Grenchner Stadtpräsidium
Boris Banga: «Niemand ist zu Lebzeiten unumstritten»

Boris Banga will nochmals für das Amt des Stadtpräsidenten kandidieren. Der langjährige Grenchner Stadtpräsident erklärt im Interview seine Beweggründe.

Theodor Eckert
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Boris Banga, wir haben nichts falsch verstanden, Sie wollen tatsächlich Stadtpräsident von Grenchen bleiben?

Boris Banga: Nach der einstimmigen Nomination durch die SP Grenchen stehe ich als Kandidat fest und freue mich auf die Fortsetzung der spannendsten Arbeit, die es meines Erachtens gibt.

Vor nicht allzu langer Zeit schien es, dass Ihre politische Karriere zu Ende gehen würde. Was hat den Umschwung gebracht?

2010 war ein schwieriges Jahr. Nicht fundierte Vorwürfe, damit zusammenhängende Amtsgeheimnisverletzungen und politische Abschussmanöver gingen unter die Haut. Dennoch blieb die Erfolgsbilanz sehr gut. Mit Kontinuität in der Führung und meinem tollen Team liegt noch einiges drin.

Sie hätten es jetzt ruhiger angehen können. Allenfalls auf dem Velodrome einige Plauschrunden drehen. Was treibt Sie an, für eine 6. Amtszeit zu kandidieren?

Ich bin nicht fertig! Grosse Projekte wie zum Beispiel zusätzlich verfügbares Industriebauland, die verkehrstechnische «Sanierung» der Zufahrten zur A5 und die Pistensanierung des Regionalflughafens müssen in Angriff genommen werden. Laufende Projekte wie das Unicef-Label «Kinderfreundliche Stadt» und das Velodrome Suisse mit allem «Drum und Dran» müssen zum Fliegen gebracht werden. Im Vordergrund steht für mich auch die Steuerung der Zuwanderung, die wegen des teilweise billigen Wohnraumes nicht mehr im Gleichgewicht ist.

Die üblen Mobbingvorwürfe sind vom Tisch. Ein Befreiungsschlag? War er mitentscheidend, dass Sie politisch nochmals die Ärmel hochkrempeln wollen?

Ja. Aber ich habe immer gewusst, dass ich mir - ausser den Fehlern und Schwächen, die auch mir zugestanden werden müssen - in diesem Bereich nichts vorzuwerfen
habe.

Hat die SP keine anderen fähigen Leute?

Natürlich haben wir valable Kandidaten und Kandidatinnen. Deshalb habe ich meine Bereitschaft zur Kandidatur bis zur Nomination nicht an die Öffentlichkeit getragen. Entscheidend ist am Ende, wem die Partei am meisten Erfolgschancen für die Wahl zugesteht.

Verhindern langjährige Amtsinhaber, dass sich jüngere Politiker entwickeln können?

Nein - schon aus biologischen Gründen. Zudem gibt es unzählige Möglichkeiten auf allen drei Ebenen, sich zu entwickeln und zu profilieren.

Sie sind in Grenchen alles andere als unumstritten. Was sagen Sie Ihren Kritikern?

Niemand ist zu Lebzeiten «unumstritten»! Wer tagtäglich entscheidet, kann nicht allen Leuten recht geben. Ich werde meine Arbeit weiter mit Herzblut und mit all meinen Kräften und Möglichkeiten weiterführen. Neben dem Leistungsausweis habe ich stets auch über die Partei- und Verbandsgrenzen hinweg Unterstützung und Anerkennung gefunden. Und nur so ist es möglich, den für alle Projekte nötigen grössten gemeinsamen Nenner zu finden.

Wie gehen Sie mit Kritik um? Es scheint beinahe, dass diese Sie anspornt?

Konstruktive Kritik ist nötig und entscheidend, um das Gute zum Besseren zu wenden. Auf diese Kritik bin ich angewiesen.

Zwei Freisinnige liebäugeln ebenfalls mit dem Stadtpräsidium. Einer nicht zuletzt von SVPs Gnaden. Von der Partei, die kaum einen guten Faden an Ihnen lässt. Sie müssen zittern?

Jede Volkswahl ist eine Herausforderung; das Ergebnis nicht vorhersehbar. Mit aufrechtem Gang und bescheiden werde ich diesen Wahlen angehen.

Sie scheuen sich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. In welchen Fällen würden Sie nachträglich aufs Maul sitzen?

Solche Fälle gibt es. Nach Publizität strebenden Dreckschleudern habe ich gelegentlich in der gleichen Art und Weise geantwortet und damit noch mehr provoziert. Inzwischen habe ich gelernt, solche Leute nicht mehr zu beachten, was einiges effizienter ist.

Weshalb sollen Grenchnerinnen und Grenchner Sie weiterhin im Hôtel de Ville wirken lassen?

Kontinuität in der Stadtverwaltung, im Verhältnis zu den Sozialpartnern und einige gute Projekte in der Pipeline. Bei mir weiss der Souverän, was er hat!

Was ist, wenn die Türen diesmal verschlossen blieben?

Schicksal und/oder ein Fingerzeig, noch etwas anderes anzupacken.

Sie haben als Sozialdemokrat einen guten Draht zur Wirtschaft. Nicht jeder mit rotem Parteibüchlein will offenbar den Kapitalismus überwinden?

Bei uns sitzen die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber im gleichen Boot - es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten, als die Ideologen meinen. Die Wirtschaft braucht gute Fachleute und diese wiederum gute Arbeitsplätze. Und beide sind auf die besten Rahmenbedingungen der öffentlichen Hand angewiesen, sei es hinsichtlich der Infrastruktur oder der Ausstattung wie Bildung, Freizeit, Einkaufsmöglichkeiten. Auf unserer Ebene müssen die Probleme gelöst und nicht «verideologisiert» werden.

Wo sehen Sie noch Chancen für Grenchen?

Grenchen ist neben Hightech-Stadt im Grünen auch perfekte Wohn-, Familien- und Velostadt. Gibt es irgendwo bessere Voraussetzungen?

Zum Schluss, was wünschen Sie sich für Grenchen?

Auch die «Aussenwelt» erkennt, dass unsere Leute in Wirtschaft und allen anderen Bereichen Hervorragendes leisten und am schönsten, sichersten Ort der Welt wohnen.