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Wirtschaftsförderin Karin Heimann über den neuen Imagefilm und warum sie in Grenchen gut ankommt.
Am letzten Anlass des Gewerbeverbands wurde Ihre Arbeit gelobt. Sie hätten frischen Wind nach Grenchen gebracht. Was haben Sie richtig gemacht?
Karin Heimann: Da müssen Sie schon jene Fragen, die das gesagt haben (lacht) - Im Ernst: Ich habe von Anfang an Wert darauf gelegt, mit möglichst vielen Akteuren das Gespräch zu suchen und mit ihnen ein Ziel gemeinsam zu erreichen. Industrie, Gewerbe, Tourismus, Politik und Kultur - alle möchten wir Grenchen noch attraktiver machen und es gibt eine Fülle von Initiativen und Veranstaltungen. Sie alle machen Standortförderung, sei es mit IB live, Rock am Märetplatz oder dem Weihnachtsmarkt, um nur einige Beispiele zu nennen. Vielleicht spielt es auch eine Rolle, dass ich ein umsetzungsorientierter Mensch bin. Ich bin kein Fan von grossen und langfädigen Konzepten. Ich backe - bildlich gesprochen lieber viele kleine Brötchen, die bald fertig sind, als eine Jumbo-Torte, an der man lange herumlaborieren muss. Und natürlich wäre alles ohne die Unterstützung des Stadt-Teams nicht möglich.
Der neue Imagefilm zur Stadt, den Sie in Auftrag gegeben haben, hat schon Furore gemacht. Wissen Sie wie viele Leute ihn gesehen haben?
Auf der Facebook-Seite der Stadt haben ihn 40'000 Leute aufgerufen, dazu kann man ihn auch auf Youtube sehen und auf weiteren Portalen, die ihn laufend einbinden.
Welches Feedback haben Sie? Mit Ironie arbeiten ist nicht ungefährlich ...
Durchaus - wenn es schief gegangen wäre, wäre ich vielleicht jetzt mein Mandat los (lacht). Wir haben etwas Unkonventionelles gewagt und bis jetzt habe ich ausschliesslich positives Feedback erhalten. Ich hatte den Eindruck, er hat den Grenchnern nach all dem Bashing einfach gutgetan. Viele sagten mir, der Film hätte genau den Humor der Grenchner getroffen, die ja effektiv bisweilen unter einem schlechten Image der Stadt leiden. Wenn wir einfach nur gesagt hätten, Grenchen ist die schönste Stadt und Werbung gemacht hätten wie alle anderen auch, wäre die Beachtung sicher nicht so gross.
Der SRF-Dokfilm vom Frühjahr, der viele Grenchner genervt hat, war da sicher ein Steilpass für Sie?
Das sehen offenbar viele so, obwohl es gar nicht so geplant war. Als wir den Film im Dezember 2017 in Auftrag gaben, war der Inhalt des SRF-Films noch nicht bekannt.
Warum haben Sie den Film denn gemacht?
Es existierte ein Imagefilm der Stadt, der aber veraltet und auch zu lang ist. Wir hatten schon länger vor, diesen Film mit etwas Neuem zu ersetzen. Da sind Susanne Sahli und Olivier Messerli gerade zur richtigen Zeit gekommen und haben uns mit ihrer Idee überzeugt.
Was hat die Produktion gekostet?
Nicht so viel, wie manche denken. Der Betrag lag sogar noch in der Finanzkompetenz des Stadtpräsidenten, es brauchte nicht einmal einen GRK-Beschluss. Das war natürlich nur dank dem grossen Engagement von Susanne Sahli und Olivier Messerli möglich.
Was ist das Zielpublikum des Films?
Wir wollen damit Standortmarketing betrieben, und zwar nach innen und nach aussen. Wer bereits in Grenchen wohnt, sieht, was er hier alles für Möglichkeiten hat und nach aussen geht es tatsächlich auch darum, die hartnäckigen Klischees zu beseitigen, die Grenchen anhaften. Der Film soll auch Firmen bei der Personalrekrutierung helfen, damit es gelingt, Leute in die Region zu holen. Er wurde jedenfalls schon auf Firmenhomepages eingebunden.
Wohnen und Lebensqualität wird in den Vordergrund gerückt. Will man weg vom Image der Industriestadt?
Grenchen hat als Industriestandort einen ausgezeichneten Ruf. Wir zeigen im Film auch mehrere attraktive Firmen wie Breitling, ETA oder BMC. Es geht jetzt darum, gleichzeitig die Lebensqualität in Grenchen in den Fokus zu rücken und den Firmen mitzuhelfen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Und natürlich wollen wir auch neue Steuerzahler für die Stadt gewinnen.
Der Film zeichnet ein rosiges Bild der Stadt. Dem Detailhandel geht es aber nach wie vor nicht gut. Gibt es da eine Medizin?
Da ist guter Rat effektiv teuer. Die Krise im Detailhandel ist aber beileibe kein lokales Problem. Wir können den Konsumenten nicht vorschreiben, wo und wie sie einkaufen. Und wir können auch nicht neue Betriebe gegenüber dem bestehenden Detailhandel bevorzugen. Was wir aber machen können, ist, die Innenstadt attraktiveren und da haben wir ja schon mit einzelnen Massnahmen auf dem Marktplatz begonnen. Weitere sind in Planung. Wir sind auch immer wieder im Gespräch mit Eigentümern und Vermietern um Lösungen für leere Schaufenster zu finden. Das Konzept von Pop-up-Stores, das heute zunehmend beliebt ist, wäre eine solche Lösung, die auch noch zur Belebung der Einkaufszone beiträgt. Gefragt ist sicher auch erlebnisorientiertes Einkaufen und da ist der Gewerbeverband mit Kino-Nacht oder Cüpli-Samstag ja sehr aktiv unterwegs.
Sie haben in Grenchen 2016 als Wirtschaftsförderin angefangen. Ihre Aufgaben wurden aber ausgeweitet. Für was sind Sie jetzt alles zuständig?
Zur Standortförderung gehören die Wirtschaftsförderung und das Standortmarketing. Ich kümmere mich – unterstützt von der Stadtverwaltung - um die Wirtschaftsförderung und die strategischen Bereiche im Stadtmarketing. Ich arbeite eng und gut mit dem Stadtpräsidenten und der Stadt zusammen. Der Bereich Kultur und Sport ist direkt beim Stadtpräsidenten angesiedelt.
Die Stadt will ein Gewerbezentrum bauen. Ist das wirklich ein Bedürfnis? In Bettlach ist bereits ein riesiges Zentrum geplant und leere Flächen gibt es doch viele.
Wir können ja schlecht Interessenten, die in Grenchen etwas suchen, oder sogar ansässige Betriebe einfach nach Bettlach schicken. Ich habe immer wieder Anfragen für moderne und gut erschlossene Gewerbeflächen, vor allem auch zum Kaufen. Viele heute leerstehende Liegenschaften sind schlecht erschlossen, passen von der Infrastruktur her nicht oder sind mit Altlasten belastet. Deshalb prüft die Stadt einen modularen Neubau für bis zu acht Betrieben an der Lengnaustrasse. Beschlossen ist aber noch nichts.
Diese Woche haben Vertreter aus Wirtschaft und Politik auf Einladung der Solothurner Handelskammer in Grenchen hinter verschlossenen Türen über staatliche Konkurrenz für die Privatwirtschaft diskutiert. Verraten Sie uns, was herauskam?
Der Anlass sollte eine offene Diskussion ermöglichen, ohne dass die Teilnehmenden in den Medien zitiert werden. Die Diskussion hat gezeigt, was die Marktöffnung bringt oder noch bringen könnte, nämlich mehr Effizienz. Dass das auch mehr Wettbewerb heisst, wird als Konsequenz oft ausgeblendet. Für Firmen wie die SWG könnte das heissen, dass die Eignerstrategie klarer umrissen wird oder eine Diskussion geführt über die Trennung von Netzinfrastruktur und Betrieb. Da sind wir aber schnell in der politischen Diskussion über Service public.