Velodrome Suisse
Bahnbauer Walter von Lütcken: «Grenchen weiss gar nicht, was hier abgeht»

Regierungsrat Christian Wanner stattet der Grossbaustelle Velodrome in Grenchen einen Besuch ab. Er zeigt sich beeindruckt und erfuhr einiges zur neuen Grenchner Velorennbahn. Mit dabei: Bahnbauer Walter von Lütcken und Boris Banga.

Oliver Menge
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 Bahnbauer Walter von Lütcken erklärt Betriebsleiter Peter Wirz, Stadtpräsident Boris Banga und Regierungsrat Christian Wanner die Besonderheiten der Grenchner Bahn.
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Noch ist das Velodrome Suisse eine Baustelle.
Die ganze Holzrennbahn im Blick
Boris Banga setzt den Tastsinn ein. Und wie fühlt sich die neue Bahn an?
Regierungsrat Christian Wanner besucht die Grossbaustelle Velodrome in Grenchen

Bahnbauer Walter von Lütcken erklärt Betriebsleiter Peter Wirz, Stadtpräsident Boris Banga und Regierungsrat Christian Wanner die Besonderheiten der Grenchner Bahn.

Oliver Menge

«Gopferdoori isch das iidrücklech!». Regierungsrat Christian Wanner war sichtlich beeindruckt von Grenchens einzigartiger Grossbaustelle. Der Finanzdirektor war am Montag als Vertreter der Solothurner Regierung für einen Augenschein nach Grenchen gekommen. Er, Stadtpräsident Boris Banga und Baudirektor Claude Barbey wurden von Betriebsleiter Peter Wirz durch die Halle geführt und liessen sich über den Baufortschritt informieren.

Die 250 Meter lange Bahn ist fast komplett fertiggestellt, letzte Feinarbeiten werden noch erledigt, der Innenraum der Halle leergeräumt, bevor am Freitag die Mia in die Halle einzieht. Auch müssen noch Sicherheitsabschrankungen, Geländer und Fangnetze montiert werden, bevor der Weltradsportverband UCI die Bahn abnimmt.

«Grossartige Sache»

«Ich konnte mir keine Vorstellung machen, aber das scheint mir eine grossartige Sache zu sein. Und ich denke das Geld ist hier gut eingesetzt», meinte Wanner beim Blick in die grosse Halle und auf die Radrennbahn. Der Kanton steuert aus dem Lotteriefonds bekanntlich zwei Millionen bei, so wie auch die Stadt Grenchen.

Bahnbauer Walter von Lütcken, der zusammen mit seinem Team innert drei Wochen 150 Tonnen Holz und 1,5 Tonnen Nägel verbaute, erklärte den Gästen die Eigenheiten der Grenchner Rennbahn und die speziellen Techniken, die beim Bau wichtig waren. «Man fährt den Baum runter und nicht rauf», erklärte er. Deshalb würden die Bretter aus langsam wachsenden sibirischen Fichten, welche für den Bahnbelag verwendet werden, nur in einer Richtung verlegt. «Es macht auf einer Runde etwa eine Sekunde aus, die man verliert, ist das Holz verkehrt herum eingebaut.

«In Deutschland um einiges teurer»

Ob man denn nicht hätte Schweizer Holz verwenden können, fragte Wanner. «Doch, für den Unterbau wäre das durchaus möglich gewesen, aber in der Schweiz gibt es keine Holz verarbeitende Firma, die das herstellen könnte, was wir benötigen. Also hätte man das Schweizer Holz nach Deutschland exportieren, dort verarbeiten und danach wieder in die Schweiz importieren müssen», erklärte der Rennbahnbauer, der das Holz in Bremen im eigenen Werk verarbeitet.

Von Lütcken zeigt sich sehr zufrieden mit der Bauleitung in Grenchen. Der Bahnbauer, der bereits rund 80 Radrennbahnen weltweit gebaut hat, vermutet sogar, dass eine vergleichbare Halle nirgendwo sonst innerhalb so kurzer Zeit und zu einem vergleichsweise günstigen Preis realisiert werden könne. «In Deutschland wäre so ein Bau um einiges teurer geworden.»

Grosses internationales Interesse

«Grenchen weiss noch gar nicht, was hier für eine grossartige Sache gebaut wird», meinte von Lütcken. In der internationalen Radwelt habe der Bau dieser Bahn, die unter Umständen die Schnellste Europas werden könnte, einen regelrechten Wirbel ausgelöst. «Wir haben über Facebook sogar Nachrichten von Radsportlern aus Malaysia und Australien erhalten, die den Fortschritt der Arbeiten interessiert verfolgen.» Auch dürfe man den sozialen Effekt nicht unterschätzen: In England beispielsweise, wo er bereits mehrere Bahnen gebaut habe, insbesondere in Städten wie Manchester mit hoher Kriminalität, seien viele Junge so von der Strasse geholt worden: Bereits ab drei Jahren würden dort Junge gezielt geschult, sei es auf der Radrennbahn oder auf den BMX-Strecken - eine solche soll es ja auch hier noch geben.

Die Bahnen in England seien von morgens um 9 Uhr bis spätabends ausgebucht und liefen sehr erfolgreich. «Am 20. Juni wird die Bahn durch die UCI homologiert. Grenchen war ursprünglich als Kategorie 2 Bahn, also geeignet für Weltcuprennen, geplant. Mit 95% Sicherheit wird die UCI die neue Bahn als Kategorie 1 Bahn homologieren, das heisst, dass sogar Weltmeisterschaften hier durchgeführt werden können und sich die gesamte Weltelite hier messen wird», so von Lütcken.

Einen Monat im Rückstand

Beim weiteren Rundgang zeigte sich, dass man noch etwas hinter dem Zeitplan herhinkt: Einen Monat habe man aufgrund des langen Winters verloren, erklärte Wirz. Der Hotelteil, die Garderoben im Untergrund und die anderen Räume, wo in wenigen Wochen bereits die ersten Firmen und Swisscycling einziehen werden, sind erst im Rohbau fertiggestellt. Aber innerhalb des Projektteams ist man davon überzeugt, rechtzeitig zur Eröffnung fertig zu werden.

Ein Problem allerdings gibt es noch: Der Beitrag aus dem Lotteriefonds des Kantons ist an die Bauschlussabrechnung geknüpft. Das bedeutet, dass man jetzt Fremdkapital aufnehmen müsste, um laufende Kosten zu decken. Die Stiftung will deshalb bei der Regierung einen Antrag stellen, ob man einen Teil des Beitrags schon vorher bekommen könnte.

«Mein Besuch in Grenchen ist auch so etwas wie mein Abschiedsbesuch bei Stadtpräsident Boris Banga», meinte Wanner zum Schluss. «Und das Velodrome steht nicht zuletzt dank ihm und seinem grossen Engagement».