Lausanne/Bettlach
Bauarbeiter stürzt in Bettlach fünf Meter tief: Architekt schuldig

Fünf Meter tief fiel ein Bauarbeiter 2006 in Bettlach. Jetzt hat das Bundesgericht in Lausanne entschieden: Der Architekt hätte damals einen sofortigen Baustopp anordnen müssen.

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Ein Baugerüst fehlte. az

Ein Baugerüst fehlte. az

AZ

Schwere Knochenbrüche an beiden Füssen, 20 Operationen und eine lange Therapie: Dies sind die Folgen für einen jungen Mann, der 2006 beim Bau eines Wintergartens in Bettlach aus fünf Meter Höhe hinuntergefallen ist.

Architekt und Bauunternehmer standen letzten Frühling wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung vor dem Solothurner Obergericht, denn ein Sicherheitsgerüst fehlte (wir berichteten). Jetzt hat das Verfahren einen endgültigen Abschluss gefunden. Das Bundesgericht in Lausanne hat die Mitverantwortung des Architekten bestätigt. Dieser hatte das Urteil an das höchste Gericht weitergezogen.

Der tragische Unfall geschah am 9.Juni 2006. Kurz vor Mittag stürzte der damals 30-jährige Maurerlehrling auf den Garagenvorplatz. In fünf Meter Höhe hatte er mit einem Kollegen – auf Stützbalken und Stahlträgern – Schalungsbretter verlegt. Noch um acht Uhr morgens war der Architekt auf der Baustelle, doch gestoppt hat er die Arbeiten nicht. Erst um 10.30 Uhr erreichte der Architekt den Geschäftsführer der Baufirma, wo er ein Gerüst gefordert haben will. Doch bevor etwas passierte, geschah der Unfall

Gerüst war in Kostenvoranschlag

Für das Bundesgericht war klar: Der Architekt hätte am Morgen sofort einen Baustopp anordnen müssen. Eine Mitverantwortung sah das Gericht insbesondere, weil der Architekt jederzeit in den Gang der Bauarbeiten eingreifen konnte. «Als Bauleiter wäre er befugt und verpflichtet gewesen, einen Baustopp anzuordnen», heisst es im Urteil, gerade bei der «Verletzung elementarer Sicherheitsvorschriften». Dass die Handwerker nicht direkt dem Architekten unterstellt sind, sondern dem Bauunternehmer, spielte für das Gericht keine Rolle.

Architekt bestritt die Schuld

Zudem wäre der Architekt bei Baubeginn für ein ordentliches Gerüst verantwortlich gewesen. Bereits das Obergericht hatte bemängelt, dass dies nicht der Fall war. Zwar hatte der Architekt in seinem eigenen Kostenvoranschlag ein Fassadengerüst erwähnt, er akzeptierte jedoch die Offerte der Baufirma, in der kein ordentliches Gerüst aufgeführt war. Der Architekt seinerseits machte geltend, allen Sorgfaltspflichten nachgekommen zu sein.

Er bestritt die Aussagen der Handwerker, dass sie bei seinem morgendlichen Besuch bereits in fünf Meter Höhe gearbeitet hätten. Zudem treffe den Geschädigten ein Selbstverschulden, da er sich in Kenntnis der Gefahren und trotz Abmahnung in die Höhe begeben habe. Mit dem Entscheid des Bundesgerichtes ist das Urteil des Obergerichts gültig.

Es hat den Architekten im April 2011 zu 75 Tagessätzen à 350 Franken, insgesamt also 26250 Franken, verurteilt und den Bauunternehmer zu 90 Tagessätzen à 130 Franken. Mit dem definitiven Urteil dürften auch Schadenersatzforderungen verbunden sein. Diese sind allerdings nicht öffentlich.(lfh)