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Letzte Woche trainierte die chinesische Rad-Nati im Grenchner Velodrome, um fit für die WM in London zu sein.
Mit einem angestrengten Schrei startet der Velofahrer in die Fahrbahn. Dem akustischen Empfinden nach zu urteilen, muss der Start ein riesiger Kraftakt sein. Der Trainer steht neben der Fahrbahn und feuert mit Händeklatschen und Rufen an. Dann heisst es Runden fahren und sein Bestes geben, denn vom 14. bis 16. Dezember findet der World Cup im Bahnfahren in London statt. Im Hinblick darauf trainierte das chinesische Nationalteam im Velodrome in Grenchen. Seit letztem Montag bis heute.
«Es ist speziell für uns, dass das chinesische Nationalteam hier trainiert», sagt Elena von Ballmoos, Marketingleiterin des Velodromes. «Das haben wir nicht alle Tage.» Vorletzte Woche hat schon das italienische Nationalteam hier trainiert. Letzte Woche bis heute waren die Chinesen dran. Die Athleten übernachten im hauseigenen Hotel. «Für uns ist es nun wichtig, die Athleten gut zu betreuen und die Trainingszeiten zu koordinieren. Wenn der Service stimmt, kommen sie auch wieder», sagt von Ballmoos.
«Ich bin zum dritten Mal hier», sagt Anthony Peden. Seit einem halben Jahr ist der aus Australien stammende Neuseeländer der Trainer des chinesischen Teams. Vorher coachte er viele Jahre das neuseeländische Team. Mit diesem war er auch schon in Grenchen. Für die Chinesen sei es aber eine Premiere. So wie für die 29-jährige Zhong Tianshi. An der Olympiade in Rio vor zwei Jahren holte sie die Goldmedaille. Zudem ist sie doppelte Weltmeisterin. «Die Bahn hier ist sehr gut, der Holzbelag ist fantastisch», lobt Zhong die Anlage, während sie an ihrem Fahrrad herumschraubt.
Im Hinblick auf die Weltmeisterschaft in London hat die Sportlerin klare Ziele. «In London möchte ich genügend Punkte sammeln, um mich für die Olympiade 2020 zu qualifizieren», sagt Zhong. In Grenchen trainiert sie sechs Stunden am Tag – drei Stunden morgens, drei Stunden abends. Trotz dieses strengen Trainings fühle sie sich noch nicht sicher genug. Um den Kopf durchzulüften, hatte deshalb das ganze Team am Donnerstag einen Pausentag zur Verfügung. Der freie Tag wurde genutzt, um am Vormittag das Omega-Museum in Biel zu besichtigen und den Nachmittag in der Berner Altstadt zu verbringen. «Ihr habt in der Schweiz eine sehr schöne Landschaft und gute Luftqualität», stellt Frau Zhong fest. Auch die Berner Altstadt sei einzigartig und so in China nicht zu finden.
Ob sie denn schon einmal Fondue gekostet habe? Zhong Tianshi verneint. Der Trainer Anthony Peden wirft ein: «Ich habe gestern in Bern Fondue gegessen. Wenn du Lust auf einen Käseklumpen im Bauch hast, ist es sehr empfehlenswert.» Zhong winkt dankend ab. Im Restaurant des Velodromes hätten sie bisher jedoch sehr gut gespeist. Dennoch müsse das Essen mit ein paar chinesischen Gewürzen von zuhause aufgepeppt werden. «Wir vermissen halt unser Essen von der Heimat», sagt Zhong.
Auch der 24-jährige Xu Chao hat klare Ziele für die nächste Woche und trainiert fünf Stunden täglich. Er hat letztes Jahr den zweiten Rang der Weltmeisterschaft erreicht sowie den sechsten Rang an der Olympiade in Rio. «Die Bedingungen für das Training hier sind sehr gut», sagt Xu. Auch er möchte nächste Woche ein gutes Resultat machen, um sich für die Olympiade qualifizieren zu können. Über Grenchen selber wisse er aber nicht viel. Ausser natürlich: «Hier gibt es so viele Uhrenfabriken. Das ist wunderbar.» Diese Woche habe er keine Zeit gehabt, eine Uhr zu kaufen. «Vielleicht aber in zwei Wochen», witzelt der Sportler.
Denn am 19. und 20. Dezember findet in Grenchen die Track Cycling Challenge statt. «Wir trainieren hier in Grenchen, weil wir nach London wieder zurück sind», sagt Trainer Anthony Peden. Der hauseigene Wettkampf des Velodromes hat weltweite Bedeutung, denn es können auch Punkte für das internationale Ranking gesammelt werden. «170 Fahrerinnen und Fahrer werden 23 Nationen vertreten», sagt Elena von Ballmoos. So kann auch das chinesische Nationalteam wieder in Empfang genommen werden.