Bettlach
Das Jahrhundertlifting fürs Gemeindehaus ist beinahe fertig

Die Renovationsarbeiten an der Fassade des Bettlacher Gemeindehauses werden in diesen Tagen abgeschlossen. Bevor das Gerüst abgebaut wird, werden noch die Beschriftungen restauriert.

Oliver Menge
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Heini Süss gestaltete den Schriftzug am Gemeindehaus originalgetreu gemäss der Fotos, die er selber gemacht hatte.

Heini Süss gestaltete den Schriftzug am Gemeindehaus originalgetreu gemäss der Fotos, die er selber gemacht hatte.

Oliver Menge

Noch ist das Gemeindehaus eingerüstet. Aber auf dem Gerüst arbeitet in der Regel nur noch ein Mann, ein ganz spezieller sogar. Es handelt sich nämlich um den 78-jährigen Bettlacher Künstler Heini Süss, der der frisch renovierten und gestrichenen Fassade sozusagen den letzten Schliff verleiht: Süss restauriert die Beschriftung am Gemeindehaus, mit dem Bettlacher Wappen und den Jahrzahlen, die auf den Bau und die letzte Renovierung hinweisen.

Beinahe wäre es nicht so weit gekommen, denn die Finanzen drohten, diesem wertvollen Detail einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die Sanierung des Gemeindehauses ist teurer als vorgesehen. 2010 hatte der Gemeinderat einen Projektierungskredit von 10 000 Franken genehmigt. An der Gemeinderatssitzung im November 2012 wurde ein Realisierungskredit von 200 000 Franken genehmigt, und an der Sitzung am 5. November 2013 wurde bereits einem Zusatzkredit von 20 000 Franken zugestimmt. Doch erst nachdem man den maroden Verputz heruntergeschlagen hatte – auch hier fielen statt wie vorgesehen 12 Kubikmeter fast doppelt so viel an –, wurden die effektiven Schäden sichtbar und man erkannte, dass die bewilligten Mittel nicht reichen würden.

In der Folge schlug die Baukommission vor, auf die Renovierung des Schriftzugs zu verzichten und das aufgemalte Schild einfach zu überstreichen. Einsparung: gerade mal 4000 Franken. Das führte im Gemeinderat zu längeren Diskussionen. Die bürgerlichen Parteien, allen voran die SVP, wollten an der Einsparung festhalten. Der Schriftzug stelle keinen Mehrwert dar, war deren Meinung. Aber er habe eine kulturelle Bedeutung, meinte die Linke.

Flickwerk wurde beseitigt

Da man aber in der Vergangenheit die Eck-Lisenen, also die Steine, welche die Kante des Gebäudes bilden, vor allem an der Westseite nur notdürftig und alles andere als schön fürs Auge geflickt hatte, beschloss der Gemeinderat auf Antrag der Bauverwaltung, diesen Teil der Fassade doch noch zu sanieren und optisch schöner zu gestalten.

Im gleichen Zug setzten sich die Befürworter im Gemeinderat für den Schriftzug durch und der Rat genehmigte nach zähen Diskussionen einen weiteren Nachtragskredit von 42 000 Franken. Darin enthalten sind die Mehrkosten für Fenster, Lamellenstoren, die Umplatzierung des Klimagerätes für die IT-Anlage und anderes. Fürs Dekor, also die Eck-Lisenen und den Schriftzug, wurden 6000 Franken budgetiert.

Enrico Sansoni, Inhaber der mit der Sanierung beauftragten Firma, sitzt normalerweise selber im Gemeinderat. «Für mich war es aber selbstverständlich, dass ich bei diesem Geschäft jeweils den Ersatz schickte», so Sansoni. Aber es habe ihn natürlich sehr gefreut, grünes Licht für die Renovierung des Schriftzugs und der Lisenen erhalten zu haben: «Es wäre doch schade gewesen, wenn wir das stattliche Haus sozusagen ‹halbfertig› der Bevölkerung hätten übergeben müssen. Das ist ein Kulturgut im Dorf und ich bin überzeugt: Im Nachhinein sind alle froh, dass man sich so entschieden hat.»

Sansoni engagierte Süss, der selber jahrelang als Maler gearbeitet hatte und sich seit seiner Pensionierung als Künstler und Fotograf mit etlichen Ausstellungen einen Namen gemacht hat. «Er schien mir für diese delikate Arbeit der geeignete Mann», sagt Sansoni.

Süss ging mit grösster Präzision ans Werk: Als Erstes machte er von der ursprünglichen Schrift und dem Wappen etliche Fotos. Diese Fotos dienten ihm als Vorlage, den Schriftzug, der 1981 am Haus angebracht worden war, eins zu eins wiederherzustellen. «Platz für Kreativität hat man hier keine, ich kann auch nicht einfach drauflosarbeiten», sagt der Künstler. Bis ins letzte Detail hat er in den letzten Tagen die Schrift rekonstruiert, Farbton, Schattierung, ja sogar die Lasur stellte Süss originalgetreu wieder her. Einzig: Die zweite Jahreszahl «1981» wurde durch die aktuelle Jahreszahl «2014» ersetzt.

Auch die Lisenen wurden saniert: Im oberen Teil, wo durch die Flickarbeiten in den vergangenen Jahren die einzelnen Steine durch eine durchgehende Betonkante ersetzt wurden, erweckt man mithilfe von «Trompe-l’Œil» den Eindruck, als seien mehrere Steine aufeinandergeschichtet. Selbst aus naher Entfernung vom Gerüst aus ist kaum zu erkennen, dass man lediglich mit Farbe den «Bschiss» so gut hingekriegt hat.

Die Farbe bleibt die gleiche

Keine Veränderung hingegen gibt es bei der Farbe der Fassade, leider. Denn eine Mehrheit in der Baukommission wollte am Ockerton aus den Achtzigerjahren festhalten, entgegen der Meinung von Architekt und anderer Stimmen im Dorf. Auch Sansoni hätte sich persönlich eine etwas hellere, frischere Farbe gewünscht und entsprechende Muster geliefert. Die Baukommission wollte sich aber auf keine Experimente einlassen. Die Silikatfarbe, welche verwendet wurde, ist mineralisch und offenporig. Das heisst, wenn es regnet, wird sich das Gebäude dunkel verfärben, und wenn es trocknet, wieder aufhellen.

In den ersten zwei Augustwochen wird das Gerüst entfernt, und das Gemeindehaus in Bettlach wird in neuer Pracht erstrahlen. Ob die Gemeinde die Bevölkerung noch zu einem Gemeindehaus-Opening-Apéro einlädt?