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Boris Banga unternimmt alles, seinen Präsidiums-Sessel in Grenchen zu halten. Ein Unterstützungsschreiben von Nick Hayek sollte helfen. Der Schuss ging nach hinten los. Herausforderer François Scheidegger hält sich dabei stilvoll zurück.
Solothurner Wahlkämpfe werden selten derart verbissen geführt, wie es derzeit in Grenchen der Fall ist. Die besondere Konstellation trägt allerdings einiges dazu bei, dass die Wogen derart hoch gehen: Hier ein Langzeit-Stadtpräsident, der mit allen Mitteln um seinen Sitz kämpft, dort ein Kandidat, der von allen Boris-Banga-Geschädigten (die sind nicht an einer Hand abzuzählen) unterstützt wird. Kommt pikanterweise hinzu, dass der Herausforderer als ehemaliger Stadtschreiber mit den Stärken und nicht zuletzt den Schwächen seines jetzigen Widersachers bestens vertraut ist.
Nüchtern und rein rechnerisch betrachtet sollte der sozialdemokratische Amtsinhaber keine Chance haben gegen die vereinigte Mitte-Rechts-Koalition von François Scheidegger. Doch das Resultat des ersten Wahlganges lässt weiterhin alle rätseln, wie die Entscheidung wohl ausfallen mag.
Die Wahl steht auf Messers Schneide. Die Nerven sind hüben wie drüben zum Zerreissen gespannt. Wenn jede Stimme zählt, kann jeder Schachzug der siegbringende sein. In dieser Situation hat Banga seinen (Uhren-)König in Position bringen wollen. Dieser hatte ihn bereits im Frühjahr verklausuliert zum Ziehen aufgefordert. Hayek sprach sich damals zwar dagegen aus, sich so mir nichts, dir nichts zu positionieren.
Gleichzeitig liess er Banga aber wissen, dass er sich positiv über ihn äussern würde, wenn das entsprechende Medieninteresse vorhanden wäre. Doch das erhoffte offizielle Bekenntnis blieb aus. Und der Kampf um jede Stimme ging unerbittlich weiter. Tag für Tag. Dies könnte erklären, weshalb der Politfuchs Banga sein Swatch-Schreiben nicht besser gehütet hat. Das Risiko war allerdings gross, dass der Verfasser nicht sehr erfreut sein würde, seine Zeilen in der Öffentlichkeit wiederzufinden, zumal darin durchaus eine Portion Sympathie durchschimmerte.
Inzwischen wissen wir, dass Banga zu hoch gepokert hat. Der Bumerang kam sehr tief geflogen. Er dürfte noch heute schmerzen. François Scheidegger hat Stil gezeigt und darauf verzichtet, den Fauxpas seines Gegners genüsslich auszuschlachten - es wäre in dieser Situation ein Leichtes gewesen. Diese Woche hat einmal mehr deutlich gemacht, welch unterschiedliche Charaktere zur Wahl stehen: Hier der risikofreudige Draufgänger, dort der strategisch Besonnene. Das Schachspiel geht in die letzten Züge: Der König von Grenchen hat beim Spiel um seinen (Uhren-)König die Dame verloren. Reicht das Scheidegger zum Matt?