Derendingen
Bierbrauer Schürch: «Mit einem Wasserämter soll sich niemand betrinken»

Andi Müller und Toni Schürch pflegen in der Wasserämter Mikro-Brauerei die Bierkultur. Sie wollen Bier für Geniesser brauen, nicht für Trinker. Und dieses Bier muss auch nicht allen schmecken.

Sven Altermatt
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Vom Bierseminar zur eigenen Braustube: Für Toni Schürch (l.) und Andi Müller ist das Bierbrauen ein intensives Hobby. Hanspeter Bärtschi

Vom Bierseminar zur eigenen Braustube: Für Toni Schürch (l.) und Andi Müller ist das Bierbrauen ein intensives Hobby. Hanspeter Bärtschi

«Schweizer Bier schmeckt ja ganz gut», sagt Toni Schürch. «Aber was fehlte, ist die Vielfalt.» Die Vielfalt? Schürch meint die Vielfalt der Brauarten, der Geschmäcker. Und irgendwie, ja irgendwie wurde er mit «diesen hellen Industriebieren» nicht glücklich.

Damals, vor neun Jahren. Deshalb wollten der Werkzeugverkäufer und sein Kumpel Andi Müller – der Engineering-Mitarbeiter weilt beim Gespräch in den Ferien – ihr eigenes Bier brauen. Die Idee entstand im Ausgang, als die beiden in Solothurn von der Hafebar zum Landhaus spazierten.

Bierseminar bei Öufi-Brauerei

Im Januar 2005 besuchten Müller und Schürch, bewaffnet mit Block, Bleistift und Kamera, in der Solothurner Öufi-Brauerei ein «Bierseminar». Im April legten sie los, mit einem 20-Liter-Topf in Müllers Garage. «Der erste Sud wollte noch nicht so recht gelingen», erinnert sich Schürch. Damals hätten sie von Vergärungsprozessen kaum was verstanden. Nach weiteren Versuchen klappte es: Im Mai konnten sie zum ersten Mal von ihrem eigenem Gebräu kosten – einem untergärigen, bernsteinfarbigen Vollbier. Schürch und Müller tauften es «Näbu».

Malzbetontes und Kaffeenoten

Weil das «Näbu» nicht nur den beiden Hobbybrauern, sondern auch ihren Freunden mundete, wollten sie dieses in den Verkauf bringen. Erstaunlicherweise geht das ohne
Probleme. Ein wenig Papierkram gab es, Formulare mussten ausgefüllt werden und für die eidgenössische Alkoholverwaltung benötigten sie einen Namen. Doch der war schnell gefunden: Wasserämter Mikro-Brauerei. Schliesslich sind der Derendinger Müller und Schürch, der in Kriegstetten lebt, waschechte Wasserämter.

Unter einem Dach mit dem Yoga-Studio

Das «Näbu» verkaufte sich gut, in Müllers Garage wurde es allmählich eng. Zudem habe das Brauen nur im Sommer so richtig Spass gemacht, schmunzelt Schürch. «Im Winter haben wir uns in der kalten Garage den Bauch abgefroren.» Nach einem Abstecher nach Oberdorf befindet sich die Braustube nun seit Juni dieses Jahres in Derendingen, unter einem Dach mit einem Yogastudio und einer «Töffbude».

Im zweitältesten Industriegebäude Solothurns können Müller und Schürch ihrem traditionellen Handwerk auch irgendwie gerechter werden. Denn ein Handwerk, das ist Bierbrauen zweifellos. «Aber kein allzu kompliziertes», beruhigt Schürch. Er vergleicht es mit dem Kochen eines guten Menüs: «Du musst wissen, welche Zutaten was bewirken.»

Was sich alles bewirken lässt, ist erstaunlich. Auf das «Näbu» folgten weitere Eigengebräue. Das «Bavaria», ein Dunkel mit röstiger Note, die manch einen an Kaffee erinnert. Oder ein malzbetontes «Köhler». Mittlerweile umfasst das Sortiment ein halbes Dutzend Biere, hie und da werden auch obergärige Spezialbiere gebraut. «Von hell bis schwarz», so Schürch, wolle man die ganze Bandbreite abdecken. Gebraut wird heute in zwei silbernen Braukesseln, die aussehen wie riesige Kochtöpfe und jeweils 100 Liter fassen.

«Müssen nicht alle mögen»

Mit einem Handelspreis von vier Franken für die Halbliterflasche sind die Wasserämter Biere vergleichsweise teuer. «Ein Geniesser trinkt ja auch keinen Fonduewein», sagt Toni Schürch. Was er damit meint: Ihre Arbeit ähnle der eines Winzers, der nur ein paar Flaschen produziert. Nach wie vor ist das Brauen für Müller und Schürch ein Hobby. Ein intensives Hobby.

Mit einem «Wasserämter» soll sich niemand betrinken, erklärt Schürch. «Wir richten uns an Konsumenten, die gutes Bier schätzen.» Seit im Wasseramt Bier produziert wird, hat die Vielfalt auf dem Biermarkt merklich zugenommen. Bier aus Mikro-Brauereien, sorgfältig und «handwerklich» gebraut, findet mehr und mehr Anhänger. Diese treffen sich heute Samstag in Derendingen zu einem Bierfest, das Schürch als «einfachen, gemütlichen Anlass mit Brezeln und Würsten» beschreibt. Im Mittelpunkt stehen das Bier und die Menschen, die dieses schätzen.

Eine Frage aber wäre da noch: Was, wenn jemandem ein «Näbu» oder ein leichtes «Ambre» nicht schmeckt? Toni Schürch lacht. «Unser Bier müssen nicht alle mögen.» Viele Leute würden weiterhin lieber ihr Einheitsbier trinken, das sei «schon okay». Und nein, ihm komme so ein Gebräu nicht mehr ins Glas. «Gibt es in einem Restaurant kein passendes Bier, bestelle ich lieber eine Cola», sagt der Hobbybrauer. Alles eine Frage der Bierkultur eben.

Bierfest der Wasserämter Mikrobrauerei: heute Samstag, ab 15 Uhr (open-end). Emmenhofstrasse 4, Derendingen.