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Bei den Landwirten bringen die «Glunggen» den Zeitplan durcheinander. Sie müssen Getreidekulturen nachsäen, doch die Zeit dazu wird knapp. Die Bauern können jedoch nur warten bis es trocknet.
Ein Teil der Witi steht derzeit unter Wasser. Der strenge Winter und der ausgiebige Regen seit der Schneeschmelze sind zu viel für den lehmigen Boden. Die Bauern in Staad müssen Getreidekulturen nachsäen. Langsam wird die Zeit knapp, doch verloren ist das Landwirtschaftsjahr noch lange nicht, denn der Witiboden ist immer wieder für eine Überraschung gut.
«Zum Teil ist das Getreide diesen Winter ersoffen. Zumindest für den Weizen ist es zum Nachsäen jetzt zu spät. Andere Getreide, wie Mais und Gerste, sind hingegen noch möglich.» Landwirt Max Gloor redet Klartext, aber er sieht keinen Grund, um Trübsal zu blasen. «Das ist halt so, wenn man ‹buuret›. Es kommt nie alles gut, aber es geht auch nie alles schief.» Die Familie Gloor hat sich auf den Anbau von Gemüse spezialisiert und setzt dafür den besten Boden ein. Getreide kultiviert sie auf den restlichen Flächen.
Auswirkung auf den Wochenmarkt
«Ein Grossteil des Rosenkohls ist diesen Winter erfroren», erzählt Max Gloor. Jetzt habe man die Salate, Broccoli, Blumenkohl sowie weitere Kohlarten gesetzt und hoffe das Beste. Der Gemüsebau macht sehr viel Arbeit, profitiert aber verglichen mit dem Getreide von kürzeren Wachstumsphasen. Je nach Jahreszeit vergehen zwischen dem Setzen und der Ernte vier bis sechs Wochen. Damit und dank Hilfsmitteln wie Plastikblachen haben Schäden beim Gemüse nicht derart langfristige Auswirkungen wie beim Getreide.
Doch die gegenwärtige Seenlandschaft und die Kälte im Boden haben für Verspätungen gesorgt. Das trifft die Gemüsebauern und damit nicht zuletzt den Wochenmarkt empfindlich.
Warten als einzige Strategie
«Die Bauern werden langsam nervös», bestätigt Hansruedi Scheurer diese Einschätzung. Als Präsident der Bodenverbesserungsgenossenschaft erlebt er regelmässig Situationen, in denen die Drainagen überlastet sind: «Das Einzige, was die Bauern jetzt tun können, ist warten, bis es trocknet.» Abgesehen vom Gemüse hinken seiner Aussage nach auch die Zuckerrüben hinter dem Zeitplan her. Doch aus Erfahrung weiss er, dass damit nicht gleich eine Zuckerknappheit droht. «Beim Autobahnbau haben wir die Rüben einmal am 11. Mai gesetzt, und auch das ist gut herausgekommen.»
Von einer ähnlichen Überraschung weiss Paul Burkhard zu berichten. Im April vor zwei Jahren gab es überhaupt keinen Regen. Bei einer Flurbegehung hätten die Experten vom Wallierhof damals besorgte Gesichter gemacht und finstere Prophezeiungen abgegeben. «Und dann wurde es für Getreide und Raps das absolut beste Jahr seit langem.»
Sommerweizen zum Teil verfault
Grundsätzlich reagiert der Witiboden empfindlicher auf Nässe als auf Trockenheit. Deshalb charakterisiert Paul Burkhard die derzeitige Lage als «katastrophal». «Vor zwei Wochen hatten wir schon 60 Millimeter Niederschlag und jetzt hat es wieder ausgiebig geregnet.» Von den drei Hektaren Sommerweizen, die vor zwei Wochen gesät wurden, sei ein Teil bereits verfault. Trotzdem sei es jetzt noch zu früh für Prognosen, weil sich manche Schäden erst im Sommer zeigen. Die Familie Burkhard bearbeitet viel Boden, der in der Schutzzone liegt und deshalb nicht mit modernen Drainagen versehen werden darf. Nässeschäden in dieser sogenannten blauen Zone werden vom Kanton abgegolten.
«Früher haben die Bauern Staunässe sogar gelegentlich von oben her abgesaugt und in die Aare gepumpt», erinnert sich Christian Schwarz. Doch diese Praxis sei schon vor Jahrzehnten aufgegeben worden. Sie war zu aufwendig. Inzwischen lassen die Landwirte in Sachen «Wasser» der Natur und den Sickerleitungen im Boden ihren Lauf.