In Lengnau kämpft Wilfried Binggeli für seine Findeltiere, um Spenden und gegen Unterstellungen. Nun sucht er nach Sponsoren für seinen Park.
Wilfried Binggeli ist Herr über 120 Tiere. Sein Reich: ein Bahndamm. Kein Wegweiser führt zum ungewöhnlichen Tierpark, von der Strasse aus sieht man fast nichts. Doch dort am Bahndamm, auf einem schmalen Streifen zwischen drei Wohnhäusern und vorbeifahrenden Zügen, hütet Binggeli seit 1994 Findeltiere – Ponys, Schafe, Schweine, Ziegen, Waschbären und Frettchen. 1500 Franken seiner IV-Rente steckt er monatlich in den Park.
«Ein ganz lieber Kerl, der leider Gottes nicht ganz hundert ist» und sein Geld in einen Bahndamm steckt: So wurde Binggeli kürzlich in einer Sendung von Tele Bielingue bezeichnet. Binggeli ist aufgeregt, wenn er darüber spricht. Er fühlt sich verleumdet (vgl. nebenstehenden Kasten). «Ich mache das für die Tiere, nicht für mich», sagt er.
In der Fernsehsendung behauptete André Berthoud, Präsident des Tierschutzes Biel-Seeland-Berner Jura, sogar, der Park müsse schliessen. Das sei nicht wahr, sagt Binggeli. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn die SBB 2012 die Lärmschutzwände gebaut haben, will Binggeli den Park erweitern. Ein neues Gehege für die Frettchen und Schweine ist geplant, der Weiher soll versetzt werden. Für Besucher sollen Tische aufgestellt werden. «Jetzt muss etwas gehen», sagt Binggeli. «Ich will in meinem Leben etwas erreichen.» Dazu sucht er dringend Sponsoren.
2007 brannte der Park nieder
1989 wurde Binggeli Opfer eines Unfalles. Seither bezieht er eine Rente. Als in der Nacht nach dem 1. August 2007 sein Tierpark brannte, stürzte er sich ins Feuer, um die Tiere zu retten. Spuren der Verletzungen sind an seinen Armen noch zu sehen. Die kleine Beiz, die er bis dahin beim Tierpark betrieben hatte, brannte ab und durfte nicht wieder aufgebaut werden.
Hundert Franken Miete bezahlt er jährlich für den Bahndamm. Der Schmied für die Ponys, das Sterilisieren und Impfen der Tiere: All das kostet aber Geld. «Ich könnte viel Geld sparen», sagt Binggeli, «aber ich mache das für die Tiere.» 3500 Franken kostet der Betrieb pro Monat; 1500 Franken steuert Binggeli bei. Drei Männer und eine Frau helfen ihm freiwillig bei der Arbeit. Einer der Männer ist vom Gericht zu Sozialstunden verpflichtet worden.
Wegen seiner Krankheiten kann Binggeli nicht mehr oft an die Sonne gehen. Er ist um halb sechs bei den Tieren, seit drei Jahren war er nicht mehr in den Ferien. Über Bücher und Fernsehsendungen bildet er sich weiter. In seiner Wohnung bereitet er Sandwiches für die freiwilligen Helfer vor. Zwei Männer essen dort.
Was Tierheime nicht aufnehmen
Kleinere und grössere Ställe, Tierstreu und Maschendrahtzaun. Einiges sieht provisorisch aus. Die Garage ist mit Tierfutter überstellt, das rosarote Schild mit der Aufschrift «Waschbären» ist etwas ausgebleicht. «Dort hängt ein Balken herunter», sagt Binggeli zu einem Helfer.
Bei Binggeli finden Tiere Zuflucht, die Tierheime normalerweise nicht aufnehmen: Schweine, Schafe, Ziegen, Frettchen, Meerschweinchen und sogar Waschbären. «Bringt es dem Binggeli» würde es jeweils heissen. «Wenn jemand kommt, dann nehme ich die Tiere», sagt Binggeli. Und so wurden es immer mehr Tiere – aus dem Emmental, aus Schaffhausen. 18 Tiere hat er dieses Jahr schon bekommen.
«Der Tierschutz muss froh sein, dass es so etwas wie uns hier gibt», sagt Binggeli. Kein Tierheim nehme solche Tiere auf. Tierheime würden oft nur Hunde und Katzen aufnehmen. Die Tiere müssten sonst getötet werden. «Es braucht jemanden wie uns.»
Vor sieben Wochen war das Veterinäramt bei ihm. Beanstandet wurde nichts. «Sie haben sogar festgestellt, dass die Tiere zutraulich sind», sagt Binggeli. Auf seinen Armen hält er zwei Frettchen. Die Wohnung teilen er und seine Frau mit einem Papagei und vier Katzen. Binggeli kennt seine Tiere beim Namen. «Ich mache das für die Tiere, nicht für mich» wiederholt er immer wieder. Sein Traum ist ein grösserer Tierpark irgendwo in einem alten Haus.