Grenchner Gärten (V)
Der 100-jährige Park bei der Schild-Villa ist ein bedeutendes Natur-Erbe

«Die Bäume sind mir das Wichtigste», sagt Marieluise Schild über ihren Park. Sie hegt und plfegt das grosse Anwesen rund um die Schild-Villa schon seit vielen Jahren gemeinsam mit dem Gärtner Pasquale Arcorace.

Andreas Toggweiler
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Das Anwesen des Grenchner Uhrenpatrons Theodor Schild wurde vor 100 Jahren gebaut.
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Marieluise Schild und Gärtner Pasquale Arcorace im Garten der Schildvilla Die Schwiegertochter des Uhrenpatrons sorgt für den Erhalt des Anwesens. "Die alten Bäume bedeuten mir sehr viel", meint sie.
Zwei Eschen
Rosenstrauch
Eiche
Pasquale Arcorace pflegt den Garten
Eine Magnolie mit Herbstblüten
Dieser japanische Baum blüht nur alle 10 Jahre
Eine Pagode ist leider in schlechtem Zustand
Die Gräber von Theodor und René Schild befinden sich im Schatten einer mächtigen Buche

Das Anwesen des Grenchner Uhrenpatrons Theodor Schild wurde vor 100 Jahren gebaut.

Hansjörg Sahli

1914, vor genau hundert Jahren, baute Uhrenpatron Theodor Schild zuoberst auf dem Kirchenhügel eine prächtige Villa mit einem noch prächtigeren Park. Das Erbe ihres Schwiegervaters wird heute von Marieluise Schild erhalten und gepflegt – zusammen mit Gärtner Pasquale Arcorace.

Marieluise Schild, geborene von Platen, lebt schon seit 1953 im Anwesen. Eine hochgebildete Dame von Welt deutscher Abstammung, schon deutlich über 80, mit wachem Sinn und einer gesunden Portion Humor. Sie weiss durchaus, was für ein bedeutendes Natur-Erbe für die Stadt sie seit dem Tode ihres Mannes René Schild im Jahr 1993 verwaltet. Und sie gibt auch gerne Auskunft über die Besonderheiten der imposanten Parkanlage, die sich terrassenartig über den Südhang des Grundstückes erstreckt.

«Das Wichtigste sind für mich die Bäume», meint sie spontan. Etliche hat sie selber gepflanzt, beispielsweise einen Baum aus Japan, der nur alle zehn Jahre blüht: «Ich habe den Namen leider vergessen, aber ich sage Ihnen – eine Pracht!»

Grün in der Stadt

In der Serie «Grenchner Gärten» stellen wir diesen Sommer verschiedene grüne Kleinode in der Stadt vor. Den Auftakt machte am 4. Juli Colette Baumgartner mit ihrem Japangarten, gefolgt von Uwe Müller am Gummenweg am 22. Juli und Hanni Zürcher mit ihrer Familiengarten-Parzelle am 12. August. Am 4. September besuchten wir Hedi Schilds Bijou an der Bettlachstrasse und heute sind wir praktisch nebenan im Park von Marieluise Schild, der vor genau 100 Jahren zusammen mit der Villa gebaut wurde.

Der Park veränderte sich

Der Park wurde zusammen mit dem Gebäude angelegt und von einem Gartenarchitekten gestaltet. «Er hat sich schon verändert in all den Jahren», weiss Marieluise Schild. Früher habe es viel mehr Rosen gehabt und breitere Wege. «Ich habe sie schmaler machen lassen, das gibt mehr Grün. Ich will den Pflanzen Raum geben», betont sie. Auch lege sie Wert auf Bäume und Pflanzen, die man nicht überall sieht, wie besagten japanischen Baum. «Ich glaube, es könnte der einzige seiner Art in der Schweiz sein.»

Naturgemäss sind es auch die Bäume, die heute den Park dominieren. Sie konnten während Jahrzehnten ungestört wachsen. Rotbuchen, Nussbaum, Esche, Eiche, Rotahorn, Akazien und jede Menge mächtiger Tannen. Dazwischen grosszügige Grünflächen. Auch Obstbäume, Gravensteiner, Kirsche, Feigen und ein Ginkgo. Mitten auf der Rasenfläche zwei grosse Magnolien, eine macht schon wieder neue Blüten.

«Bäume sind für mich ein Symbol dafür, was Zeit und Geduld fertigbringen können – gerade in unserer schnelllebigen Zeit», sinniert Schild.

Seit 50 Jahren «Parkwächter»

Der Park wird schon seit gut 50 Jahren von Pasquale Arcorace gepflegt. Als Gastarbeiter kam er 1960 nach Grenchen und arbeitete zuerst bei der Décolletage AG. «Im Park gibt es fast jeden Tag etwas zu tun», erklärt der auch schon 79-jährige gebürtige Italiener. Der Rasen und die Rosen müssen getrimmt, die Bäume gepflegt, Laub zusammengerecht werden. In der Nordostecke wachsen auch noch Gemüse und etwas Beeren.

Auch die Bäume werden älter. Die mächtigen Tannen würden regelmässig vom Förster untersucht, und bei Gefahr gefällt, versichert Arcorace, bei einem Rundgang durch den Park. Die Hausherrin bewegt sich selber nicht mehr auf der ganzen Anlage. «Das Treppensteigen macht mir leider etwas Mühe», meint Schild, die aber noch regelmässig auf Reisen ist. Auch einer Bridge-Partie ist sie nicht abgeneigt oder philosophischen Nachtgesprächen am Kaminfeuer.

Symbole der Vergänglichkeit

An menschliche Vergänglichkeit gemahnen die Grabsteine von Theodor (1870–1950) und René Schild (1912–1993), Vater und Sohn, die sich im Park befinden, im Schatten einer mächtigen Rotbuche. Im Südosten erinnert eine mit Rasen überwachsene flache Partie an den ehemaligen Tennisplatz und inmitten von hohen Tannen stösst man auf eine halb verfallene hölzerne Pagode. Sie verleiht der Szenerie einen wehmütigen Touch, man wähnt sich in einem verwunschenen Wald.

«Es ist zwar schade, aber ich werde sie nicht instand stellen, sonst wird sie nur wieder zerstört», meint Schild, die schlechte Erfahrungen mit unliebsamen Gästen im Park gemacht hat. In der Tat ist dieser von Norden her recht gut zugänglich.

«Ich hoffe, der Park wird noch lange so bleiben», meint Pasquale Arcorace. Doch vielleicht werde er auch irgendeinmal überbaut. «Aber das werde ich hoffentlich nicht mehr erleben.» Zwar wurde östlich vom Park vor einigen Jahren ein Stück Land verkauft, das überbaut werden soll. Der Park selbst ist aber auch im 100. Jahre seines Bestehens unangetastet geblieben.