Gemeindeversammlung Büren
Bürener Souverän erteilt dem Gemeinderat eine Klatsche

An der Gemeindeversammlung wird ein neues Reglement zur Mehrwertabschöpfung zurückgewiesen

Oliver Menge
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Pius Leimer (links) wird von Gemeinderat Peter Zumbach mit dem "Immerselig" ausgezeichnet.

Pius Leimer (links) wird von Gemeinderat Peter Zumbach mit dem "Immerselig" ausgezeichnet.

Oliver Menge

110 Stimmberechtigte – 4,6% der Stimmberechtigten Bürens – waren der Einladung zur ordentlichen Gemeindeversammlung ins Rathaus gefolgt. Erwartet wurden im Vorfeld Diskussionen zu den Gemeinderatslöhnen und dem dem neuen Spesenreglement. Als heisses Eisen entpuppte sich jedoch ein neues Reglement über die Mehrwertabschöpfung, welches für Stirnrunzeln sorgte und schliesslich deutlich zurückgewiesen wurde.

Um was geht es? Im Rahmen der vom Schweizer Stimmvolk angenommenen Änderung und Verschärfung des Raumplanungsgesetzes im Jahr 2013 wurde ein Gesetzgebungsauftrag erteilt, den die Kantone und Gemeinden innert fünf Jahren umsetzen müssen. Darin geht es im Wesentlichen darum, dass ein Teil des Mehrwerts, den ein Grundstück oder eine Liegenschaft infolge einer Ein-, Um- oder Aufzonung erfährt, von der Gemeinde eingezogen wird – ein Teil dieses Betrags geht an den Kanton. Konkret: Wenn ein Landstück aus der Landwirtschaftszone eingezont und künftig zur Wohnzone wird, ist der Boden mehr wert. Dasselbe gilt auch für Umzonungen, also wenn beispielsweise eine W2-Zone zu einer Mischzone wird. Dieser Mehrwert soll nicht nur ausschliesslich den Grundbesitzern zugute kommen, sondern an die Einwohnergemeinde zurückfliessen, die die Um- und Einzonungen beschliesst. Der Gemeinde steht es frei, im Rahmen einer vom Kanton vorgegebenen Bandbreite einen Prozentsatz festzulegen, den man von diesem Mehrwert abschöpfen will. Die Gemeinde kann aber auch eine Freigrenze festlegen, bis zu der nichts zu bezahlen ist.

Wird der Auftrag des Bundes nicht umgesetzt, dürfen keine neuen Bauzonen mehr ausgeschieden werden, so die Bedingung des Bundes.

Der Kanton Bern hatte 2016 die entsprechenden Änderungen im Baugesetz und im Baubewilligungsdekret in Kraft gesetzt. Büren musste nun, wie alle Berner Gemeinden, ein entsprechendes Reglement nachliefern.

Im Vergleich mit anderen Gemeinden wäre Büren etwa im Schnitt gelegen: Bei Einzonungen sah man eine Mehrwertabschöpfung von 35%, bei Umzonungen 30% vor. Die Freigrenze, bis zu der man von der Abgabe befreit würde, wollte man bei 20 000 Franken festlegen. Das neue Reglement wäre per 1. Januar 2019 in Kraft getreten.

Rückweisungsantrag deutlich angenommen

Ein Bürener Stimmbürger wehrte sich vehement gegen das Reglement. Seine Argumente: Nächstes Jahr stehe die Ortsplanungsrevision ins Haus. Für Liegenschafts- und Grundstücksbesitzer sei es deshalb schwierig abzuschätzen, was das für sie bedeute. Die Transparenz fehle. Beispielsweise sei im Reglement die Fälligkeit der Abgabe im Fall einer Schenkung oder eines Erbes nicht klar formuliert und im Übrigen stehe der Regierungsrat mitten in einem Vernehmlassungsverfahren, bei dem es just um die Änderung ebendieser Gesetze gehe.

Die öffentliche Diskussion zu diesem Reglement habe vor der Ortsplanungsrevision zu erfolgen. Er stelle deshalb einen Rückweisungsantrag.

Ein weiterer Sprecher hieb in dieselbe Kerbe: Die Gemeinde Köniz habe denselben Fehler gemacht, den jetzt der Bürener Gemeinderat mache, was hunderte von Einsprachen gegen die Ortsplanungsrevision zur Folge gehabt habe. Köniz habe aus den Fehlern gelernt und das Gespräch mit den Liegenschafts- und Grundbesitzern gesucht. Das Könizer Reglement sei in der Folge viel umfassender, übersichtlicher und klarer formuliert worden, jedermann könne verstehen, um was es gehe und was das für ihn persönlich bedeute. Die Freigrenze sei auf 150 000 Franken festgelegt worden. Auch andere Gemeinden wie Moosseedorf, Ipsach etc. hätten diesbezüglich sauberer gearbeitet.

Die Erläuterungen von Bauverwalter Kurt Eggenschwiler, dass die Ortsplanungsrevision ohne dieses Reglement nicht erfolgen könne und die kantonale Vorschrift so oder so gelte, man sich an die aktuelle Gesetzgebung halte und nicht darauf abstelle, wie der Regierungsrat eventuell entscheide, verfingen beim Souverän nicht. Nach weiteren Voten, die Diskussion hätte besser im Vorfeld und nicht erst an der Gemeindeversammlung unmittelbar vor der Abstimmung erfolgen sollen, wiesen die Stimmberechtigten das Reglement wuchtig mit 68 zu 23 Stimmen an den Gemeinderat zur Überarbeitung zurück.

Weniger als geplant

Das überarbeitete Entschädigungsreglement für den Gemeinderat sieht eine Erhöhung der aktuellen Ansätze vor. Neu wird der Gemeindepräsident mit 24 000 Franken pro Jahr, das Vizepräsidium mit 12 000 Franken und die übrigen Gemeinderatsmitglieder mit 10 000 Franken pro Jahr entschädigt. Die bisher ausbezahlten Sitzungsgelder werden ersatzlos gestrichen. Statt einer detaillierten Spesenabrechnung wird eine Spesenpauschale ausbezahlt: 4800 Fr. fürs Präsidium, 3600 Fr. fürs Vizepräsidium und 2400 für die übrigen Gemeinderäte. Mit diesen Ansätzen liege Büren im Schnitt vergleichbarer Gemeinden, erklärte Gemeindepräsident Rolf Wälti. Der Souverän genehmigte das Reglement, das mit um einiges tieferen Ansätzen als jenes der vorherigen Gemeinderates ausfällt, deutlich mit 97 Ja-Stimmen.

Auch das Budget 2019 und der Finanzplan 2019 - 2023 gaben zu keinen Diskussionen Anlass. Bei einem Aufwand von 22,896 Mio. Fr. und einem Ertrag von 22,443 Mio. Fr. resultiert im Gesamthaushalt inkl. Spezialfinanzierungen ein Defizit in der Erfolgsrechnung von 453 000 Fr. Im Steuerhaushalt beträgt das Defizit 327 000 Fr. Bei den Investitionen rechnet man für 2019 mit Nettoinvestitionen von 1,719 Mio. Fr. Die Renaturierung Siechenbach schlägt dabei mit total 1,2 Mio. Fr. zu Buche. Die Steueranlage bleibt unverändert bei 1,64, die Liegenschaftssteuer bei einem Promille des amtlichen Werts. Die Verbrauchsgebühr Abwasser wird von aktuell 2.10 Fr. pro Kubikmeter auf 1.80 Fr. gesenkt.

Im Finanzplan bis 2023 ist nebst dem Siechenbach der Schulbereich zu erwähnen, wo Investitionen in der Höhe von rund 3,75 Mio. Fr. zu erwarten sind. Auch im Schwimmbad müssen Investitionen von rund einer Million getätigt werden. Die Stimmberechtigten genehmigten das Budget 2019 stillschweigend und nahmen den Finanzplan 2019-2023 zu Kenntnis.

Immerselig an Pius Leimer

Nach vier Jahren wurde dieses Jahr wieder einmal der Immerselig vergeben. Eine Auszeichnung Bürens für eine Person, die sich besonders für das Gemeinwohl und das Stedtli eingesetzt hat und einsetzt. Der ehemalige Gemeinderat und ausgewiesene Bankfachmann Pius Leimer sei Bürener durch und durch und genau die richtige Person für diese Auszeichnung, sitze er doch in unzähligen Gremien, Vorständen und engagiere sich immer wieder ehrenamtlich, sagte Gemeinderat Peter Zumbach in seiner Laudatio.

Leimer, bescheiden, wie man ihn kennt, hielt seine Dankesrede bemerkenswert kurz: «Mir ligt viu a Büre a dr Aare.»