Grenchen
Aus einstigem Schandfleck soll ein Bijou werden: Das «Tropical»-Gebäude wird totalsaniert

Das ehemalige «Tropical»-Gebäude in Grenchen wird für mehrere Millionen totalsaniert. Im heruntergekommenen Plattenbau mit dem einstigen Bordell sollen moderne Wohnungen und Studios entstehen.

Andreas Toggweiler
Drucken
Zwei Grossbaustellen Das Foto zeigt, dass das Gebäude (im Hintergrund) gleichzeitig mit dem Centro-Hochhaus gebaut wurde.
31 Bilder
Blick ins Treppenhaus
Die Zivilschutzräume wurde total vernachlässigt
Der Innenraum wird "entkernt"
hier entstehen neue Studiowohnungen
 Architekt Patrick Kurth führt durch das Labyrinth des ausgehöhlten Gebäudes
Räume des ehemaligen Sexclubs "Tropical"
Die Haustechnik ist marode
Blick in ehemalige Wohnung
alte Elektroanlagen
die Stufen im Treppenhaus
Bauschutt
Aussicht Richtung Süden...
... und Richtung Westen mit Dachwohnungen auf dem Coop-Center
Gerätelift an der Südfassade
Blick Richtung Bachstrasse
Trümmerhaufen auf der Dachterrasse
Blick vom Dach Richtung Stadtmitte
Tonnenweise Material zum Abtransport
Unterböden werden herausgerissen Der Apparat im Vordergrund dient der Messung der Schadstoffbelastung in der Luft
Zeugin vergangener Zeiten...
Das Baubüro befindet sich auf der unteren Terrasse
Maschinelle Entfernung von Bodenbelägen
Die ehemalige Restaurantküche
Bohrkern aus Probebohrung
Ein Blick hinter die Fassade des ehemaligen Grenchner "Tropical"-Gebäudes

Zwei Grossbaustellen Das Foto zeigt, dass das Gebäude (im Hintergrund) gleichzeitig mit dem Centro-Hochhaus gebaut wurde.

Andreas Toggweiler

Seit vergangenem Herbst ist das Wohn- und Geschäftshaus Solothurnstrasse 30 vollständig eingerüstet. Aus dem Innern des Gebäudes bohrt und hämmert es in einem fort. Bauarbeiter transportieren in einem an der Südfassade montierten Lift Bauschutt aus dem Gebäude und Werkzeug und Einrichtungen hinein. Ein Baukran gehört ohnehin dazu.

Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Die Mulden hinter der mit Sichtschutz versehenen Bauabschrankung an der Bachstrasse füllen sich schnell und werden abtransportiert und ersetzt.

Das Gebäude wird völlig ausgehöhlt

Wer dem emsigen Treiben zusieht, stellt fest: da ist keine Pinselsanierung von Spekulanten im Gang, sondern es werden Nägel mit Köpfen gemacht. «Das Gebäude wird bis auf den Rohbau rückgebaut und danach totalsaniert», bestätigt Architekt Patrick Kurth aus Attiswil. Er betreut die Baustelle für die Eigentümerin, die Firma Immo Valoris AG in Meggen LU, welche die Liegenschaft vor rund zwei Jahren gekauft hat.

Hinter dieser Firma stehen wiederum zwei finanziell offenbar potente Immobilienunternehmer aus dem Kanton Zürich: Thomas und Alexander Götz (Dübendorf). Kurth machte für sie unter anderem ein Konzept für den Umbau eines Einkaufszentrums in Kaiseraugst AG, wo 125 Wohnungen entstehen sollen, und hat auch schon in Biel ein Projekt für sie realisiert. «Die Besitzer haben keine kurzfristigen Interessen, sondern investieren mehrere Millionen in die Sanierung. Sie möchten die Liegenschaft behalten und bewirtschaften», erklärt Kurth zu den Plänen für das ehemalige «Tropical»-Gebäude.

Kleine Rückblende: Das Wohn- und Geschäftshaus Solothurnstrasse 30 wurde gleichzeitig gebaut wie das Centro-Hochhaus (ehemals Coop City), also in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre. Es enthielt in den unteren Geschossen Ladenlokale und ein Restaurant, das zu Beginn von Grenchens Wirte­legende Emil Blümli geführt wurde. «Die Überreste der ehemaligen Küche haben wir beim Ausräumen jedenfalls gefunden» erklärt Kurth schmunzelnd.

Vom Nachtclub zum Milieutreffpunkt

Bekannt ist auch, dass sich der (vergleichsweise noch seriöse) Nachtclub Tic Tac in den Räumen befand, später dann der berüchtigte Sexclub «Tropical», der mit seinen Partys nicht nur Freier aus der ganzen Schweiz anlockte, sondern auch in der Grenchner Politik mitunter für rote Köpfe sorgte.
Jedenfalls leitete er das Abgleiten der Liegenschaft ins (Balkan-)Milieu ein, mit einer Klientel, die sich am Ende gegenseitig erpresste und Lokal und Autos anzündete: Das «Tropi»-Gebäude war endgültig verkommen. Die damaligen Besitzer scherten sich einen Deut und versteckten sich hinter Briefkastenfirmen.

80 Tonnen Material abtransportiert

Was die Bauequipen aus den grossen Räumen des mehrgeschossigen Sexlokals räumen mussten, versetzte sie in Staunen. «Etwa 80 Tonnen Material haben wir allein aus den ehemaligen Tropical-Räumen abtransportiert, darunter ganze Whirlpools», schildert Kurt. Das ganze Haus sei überdies mit «Grümpel» überstellt gewesen.

Zurzeit sei man immer noch mit der Sanierung der Altlasten beschäftigt (z. B. Asbest und weitere problematische Materialien). Allein diese Sanierung kostet mehrere 100000 Franken.

24 Studios und 18 Wohnungen geplant

Im Laufe dieses Jahres soll aber aus dem ehemaligen Schandfleck wieder ein Bijou entstehen. Der Bau aus Stahlbeton wird bis auf die Mauern ausgehöhlt, Böden, Fenster und alle Installationen werden entfernt. 24 Einzimmer-Studios und 18 Zweieinhalb- und Dreieinhalb-Zimmer-Wohnungen nach aktuellem Standard (z. B. mit Waschturm) werden danach eingebaut.

An die Südfassade kommen Balkone. Neue Lifte, einer vergrössert und behindertengerecht, neue Fenster, die Umstellung der Ölheizung auf Gas stehen ebenfalls auf dem Programm und auf dem Dach eine für alle Mieter zugängliche Terrasse. Die Affichen an den Bauabschrankungen zeigen, dass regionale Handwerker und Baufirmen am Werk sind.

Auch für Gewerbe-Vermietung zuversichtlich

Ursprünglich sollten auch im Bereich der Bars Wohnungen eingebaut werden, doch der immer noch gültige Gestaltungsplan schreibt eine gemischte Nutzung vor. Also gibt’s hier Läden oder Büros. Für diese in Grenchen Mieter zu finden, dürfte allerdings nicht einfach sein. Kurth ist diesbezüglich optimistischer. «Da die Flächen direkt an der Fussgängerzone und neben dem Coop liegen, sind wir optimistisch, attraktive Mieter dafür zu finden. Auch weil das Haus dann ja komplett saniert ist.»