Am kommenden Dienstag entscheidet der Grenchner Gemeinderat über die 14 eingereichten Einsprachen gegen den Windpark auf dem Grenchenberg. Zur Diskussion steht, ob es ein neues Lärmgutachten braucht.
Der Gemeinderat entscheidet an seiner nächsten Sitzung über die Einsprachen gegen den Windpark auf dem Grenchenberg. Nach der öffentlichen Planauflage von Mitte Oktober bis Mitte November letzten Jahres wurden gegen das Projekt insgesamt 14 Einsprachen eingereicht.
Nebst den Einsprachen der prominenten Verbände Schweizer Vogelschutz, Pro Natura sowie Stiftung Landschaftsschutz, gingen vier Sammeleinsprachen ein, drei davon vertreten durch ein Advokaturbüro, das vom Verein Pro Grenchen zu diesem Zweck engagiert wurde. 187 Personen haben diese drei Einsprachen insgesamt unterschrieben. Eine Sammeleinsprache kommt aus Lengnau, unterschrieben von 23 Personen. Die Interessengemeinschaft Naturschutz Thal und die Einwohnergemeinde Bettlach reichten ebenfalls Einsprachen ein. Fünf Einsprachen wurden von einer oder zwei Privatpersonen unterschrieben.
Bettlach zog die Einsprache nach einer umfassenden Information durch den Bettlacher Pieter Ouwehand, Geologe bei der Wanner AG Solothurn, und einer intensiven Diskussion im Rat zurück (wir berichteten). Ebenfalls zurückgezogen hat die Einsprache ein Bettlacher Paar, das aus der Gegend wegzieht. Elf Einsprecher hielten bis Anfang April an ihrer Einsprache fest, ein Einsprecher reagierte nicht auf die Stellungnahme der SWG. (om)
Inhaltlich unterscheiden sich die Einsprachen nicht wesentlich, sie sind lediglich anders gewichtet. Die Einsprecher führen den Eingriff in die Juraschutzzone, die Beeinträchtigung des Naherholungsgebiets, die Lärmbelastung, Schattenwurf, Gefährdung der Trinkwasserversorgung, Nichteinhalten des Waldabstands und Rodungen, Auswirkungen auf das benachbarte BLN-Gebiet (Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung) sowie die Gefährdung für die Fauna, insbesondere für Vögel und Fledermäuse, ins Feld.
Die SWG ihrerseits stellt in ihren Stellungnahmen fest, dass man alle Punkte in genügendem Masse im Vorfeld beachtet und die geeigneten Massnahmen getroffen habe. Der Umweltverträglichkeitsbericht sei von «anerkannten und spezialisierten Umweltbüros erstellt worden».
Pro Natura verlangt beispielsweise den Verzicht auf drei der sechs Anlagen und eine Koordination mit dem Kanton Bern. Die SWG schreibt in ihrer Antwort, dass eine Wirtschaftlichkeit so nicht mehr gegeben sei und der Kanton Bern in seiner Planung noch nicht so weit sei.
Alle Einsprachen wurden von SWG beantwortet, sie stellt den Antrag, alle Einsprachen vollumfänglich abzuweisen und das Projekt Windkraft Grenchen dem Regierungsrat unverändert zur Genehmigung weiterzuleiten.
Die Bau- Umwelt und Planungskommission Bapluk hatte die Legitimation der Einsprecher aufgrund der Rechtslage zu beurteilen (siehe Kasten). Unbestritten ist aus der Sicht der Bapluk die Berechtigung der drei Verbände Schweizer Vogelschutz, Pro Natura und Stiftung Landschaftsschutz. Sie erfüllen alle Bedingungen. Nicht so die Interessengemeinschaft Naturschutz Thal. Hier befindet die Bapluk, dass sich dieser Verein gemäss seiner Statuten um Belange im Thal zu kümmern habe und als Regional-Sektion von Pro Natura Solothurn laut Statuten nur einen Antrag beim Vorstand stellen könnte.
Man stützte sich bei der Feststellung der Legitimation der Einsprecher auf eine im letzten Jahr erschienene Dissertation zu den öffentlich-rechtlichen Vorgaben für Windenergieanlagen, das kantonale Recht und Bundesrecht. Dabei wurde zwischen der Legitimation von «Nachbarn» und sogenannt ideellen Verbandseinsprachen unterschieden. Während im ersten Fall eine unmittelbare Beeinträchtigung nachweisbar sein muss, die in erster Linie aufgrund der Entfernung zum Windpark beurteilt wird, handelt es sich bei den ideellen Verbandseinsprachen um Einsprachen von Verbänden, die laut Bundesgesetz in Sachen Umweltschutz, Natur- und Heimatschutz legitimiert sind und seit mindestens 10 Jahren bestehen. Ebenfalls grundsätzlich einspracheberechtigt nach Kantonalem Recht sind Organisationen wie Regionalplanungsorganisationen und Vereinigungen, die sich vorwiegend dem Naturschutz, Heimatschutz oder Siedlungs- und Landschaftsgestaltung widmen. (om)
Aufgrund zu grosser Entfernung zum geplanten Windpark sind laut Beurteilung der Bapluk sieben Einsprecher nicht legitimiert. Darunter die Sammeleinsprache aus Lengnau und eine der drei Sammeleinsprachen des Advokaturbüros, die von 31 Personen aus nahen und fernen Gemeinden – unter anderem aus Biel, Wangen, Nidau und Aarberg – unterschrieben wurde, eine Einsprache aus Balsthal sowie alle Einzeleinsprachen aus Bettlach.
Im Verlauf der Planung änderte wiederholt die von der Projektverfasserin SWG angegebene Nabenhöhe und Rotorblattlänge. Das zu bewilligende Projekt geht von einer maximalen Nabenhöhe von 120 Metern aus. Die SWG erklärte aber erst kürzlich, dass die Anlagen, die sie bauen will, nun eine Nabenhöhe von 99 Metern und eine Rotorlänge von 61 Metern haben sollen, also maximal 160 Meter und nicht wie im Projekt beschrieben 180 Meter. Diese Konkretisierung der Projektdimension hat laut Rechtsdienst der Stadt eine Änderung der Sonderbauvorschriften zur Folge und es stellt sich die Frage, ob diese Änderung eine Verpflichtung zur Wiederholung der öffentlichen Auflage ergibt.
Beim Kanton ist man der Meinung, dass dies nur nötig ist, wenn «zusätzliche oder neue schutzwürdige Interessen tangiert werden». In den Jahren 2012 und 2013 waren Studien bezüglich Lärmemission und Sichtbarkeit durchgeführt worden. Wären diese Studien mit den im ursprünglichen Projekt beschriebenen Massen durchgeführt worden, wäre das nicht notwendig, schreibt die Bapluk in ihrer Beurteilung. Aber: Sowohl das Schallgutachten als auch die Sichtbarkeitsanalyse gingen von niedrigeren Nabenhöhen aus, als im Projekt beschrieben, beim Schall von 99 Meter, aber mit einer Rotorlänge von nur 50,5 Metern.
Die neuen Masse (99m Nabenhöhe, 61m Rotorblatt, 160m Gesamthöhe) sind zwar von der Sichtbarkeit her besser, für den Schall bräuchte es aber grundsätzlich ein neues Gutachten, so die Bapluk in ihrem Protokoll. Ausserdem wurden mittels eines Messmastes die Flugbewegungen von Fledermäusen während eines Jahres gemessen. Die Masthöhe betrug 50 Meter – kein Problem bei den ursprünglichen Massen, denn die Rotoren hätten nur bis 59 Meter über den Boden gereicht. Die neuen Masse könnten für die Fledermäuse problematisch werden, weil die Rotoren nur 38 Meter über Boden drehen werden.
Die Bapluk kommt zum Schluss, es bestehe ein gewisses Risiko, dass der Regierungsrat aus formellen Überlegungen das Dossier an die Stadt zurückweisen könnte und nochmals öffentlich auflegen lasse, weil theoretisch aufgrund eines nicht schlüssigen Schallgutachtens ein «hypothetischer, potenzieller Personenkreis besteht, der unter Umständen ein schutzwürdiges Interesse nachweisen könnte und zusätzlich zur Einsprache berechtigt wäre». Der Gemeinderat müsse sich dieses Risikos bewusst sein, wenn man auf die Einforderung eines neuen, kongruenten Lärmgutachtens verzichte und den Teilzonen- und Gestaltungsplan mit den geänderten Sonderbauvorschriften beschliesse.