapital» zu schaffen, das eine entsprechende Wertschöpfung mit dem teuren Maschinenpark ermöglicht.
Weniger technokratisch ausgedrückt: Swissmechanic Solothurn will, nebst der Durchführung der ordentlichen überbetrieblichen Kurse, den KMU die Möglichkeit geben, die Lehrlingsausbildung teilweise auszulagern, weil oft zu wenig Ressourcen für die Inhouse Betreuung vorhanden sind. Um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben, sind aber interessante Lehrstellen unumgänglich.
«Hier möchten wir von Swissmechanic Solothurn ansetzen», meint Armellino. Ab Sommer 2021 bieten wir eine sechsmonatige Basisausbildung zu Beginn der Lehrzeit an, welche in den Räumen von SM SO erfolgt. Die Überlegungen gehen in die Richtung, diese Zeit noch auszudehnen, je nach Möglichkeit und Ansprüchen der Betriebe.
Auch Schnupperlehren werden im Auftrag der Firmen organisiert, um die Lehrbetriebe bei der Suche nach Lernenden zu unterstützen, führt SM SO dieses Jahr zum zweiten Mal das Berufserkundungsschnuppern durch. Letzte Woche waren für Interessenten, nebst praktischem Arbeiten und Vorstellen der unterschiedlichen Berufsbilder, wieder eine Reihe von Unternehmensbesuchen auf dem Programm. «Dank einem Schutzkonzept unterstützen wir junge Menschen auch in diesen Zeiten bei der Berufswahl», erklärt Armellino.
«Im Campus Technik wird ein ganzer Cluster entstehen können, der die Industrie mit gut ausgebildeten Berufsleuten unterstützt», freut sich Silvio Bertini. SM SO und die HFTM könnten dafür Hand in Hand arbeiten. Oder bildhaft ausgedrückt: «Wir von Swissmechanic liefern quasi die Rohdiamanten, die HFTM ist für den Brillantschliff zuständig.»