Grenchen
Bolliger investiert 4 Millionen Franken in imposante Recycling-Anlage

Die Firma Bolliger investiert in Grenchen über vier Millionen in eine neue Recycling-Anlage für Wischgut und Strassenschlamm. «Die Ökologie steht für uns im Vordergrund», so Marcel Bolliger.

Oliver Menge
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Die Geschwister Daniel Bolliger, Christine Schlup und Marcel Bolliger bauen eine neue Halle.

Die Geschwister Daniel Bolliger, Christine Schlup und Marcel Bolliger bauen eine neue Halle.

Oliver Menge

Strassenwischmaschinen kehren den Dreck zusammen, der auf Strassen und Plätzen liegen bleibt. Das tun sie in allen Städten und Gemeinden der Schweiz. Strassenschächte werden vom Schlamm befreit, der sich dort sammelt. Für diese Arbeiten sind Spezialisten, wie die Firma Bolliger, zuständig, die die Schächte aussaugen und den Schlamm abpumpen. Bolliger tut das bereits seit mehr als 40 Jahren, sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich.

Was aber tun mit dem anfallenden Material? Im Umweltsektor haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht nur die Gesetze verschärft (siehe Kasten), sondern auch der Umweltgedanke hat immer mehr an Gewicht gewonnen. Recycling ist das Zauberwort. Man bereitet den Abfall auf, verwandelt ihn entweder durch Verbrennung in Energie oder durch Aufbereitung in wiederverwertbares Baumaterial. Bolliger ist Pionier auf dem Gebiet. Schon vor etlichen Jahren baute die Firma ihre erste Waschanlage für Strassenschachtschlamm in Grenchen. Denn auch der Schlamm setzt sich aus verschiedenen organischen und anorganischen Materialien zusammen, die man wieder trennt.

Abfall: Die Gesetzgebung in der Schweiz ist streng

Der Umgang mit Abfall ist einer strengen Gesetzgebung unterworfen. So darf Wischgutmaterial nicht mehr in Reaktor-Deponien abgelagert werden, wenn es mehr als fünf Prozent organische Anteile beinhaltet (siehe rechts). Das Wischgutmaterial muss aufbereitet und nur der Reststoff darf abgelagert werden. Schlamm aus den Strassenschächten ist ein Sonderabfall und wird schon seit über zehn Jahren aufbereitet.

Der Kanton Solothurn hat letztes Jahr die Reaktordeponie Härkingen für Wischgut geschlossen. Der Kanton Bern und der Kanton Jura, wo sich weitere Reaktordeponien befinden, wollen nachziehen. Die Gesetze wurden in den letzten Jahren immer strenger, so darf beispielsweise seit ein paar Jahren kein Klärschlamm mehr als Dünger auf den Feldern ausgebracht werden.

Es gibt drei Sorten von Deponien in der Schweiz: Inertstoffdeponien, in denen gesteinsähnliche und schadstoffarme Materialien wie mineralische Bauabfälle und nicht verwertbares oder leicht kontaminiertes Aushubmaterial gelagert wird, die beim Auswaschen mit Wasser kaum Schadstoffe abgeben. In Reststoffdeponien werden schwermetallreiche Materialien mit bekannter Zusammensetzung und einem geringen Anteil an organischem Material gelagert wie Rückstände, die bei der Rauchgasreinigung entstehen, und Filteraschen. Alle übrigen Materialien, die für eine Ablagerung zugelassen sind und bei denen mit chemischen und biologischen Reaktionen zu rechnen ist, wie Schlacke und übrige Abfälle, so auch Wischgut, werden in Reaktordeponien gelagert. (om)

Nun will man einen Schritt vorwärts machen: Eine neue Halle soll gegenüber vom jetzigen Standort an der Niklaus-Wengi-Strasse gebaut werden. Herzstück: eine Waschanlage für Wischmaterial und Strassenschachtschlamm. «Unser Ziel ist, das Material zu fast 100 Prozent einer Wiederverwertung zuzuführen», erklärt Marcel Bolliger, der die Firma zusammen mit seinem Bruder Daniel und seiner Schwester Christine Schlup leitet.

Wiederverwertbares Material

Ist das Material aufbereitet, hat man gewaschenen und sauberen Sand, der sich beispielsweise zum Einsanden von Leitungen eignet. Grobe Steine von 25 bis 0,4 Millimeter Durchmesser können ebenfalls für den Strassenbau verwendet werden. Organisches Material wird getrocknet und geschreddert, es eignet sich hervorragend als Ersatzbrennstoff bei der Zementherstellung. Und die Feinschlammfraktion, deren Einzelteile kleiner als 0,4 Millimeter sind, wird ebenfalls getrocknet und kann als Zusatz in den Zement geblasen werden, erklärt Marcel Bolliger. Der gewaschene Sand konnte bisher nur für die Herstellung von Teer oder Magerbeton verwendet werden. «Wenn wir das Material waschen und in die Hauptbestandteile auftrennen, machen wir ökologisch einen grossen Schritt vorwärts, und das ist unsere Antriebsfeder.»

Natürlich ist der «Service» nicht gratis: Rund 150 Franken kostet die Tonne bei der Annahme für den Kunden, seien das Gemeinden oder Private. Das Material in einer Deponie zu lagern – wenn es überhaupt noch erlaubt ist – käme billiger, aber weil die Kantone ihre Deponien schliessen oder geschlossen haben, kommen jetzt lange Anfahrtswege und Transportkosten dazu.

«Ausserdem haben wir nach der Aufbereitung zum Beispiel für Baumeister hervorragend geeigneten Sand, den sie sonst in einer Kiesgrube holen müssten», erklärt Bolliger. Im Oberland oder im Wallis würde er sein rezykliertes Material schlecht an den Mann bringen können, weil man dort den Sand einfach aus den Flüssen baggern kann. «Aber in unserer Gegend besteht doch eine Nachfrage, weil wir diese billige Möglichkeit nicht haben.»

Imposante Dimensionen

Die neue Halle wird 20 Meter hoch und hat eine Fläche von rund 4500 Quadratmeter. 2200 Quadratmeter sind für die Lagerung des Wischguts und der aufgetrennten Materialien, für die Waschanlage sowie ein Schlammbecken vorgesehen. In einem Treibhaus von rund 1200 Quadratmetern Fläche werden das organische Material und der Feinschlamm getrocknet.

Die Idee ist nicht neu: Bereits 2008 wollte man einen Neubau in Grenchen realisieren, entschloss sich aber aus strategischen Gründen dazu, in Aarberg einen zweiten Standort mit der ersten Recyclinganlage im Kanton Bern aufzubauen. Sie wurde 2010 in Betrieb genommen und ist gut ausgelastet.

Jetzt sei alles sehr schnell gegangen, erzählt Marcel Bolliger: Innert zweier Wochen seien die nötigen Bewilligungen beisammen gewesen, die Gemeinde Grenchen habe unbürokratisch und effizient reagiert und Bolliger das Land zugesprochen.

Bolliger rechnet mit rund 4000 bis 5000 Tonnen Wischgut, das jährlich in der neuen Anlage aufbereitet wird. Dazu kommen 5000 bis 6000 Tonnen Strassenschachtschlamm. Das Herzstück, die grosse Waschtrommel, stammt übrigens aus Irland und wird in einem Stück mit einem Spezialtransport angeliefert werden.