Vor den Wahlen möchten alle Kandidaten gewählt werden. Und manche tun viel dafür. Sehr viel, vielleicht manchmal auch zu viel. Sie haben ein offenes Ohr für die Belange der Wähler, sie zeigen sich in der Öffentlichkeit, sie sind auf Plakaten und Flyern abgebildet, kurz sie befinden sich im Wahlmodus. Wir nehmen alle diese Bemühungen zur Kenntnis und stellen fest, dass fast allen Kandidaten ein ausgebauter Umweltschutz wichtig ist. Eine liberale Gesellschaft, ein besserer Sozialstaat, eine offene Aussenpolitik und ein bisschen Gesetz und Ordnung müssen auch sein. Und so wähnt sich denn der Otto Normalwähler in einer hoffnungsvollen Vorfreude, dass nach den nächsten Wahlen alles besser werden möge. Aber im Grunde weiss er ganz genau, dass sich nichts oder nur wenig ändern wird und dass er eigentlich nicht weiss, wofür ein Kandidat oder eine Kandidatin wirklich steht, und welche Interessengruppen im Hintergrund die Strippen ziehen werden.
Dass die Wahlplakate meistens eine so kurze Gültigkeit haben wie die Versprechen der Politiker, vieles nur Schein und nicht Sein ist, müsste jedem mündigen Bürger klar sein. Angesichts der täglich wachsenden Informationsflut von News und Fake News wird es zusehends schwieriger, sich als Wähler eine fundierte Meinung zu bilden, die Informationen kritisch zu hinterfragen und sich verschiedene Standpunkte zu einem Thema anzuhören. In der heutigen schnelllebigen, digitalisierten Welt ist es leicht geworden, Menschen zu instrumentalisieren, ihnen eine Wirklichkeit vorzuspielen, die in Wahrheit keine ist. Vielen wird dies alles zu mühsam, sie beteiligen sich nicht an den Wahlen und überlassen damit die Wahl den anderen. Freuen wir uns also lieber nicht allzu sehr auf ein Schlaraffenland, in dem wir nach den Wahlen alle friedlich und zufrieden miteinander leben. Aber zumindest sollte jeder für sich selber entscheiden, was er in seinem Umfeld bewegen möchte. Es kann sein, dass manch einer feststellt, dass weniger manchmal mehr ist.
Weniger in der Weltgeschichte herumfliegen beispielsweise, das Auto nicht zehnmal am Tag aus der Garage fahren und wöchentlich in die Waschanlage. Da und dort ein Unkraut stehen lassen, anstatt es auszureissen, oder noch besser, eine Blumenwiese ansäen, statt monotonen Rasen. Lebensmittel aus der Region oder beim Bauern auf dem Wochenmarkt einkaufen. Den Plastik-, Metall-, Bio-, Karton- und Papiermüll trennen. Anstatt fünf Lampen nur noch deren zwei brennen lassen, und zwar energiesparende. Die lecke Kaffeemaschine oder den defekten Laptop nicht einfach entsorgen und durch neue ersetzen, sondern ins Repair Café bringen, wo sie möglicherweise reanimiert werden können.
Oder beispielsweise auch mal mit einem einsamen Menschen ein Gespräch führen. Es sind die Kleinigkeiten, die ein grosses Ganzes ermöglichen. Auch eine Stadt wie Grenchen kann Verschiedenes sein. Sie ist die Energiestadt im Grünen, eine Stadt für Autos und Velofahrer. Sie ist eine kinderfreundliche und an Kultur interessierte Stadt. Sie ist die Stadt an der Jurasonnenseite. Nicht immer ist es leicht, alle Anliegen einer Stadt, geschweige denn alle Anliegen der in dieser Stadt lebenden Menschen unter einen Hut zu bringen. Grenchen gelingt dies gar nicht schlecht – mehr und nicht weniger dank seiner Bewohner.