Der Forstbetrieb Büren kümmert sich um die Förderung des Eichenwaldes. Damit wird eine lange Tradition fortgeführt. So werden im Burgerwald Büren an der Aare einstige Nachteile zum Zukunftsticket.
Der Forstbetrieb Büren setzt mit der Förderung des Eichenwalds eine Tradition fort, die in der Burgergemeinde Büren a. A. seit mehr als 300 Jahren gepflegt wird. Damit ist der Wald gut aufgestellt für die Veränderungen in Richtung Hitzewellen und markante Trockenperioden. Die Eichen sind robust und geben begehrtes Holz, das einen höheren Preis erzielt als Fichte oder Buche. Verwendet wird Eichenholz zum Bau von Häusern und Möbeln, für Parkett und Weinfässer.
Ein Augenschein mit Revierförster Meinrad Lüthi zeigt, dass nicht einmal beim Klimawandel die Suppe ganz so heiss gelöffelt werden muss, wie sie in der aktuellen Debatte gekocht wird – wenigstens im Eichwald. Hier zeigen sich im Erbe der Eiszeit nämlich Vorteile. Es ist längst nicht so trocken wie anderswo.
Schon vor dem grossen Regen Mitte Mai war der Boden im Bürenwald feucht.
«Nach diesem Winter mit reichlich Regen und Schnee erholt sich der Waldboden nun nach den trockenen und heissen Vorjahren»,
sagt Lüthi. Er deutet auf einen kleinen Tümpel neben dem Weg und erklärt: «Dieses Loch habe ich mit dem Bagger gegraben, als gäbigen Indikator. Es zeigt, wo im Waldboden das Grundwasser steht – ungefähr 40 Zentimeter unter der Oberfläche. Das ist ein guter Wert.»
Die Erholung des Bodens im Eichwald, der zusammen mit dem westlich gelegenen Städtiberg den Löwenanteil der 487 Hektaren Burgerwald (inklusive Bürenbergwald) ausmacht, ist kein Zufall. Zu verdanken ist die Regeneration zumindest teilweise der fast undurchdringlichen Lättschicht (Lehm), die die Moräne des Rhonegletschers vor rund 15'000 Jahren zurückgelassen hat. Dank der etwa ein Meter starken Lättschicht, unter 30–50 Zentimetern fruchtbarem Humusboden, versickert das rarer werdende Regenwasser nicht so schnell wie im Karstboden des Juras oder im sandigen Grund des Grossen Moos’.
Einst standen im heutigen Eichwald hauptsächlich Fichten und Tannen. Die Veränderung sei aus der Not heraus entstanden, erzählt Lüthi. Weil die Nadelhölzer auf dem Lätt nur flache Wurzeln bilden konnten, warfen Stürme alle paar Jahrzehnte den Wald um. Was dieser Wald brauchte, waren Anker.
Statt neidisch in Richtung der leichteren und einst wertvolleren Böden im Westen und Norden zu schielen, machten die Burger in Büren das Beste aus der Situation. Sie hielten schon im 18. Jahrhundert Ausschau nach einer Baumart, deren Wurzeln sich durch den unfruchtbaren Lehm in den Boden darunter graben können. «Solche Pfahlwurzler gibt es bei den heimischen Bäumen mehrere», sagt Lüthi.
Dass sich seine Vorgänger im Forst für die Eiche entschieden, dünkt ihn logisch. «Es ist ein höchst wertvolles Hartholz, gedeiht am besten auf saurem Boden, wie wir ihn grösstenteils haben, und war damals für den Haus- und Schiffsbau sehr gesucht.» Zuerst sei zwischen den Nadelhölzern alle 20 bis 30 Meter eine Eiche als Stütze gepflanzt worden, erklärt der Revierförster.
Dass mehrere Eichenarten mit Trockenheit und Hitze gut umgehen können, spielte in der Burgerpolitik bei der Entscheidung damals wohl keine Rolle. Zunächst wurde es auch nicht warm, sondern kühl; das 19. Jahrhundert war im Vergleich zum Hochmittelalter (um das Jahr 1200) kälter, was der Buche eine bessere Ausgangslage bot als der Eiche. «Was die Eiche, wie jede andere Baumart, nicht mag, sind gegenteilige Extreme. Also, einige Jahre sehr trocken und dann wieder sehr nass. Das gibt Risse ins Holz und mindert seinen Wert», erklärt Lüthi.
So kam es, dass Büren vermutlich landesweit als erste Waldbesitzerin gezielt auf die Eiche als Wirtschaftsbaum setzte. Abweichungen von dieser Entscheidung habe es, soweit bekannt, nie gegeben. «Möglicherweise», so der Revierförster, «waren unsere Vorgänger sogar europaweit die Ersten mit dieser Strategie.» Eine Strategie, die 2010 von der Gemeinschaft zur Förderung der Eiche, Pro Quercus Schweiz, ausgezeichnet wurde. Ein Anfangsdatum der Eichenförderung ist nicht bekannt. Anhand der alten Eichenbestände sei nur klar, dass es mindestens 300 Jahre her sein muss.
Heutzutage ist die Hitzeresistenz der Eichen, auch aufgrund ihrer tiefen Pfahlwurzeln, ein Glücksfall. Fast vier Fünftel des Eichenwalderbes in Büren entfallen auf die Stieleiche, ein Fünftel auf die Traubeneiche. Der Rest, gesetzt hauptsächlich in den letzten 100 Jahren, sind amerikanische Roteichen. Letztere wachsen schneller als die einheimischen Arten, dafür ist ihr Holz nicht ganz so dicht und wertvoll.
Meinrad Lüthi und sein Forstteam setzen die Tradition fort. Inzwischen sind es ungefähr 120 Hektaren Eichenwald in Büren, vom mächtigen Riesen bis zum spontan gekeimten Sämling, der am Fuss eines Mutterbaums um Licht, Nährstoffe und Wasser kämpft. Eichen sind allerdings nicht umsonst zu haben. Sie machen der Forstwirtschaft eine Menge Arbeit. Und: Nur ein Bruchteil der gesetzten Bäume wächst sich zu Riesen aus mit einem Stammumfang von mehreren Metern. Ein Ergebnis, notabene, das der Pflanzer oder die Pflanzerin beim «eigenen» Baum nie erlebt. Eichen wachsen langsam.
Das weiss die Einwohnerschaft im Stedtli. In normalen Zeiten helfen Erwachsene und Kinder am jährlichen Waldpflanztag beim Setzen der Eichen. Der Revierförster zeigt eine der «Tupex-Halden», wie er die Pflanzplätze nennt. Aus Tupex, Kunststoff, ist die Röhre, die die Jungpflanze vor hungrigen Rehen und Bast abfegenden Rehböcken schützt. «Jedes Rohr hat längs eine Sollbruchstelle. Sobald der Baum eine gewisse Grösse hat, sprengt der Stamm die Schutzhülle und diese wird vom Forstteam entsorgt. Dann sind die Äste so hoch über dem Boden, dass höchstens ein Hirsch sie noch anknabbern kann.
Angepflanzt werden die Eichen nach Angabe von Lüthi in 17er-Nestern. «Zur Erziehung», wie er sagt, die Nähe anderer Eichen rege das gerade Wachstum an. Nach wenigen Jahrzehnten werde die Hälfte der Jungbäume abgehauen und als Brennholz genutzt, damit die verbleibenden mehr Licht und Platz bekommen. Mindestens alle zwei bis vier Jahre muss, gemäss Lüthi, eine junge Eichenpflanzung in den ersten 20 Jahren bearbeitet werden. Ziel ist eine Selektion, die sich über Förstergenerationen hinzieht. Im besten Fall steht nach 100 Jahren noch eine der 17 Eichen. Wird diese, nach ein oder zwei weiteren Jahrhunderten, dann gefällt, erzielt sie am Wertholzverkauf nicht selten einen Preis von 300 bis 1000 Franken pro Kubikmeter.
Was aus dem Bürener Holz werden kann, zeigt ein Bild auf dem Eichenlehrpfad: sakrale Schnitzereikunst im Piemont, in Santa Maria Maggiore. «Über Jahre kam dieser Schreiner und Künstler namens Amodei hierher und kaufte gegen Barzahlung jedes Mal 20 Kubikmeter Eiche. Das Holz lud der alte Herr auf seinen Lastwagen und machte sich wieder auf den Weg zur Autobahn», erzählt Lüthi.
Käufer, die ihr Holz rasch abtransportieren, stehen im Forstrevier hoch im Kurs. Besonders wichtig sei das beim Nadelholz, erklärt Lüthi. Wird Nadelholz im Wald gelagert, muss es mit Pestizid eingesprüht werden, damit Schädlinge keine Löcher hineinbohren und der Wert erhalten bleibt, ein Gifteinsatz inmitten der grünen Lunge, der jüngst negative Schlagzeilen gemacht hat.
«Ein Baum – tausend Lebewesen»: Auch das lässt sich auf dem Lehrpfad über die Eiche lernen: Diese Baumart gehört zu den ökologisch wertvollsten. Ein Lebewesen, das der Revierförster von Büren seit einigen Jahren neu im Wald antrifft, sei der Mittelspecht. Lüthi freut sich: «Der Mittelspecht war bisher vor allem am Jurasüdfuss heimisch. Jetzt gefällt es ihm auch bei uns im Eichenforst.»
Seit 24 Jahren leitet der Bettlacher Meinrad Lüthi das Forstrevier Büren-Diessbach-Dotzigen. Nächsten Frühling will er sein Reich zum 25-Jahr-Jubiläum in jüngere Hände geben. Eines ist klar: Eichen werden auch künftig die Hauptrolle im Wald von Büren spielen. Das steht im Leitbild des Forstbetriebs der Burgergemeinde Büren a. A.
Beim Gang durch den Eichwald am Südrand von Büren fallen immer wieder Bäume mit aufgesprühtem Kreuz und einer Jahrzahl auf. Die meisten von ihnen sind Weisstannen, die in den letzten fünf Jahren der Trockenheit zum Opfer gefallen sind. In dafür ausgeschiedenen Altholzinseln werden sie dem natürlichen Zersetzungsprozess überlassen. Revierförster Meinrad Lüthi ist überzeugt: «Schon die Sämlinge der toten Bäume sind ein bisschen besser auf die Trockenheit vorbereitet als ihre Mutterbäume. Denn die Natur passt sich immer an, und deshalb gehe ich davon aus, dass eine junge Generation Weisstannen ihre Nische im Wald finden wird.» Für den Wald sei der Klimawandel kein existenzielles Problem wie für den Menschen. Der Wald finde immer einen Weg. Für den Förster bestehe die Kunst der Bewirtschaftung darin, zu erkennen, welche Tendenzen im Rahmen des herrschenden Klimas für Mensch und Umwelt nützlich sind. Lüthi sagt: «Förster können viel umgestalten, aber nicht den Wald total verändern.»