Grenchen
Die Hinterbliebenen bleiben tapfer, tragen die Massnahmen mit und werden manchmal kreativ

Kirchliche Handlungen und Zusammenkünfte sind schwierig geworden. Besonders für Trauerfamilien. Zur Lage in Grenchen.

Andreas Toggweiler
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Friedhof Grenchen.

Friedhof Grenchen.

Hanspeter Bärtschi

Weil zurzeit wegen Corona mehr ältere Menschen sterben als im langjährigen Durchschnitt, gibt es auch mehr Beerdigungen. Dies bestätigt Peter von Siebenthal, Pfarrer der Reformierten Kirche Grenchen-Bettlach. «Dies ist schon spürbar», erklärt er. «Weniger im vergangenen Jahr als im jetzigen neuen Jahr», präzisiert von Siebenthal.

Die «erste Welle» sei diesbezüglich weniger deutlich gewesen als die zweite. Vergangenes Jahr wurden bei den Reformierten etwa 10 Prozent mehr Beisetzungen gezählt als in einem normalen Jahr. Allein im Januar wurden neun reformierte Beerdigungen gezählt. Inzwischen sind es zwei mehr.

Besucherobergrenze je nach Coronazahlen

Und diese Begleitungen gestalten sich deutlich anders als zuvor. Immer wieder ändert sich die maximale Teilnehmerzahl an kirchlichen Veranstaltungen, zu denen auch die Beisetzungen gehören. 30, dann 20 und jetzt wieder 50 lautet die Obergrenze, welche die Behörden je nach aktuellem Stand der eruierten Fallzahlen verfügen.

Im Jahr 2020 war die Zunahme der Todesfälle um 3 Personen grösser als im Vorjahr. Die Bevölkerung wuchs 2020 um 138 Personen, im Jahr zuvor um 32 Personen.

Im Jahr 2020 war die Zunahme der Todesfälle um 3 Personen grösser als im Vorjahr. Die Bevölkerung wuchs 2020 um 138 Personen, im Jahr zuvor um 32 Personen.

Zwar gebe es an Beerdigungsfeiern sehr unterschiedliche Beteiligungen, weiss der Pfarrer aus Erfahrung. Doch allein im Januar habe es zwei Fälle gegeben, wo unter normalen Umständen wohl über 100 Personen am Abschied eines ihnen lieben Menschen teilgenommen hätten. Das sei für alle Beteiligten schwierig.

«Oft entscheiden sich die Hinterbliebenen deshalb dafür, dass die Beisetzung nur im engsten Familienkreis stattfindet», hat von Siebenthal festgestellt. Das sei für die teils zahlreichen Menschen, die sich öffentlich von den Verstorbenen verabschieden möchten, unerfreulich.

Dank Bestattern weiterhin würdige Feiern

Die schwierige Lage könne auch Kreativität auslösen. «Eine Familie, welche im Januar zu einer Beerdigung viele Gäste hätte erwarten können, hat sich entschieden, im kommenden Sommer eine Abschiedsfeier durchzuführen.» Wobei von Siebenthal, insbesondere den Bestattern ein Kränzchen windet: «Sie geben sich grösste Mühe, dass die Feiern trotz aller Hygiene-Auflagen würdig durchgeführt werden können.»

Doch nachdenklich stimmende Situationen gebe es immer wieder, insbesondere im Zusammenhang mit der Situation in den Altersheimen. So konnte kürzlich eine Witwe nicht an der Beerdigung ihres eigenen Mannes teilnehmen, mit dem sie in einem Altersheim in Grenchen zusammengelebt hatte. Sie hätte sich danach zwei Wochen im Heim in Quarantäne setzen müssen. Das wollte sie sich dann nach ausführlicher Erörterung mit der Familie doch nicht zumuten. Von Siebenthal meint diesbezüglich:

«Ich denke, die Altersheime sollten diese rigide Abschottungs-Praxis überdenken.»

Insbesondere, nachdem beispielsweise in Bettlach bereits wieder Gottesdienste im Altersheim durchgeführt werden, wie Roger Juillerat, ebenfalls Pfarrer in der reformierten Kirche, bestätigt. Den Kontakt in die Heime halte man mit schriftlichen Grussbotschaften aufrecht. Diese werden ökumenisch zusammen mit den katholischen Kolleginnen und Kollegen verfasst. Auch telefonisch seien die Seelsorger für Gespräche erreichbar, betont Juillerat.

Zu Sterbenden erhalten Geistliche Zutritt

In der katholischen Kirche Eusebius kann Pfarreileiterin Gudula Metzel ähnliches berichten. Nach einem vergleichsweise ruhigen Herbst hätten die Beerdigungen um die Weihnachtszeit herum deutlich angezogen. Die Tendenz sei spürbar, dass nur noch im engsten Familienkreis beigesetzt werde, auch wenn die Obergrenze der Teilnehmenden vor kurzem wieder auf 50 erhöht wurde. Es werde jetzt wieder einige Zeit brauchen, bis sich die Leute an die erneut angepasste Regelung gewöhnen.

Was die Altersheime betrifft, betont Metzel, dass in Grenchen zu Sterbenden den Geistlichen durchaus Zutritt gewährt werde, was nicht überall in der Region der Fall sei. Im Allgemeinen würden die Restriktionen im kirchlichen Leben tapfer ertragen und von den betroffenen ohne Murren umgesetzt. Metzel zieht Bilanz:

«Wir leben nun schon etwa ein Jahr mit einem mal strengeren, mal weniger strengen Regime.»

Was sie am meisten bedauert, ist, dass ausserhalb der Gottesdienste keinerlei Begegnungen mehr möglich sind unter den Gemeindegliedern. Ein eigentliches Pfarreileben findet nicht mehr statt. Dies sei für manche schwer zu ertragen. «Doch als Kirche bleiben wir im Gebet verbunden und in der Hoffnung, dass die Situation auch wieder einmal besser wird.»

Peter von Siebenthal drückt diese Hoffnung so aus: «Am Ende des Gottesdienstes erlaube ich mir jeweils das Schlusslied solo vorzusingen.» Denn den Gottesdienstbesuchern wurde bekanntlich das Singen (sogar hinter der Maske) schon vor Monaten behördlich verboten.