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Dieses Jahr wurden die Grenchner Bäume mithilfe von Baumpflegern geschnitten – das erste mal in grossem Stil. Die Arbeit mit Nervenkitzel hat grosse Vorteile
Geübt und sicher bewegen sich die Baumpfleger in der hohen Buche. Mit gezielten Sägeschnitten arbeiten sie sich durch die Baumkrone. Dieses Spektakel ist nun zum zweiten Mal in Grenchen zu bewundern. Die Abteilung Stadtgrün Grenchen ist mit dem Baumpflegeunternehmen «Baumvision» aus Herzogenbuchsee unterwegs, um die Bäume auf Stadtgebiet zu schneiden. Alle drei bis fünf Jahre geht es ausgewählten Bäumen an die Krone.
Letzte Woche wurden die Bäume auf dem Schulhausareal nahe des Bahnhofes Nord geschnitten. Nun ist das Schulareal Eicholz an der Reihe. «Die Bäume stellen ohne diese Arbeiten ein Sicherheitsrisiko für die Schüler und Bevölkerung dar», sagt Patrick Nyffenegger, Gärtnermeister und Leiter der Abteilung Stadtgrün in Grenchen.
Der trockene, heisse Sommer habe den Bäumen zu schaffen gemacht. Viele Äste sind abgestorben. Diese könnten bei starkem Wind herunterfallen. Während einer Besichtigung des Stadtgebietes wurden die zu scheidenden Bäume bestimmt und eine Prioritätenliste erstellt. «Wir bestimmen die zu treffenden Massnahmen an den Bäumen nach drei Hauptkriterien», sagt Nyffenegger.
Totholz, welches entfernt werden muss, die Nähe zu Gebäuden und das sogenannte Lichtraumprofil. Dieses ist eine horizontale Grenzlinie, welche den Abstand der Äste eines Baumes zu einer befahrenen Strasse definiert. Denn die Äste dürften nicht tiefer als 4,5 Meter in die Strasse ragen.
Bisher wurde die Mehrheit der Bäume in Grenchen mithilfe von Hebebühnen und Leitern geschnitten. Diese Methode war jedoch nicht mehr befriedigend. Mit der Hebebühne kommt man nicht nahe genug an den Stamm heran und kann daher nicht die erforderlichen, fachlich korrekten Schnitte machen.
Deshalb begann die Stadt Grenchen letztes Jahr vereinzelte Bäume mithilfe von Baumpflegern zu scheiden. Diese sind viel flexibler, da sie sich frei in der Krone bewegen und jede Stelle erreichen können. «Die Effizienz, sowie die fachliche Richtigkeit ist grösser», sagt Nyffenegger.
Die Äste müssten im richtigen Abstand und Winkel abgeschnitten werden, damit der Baum einen schützenden Walm um die Schnittstelle bilden kann. Werde dies nicht korrekt gemacht, könnten Pilze in die Schnittstellen eindringen und den Baum faulen lassen. Zudem muss der richtige Zeitpunkt für die Stutzung des Baumes gewählt werden. «Den Kronenaufbau bestimmt man am besten in den jungen Jahren des Baumes. Ansonsten hat man es verpasst.»
Wenn der zu entfernende Ast zu spät erkannt wird und schon kräftig gewachsen ist, werde der Baum bei dessen Entfernung geschwächt. «Die Schnittstelle ist zu gross und kann nicht mehr richtig zuwachsen. Deshalb ist die Planung sehr wichtig», ergänzt Nyffenegger.
Die «Znünipause» der Baumpfleger ist vorbei, nun werden die Buchen geschnitten, welche die Wittmattstrasse säumen. Christian Rutschmann, Geschäftsführer des Baumpflegeunternehmens, lässt die Wurfschnur in seiner Hand kreisen.
Mit einer routinierten Handbewegung lässt er die Schur mit einem Gewicht am anderen Ende in die Baumkrone fliegen, nur um ein paar Sekunden später wieder herunterzufallen. «Klappt nicht immer bei ersten Mal», witzelt Rutschmann. Bei zweiten Mal klappts. Die Schur verfängt sich in einer Astgabel.
An der Wurfschnur wird nun das Hauptseil hochgezogen und am einen Ende um den Stamm gewickelt. Am anderen Ende zieht sich Rutschmann dem Stamm entlang hoch in die Baumkrone, um die Sägearbeiten auszuführen. «Die Mehrheit wird von Hand gesägt», sagt Anja Erni, welche für das Unternehmen arbeitet.
Eine Kettensäge sei viel zu sperrig und zu schwer, um sich im Baum bewegen zu können. «Das Schöne an dem Job ist die Dynamik, man braucht den ganzen Körper», sagt Erni. «Zudem finde ich die Kommunikationskultur spannend, die für diese Arbeit nötig ist.» Die Baumpfleger müssten immer zu zweit auf den Baum, denn wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, muss schnell reagiert werden können.
Auf die Frage, ob die Arbeit auch Angst machen kann, antwortet Erni: «Wenn mit mir oder dem Baum etwas nicht stimmt, dann habe ich Angst.» Dies sei aber ein gutes Zeichen, denn wenn man Angst habe, sucht man nach einer anderen Lösung. Ansonsten geht meist etwas schief.
«Am liebsten würden wir alle Bäume in der Stadt mit Baumpflegern schneiden», sagt Patrick Nyffenegger. «Der limitierende Faktor ist das Budget, was völlig plausibel ist.» Im Januar werden deshalb in den Stadtparks mit der alten Methode, sprich Hebebühnen und Leitern, weitergearbeitet. «Ich habe für das Budget 2019 einen grösseren Betrag eingegeben, welcher hoffentlich gutgeheissen wird.» So habe man für nächstes Jahr genügend Mittel, um die neuralgisch wichtigen Bäume von Baumpflegern scheiden zu lassen.