Der Gemeinderat will jetzt für alle Parkplätze eine Gratiszeit von 30 Minuten. Damit soll dem Gewerbe in der Coronakrise geholfen werden. Eine Vorlage zur Senkung der Grundgebühr geht in eine zweite Lesung.
Kaum eine Stadt hat so viele Gratisparkplätze direkt im Stadtzentrum wie Grenchen. 368 Autos können eine Stunde lang gratis im Coop-Parkhaus abgestellt werden. Ein Lift führt direkt auf den Marktplatz. Dennoch ist die Parkplatzsituation im Gemeinderat ein Dauerbrenner. Denn Parkhäuser sind unbeliebt und die Krise im Detailhandel wird immer wieder mit fehlenden Kurzzeitparkplätzen direkt vor den Geschäften in Verbindung gebracht. Und so kam es, dass die 2016 mit 12 gegen 3 Stimmen beschlossene Tarifordnung bereits wieder revidiert werden soll.
Vor einem Jahr überwies der Gemeinderat mit eine Motion von alt Polizeikommandant Robert Gerber (FDP). Er verlangte die «tarifmässige Wiedereinführung von Kurzzeitparkplätzen und Aufhebung der Mindestparkgebühr von einem Franken vor den Grenchner Detailhandelsgeschäften». Dieser Beschluss fiel ebenfalls klar mit 12 gegen 3 Stimmen.
Die Revision von 2016 hatte eine Mindestparkgebühr von 1 Fr. eingeführt (statt bisher 50 Rp). Dies habe zu Reaktionen bei den «Kürzest-Parkierern» geführt, heisst es in der Vorlage. Diese blendet überdies völlig aus, dass die ersten 15 Minuten ohnehin gratis sind, sofern man die Parkgebühr mit der Parking Pay App bezahlt. Kurzzeit-Gratisparkieren ist somit in Grenchen längst gewährleistet wie etwa Richard Aschberger (SVP) feststellte. Auch wenn man sich in einer Grauzone des Reglements bewegt, das Gratiszeiten eigentlich nicht vorsieht.
Die Vorlage sah nun vor, dass auf dem Postparkplatz, der diesen Sommer mit einer Schranke ausgestattet werden soll, eine neue «Zone für Kurzzeitparkplätze mit Schranken» eingeführt wird. Dort sollte man für die ersten 30 Minuten nur 50 Rappen bezahlen müssen. Der Tarif steigt nach der 1. Stunde progressiv an: bis 3 Stunden kostet die halbe Stunde 1 Fr., 3 bis 5 Stunden 1,50 Fr und bei mehr als 5 h 2 Fr. pro 30 Minuten. Damit soll das Langzeitparkieren (z. B. durch ETA-Mitarbeiter) unter der Woche wirksam eingeschränkt werden. Am Wochenende kostet es generell 50 Rappen pro 30 Minuten. Motionär Robert Gerber zeigte sich nicht zufrieden mit der Lösung. «Es fehlen nach wie vor die Kurzzeitparkplätze direkt vor den Läden», monierte er. Eine Mindestgebühr dafür verleite sowieso dazu, gar nichts zu zahlen. Weil Gratisparkplätze nach geltendem Reglement nicht zulässig sind, wollte Gerber Nägel mit Köpfen machen und reichte eine weitere Motion ein für eine entsprechende Abänderung des Parkplatzreglementes. Die Corona-Situation habe die Lage für das Grenchner Gewerbe zusätzlich verschärft, begründete er. Deshalb müssten alle Parkplätze, die mit Parkuhren Ticketautomaten und dergleichen bewirtschaftet werden, während den ersten 30 Minuten gratis sein.
Auch andere Räte äusserten Kritik an der Formulierung der Vorlage. Diese sei unübersichtlich und nicht in allen punkten klar. Um einen «Basar» zu vermeiden beantragte Alex Kaufmann (SP)eine zweite Lesung, während Nicole Hirt (GLP) und Daniel Hafner (SP) Gratisparkplätze als nicht mehr zeitgemäss bezeichneten. «Die SVP fordert seit Jahren Gratisparkplätze und auch eine entsprechende Reglementsänderung», meinte hingegen SVP-Fraktionschef Ivo von Büren.
Polizeikommandant Christian Ambühl meinte, eine Grundgebühr von 50 Rappen für eine Fahrt in die Stadt sei einem Autofahrer zuzumuten, wenn jemand der den Bus dafür nehme fürs Billet ein Mehrfaches davon zu berappen habe. Er habe zu r Coronazeit viele Gespräche mit Gewerbetreibenden geführt. «Die Grundgebühr fürs parkieren wurde dabei kaum thematisiert. Doch wir von der Polizei werden machen, was Sie beschliessen.» Auch wenn die Einnahmenausfälle beträchtlich sind.
Ein Time Out verhalf schliesslich einerseits einer zweiten Lesung zum Durchbruch, anderseits wurde die Motion Gerber im mit 9 gegen 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen für dringlich erklärt und im selben Verhältnis auch überwiesen.
Damit soll ihr Anliegen in der 2. Lesung in die Vorlage einfliessen. Das letzte Wort bei einer Reglementsänderung wird die Gemeindeversammlung haben. Die nächste Gemeindeversammlung hat der Rat übrigens für den 22. September festgelegt.