Grenchen
Aus dem Witibach-Kanal soll wieder ein fröhliches Bächlein werden

Der Witibach in Grenchen wird auf einer Länge von 1,5 Kilometern durch eine Instream-Revitalisierung ökologisch aufgewertet. Das Pilotprojekt des Kantons dauert noch bis Ende Jahr.

Oliver Menge
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Instream-Revitalisierung Witibach
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 Das bereitgestellte Material: Baumstämme, Wurzelstöcke, Faschinen und Steinblöcke.
 Der obere Teil ist bereits fertig.
 Steine, Felsbrocken und Bäume werden verwendet.
 Das Wasser wird durch die vermehrte Bewegung mit Sauerstoff angereichert.
 Raubäume werden im Ufer verbaut.
 Das Bächlein beginnt wieder zu rauschen.
 Kies, Steine und Holzstämme sorgen für einen abwechslungsreichen Bachlauf.
 Im Kies können Fische laichen.
 Wurzelstöcke werden auf Felsen geschraubt.

Instream-Revitalisierung Witibach

Oliver Menge

Der Witibach vereinigt kurz nach der Archstrasse alle Grenchner Bäche und führt deren Wasser am Flughafen vorbei bis hinunter zur Aare. 1999 bis 2001 wurde der Abschnitt vom Dorfbach bis westlich der Archstrasse aufwendig revitalisiert und umgestaltet, unter anderem ist dort der Findlingsgarten zu sehen. Ab der Einmündung des Dorfbachs ist der Witibach weitgehend kanalisiert, im Abschnitt zwischen Flughafenstrasse und Römerbrüggli östlich der Segelflugpiste ist sogar die Bachsohle mit Betonplatten ausgebaut. Für die Wasserqualität und die Wasserbewohner – Fische finden kaum die benötigten Lebensgrundlagen – eine denkbar ungeeignete Situation. Aufgrund des schwachen Gefälles in der Witi fliesst das Wasser nur langsam ab.

Der Kanton, der schon an einigen Orten Bäche mit grösserem oder kleinerem Aufwand sanierte und ökologisch aufwertete, gelangte mit der Idee eines Pilotprojekts an die Stadt Grenchen: Man will den Witibach durch eine sogenannte Instream-Revitalisierung ökologisch aufwerten. Bei einer Instream-Revitalisierung werden die Uferböschungen im Gegensatz zu einer «normalen» Revitalisierung nicht verändert, auch der Bachlauf bleibt gleich. Durch das Einbringen von Wurzelstöcken, Störsteinen, Raubäumen und Bündeln aus zusammengebundenem Astwerk, sogenannten Faschinen, wird der Lauf des Wassers beeinflusst und aus einem ruhig und gleichmässig dahinfliessenden Gewässer wird wieder ein mehr oder weniger natürlicher Bach. Durch das künstliche Hinzufügen von Kiesbänken wird der Lauf des Bachs ebenfalls geringfügig abgeändert.

Gemeinschaftliches Werk diverser Ämter

Das Grenchner Pilotprojekt sei insofern bemerkenswert, als dass es sich um die erste grössere Instream-Revitalisierung im Kanton Solothurn handle, erklärt Thomas Rüegger, Leiter Tiefbau bei der Baudirektion Grenchen. Vom Dorfbach bis zum Römerbrüggli sind es eineinhalb Kilometer Bachlauf, die aufgewertet werden. Im Projekt von Anfang an involviert war das kantonale Amt für Wald, Jagd und Fischerei und das Amt für Umwelt, das Projekt wird auch bis zum Schluss eng begleitet.

Die Gesamtkosten belaufen sich auf 880'000 Franken, von denen Bund und Kanton sowie der Alpiq Ökofonds rund 90 Prozent übernehmen, die Stadt Grenchen den Rest. Selbst wenn der Betrag auf den ersten Blick hoch erscheine, sei das Projekt auf den Laufmeter umgerechnet im Vergleich zu einer «normalen» Revitalisierung relativ günstig. «Es ist ein wirklich schönes Projekt, wenn man sieht, was dabei herauskommt», sagt Rüegger, der die Bachaufwertung seitens der Stadt begleitet.

Ein auf solche Revitalisierungen spezialisiertes Berner Ingenieurbüro definierte die Massnahmen, immer in Abstimmung mit den jeweiligen Ämtern. Jedes Objekt wurde auf einem Plan eingetragen. Auch wurde in Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden vorab festgestellt, mit welchen Wassermengen man bei einem Hochwasser zu rechnen hat. Glücklicherweise habe es seines Wissens in den letzten Jahrzehnten am Witibach nie Hochwasserereignisse gegeben, die die Fassungskapazität des Bachs überschritten haben, sagt Rüegger.

«Wir nahmen bereits vor der Ausschreibung Kontakt mit der Bürgergemeinde Grenchen auf. Denn wir wollten sicherstellen, dass die verbauten Holzelemente möglichst aus Grenchner Wald stammen», sagt Rüegger. Mit den Bauarbeiten beauftragt wurde schliesslich die Gebrüder Jetzer AG aus Schnottwil.

Erster Teil der Arbeiten ist bereits abgeschlossen

Die Arbeiten zwischen Dorfbach und Flughafenstrasse sind bereits weitgehend abgeschlossen. Ungefähr alle zehn Meter sieht man eine der zusätzlich hinzugefügten «Störungen» des Bachlaufs. Entweder Baumstämme, die in der Böschung oder in der Bachsohle verankert wurden, oder grosse Steine.

Alte Wurzelstöcke sind mit grossen Schrauben an Felsbrocken befestigt oder direkt in den Untergrund geschraubt. Auch die Faschinen, die man verlegt hat, sind mit Felsen fixiert. «Wir wollen schliesslich vermeiden, dass die Elemente beim nächsten Hochwasser einfach weggeschwemmt werden», erklärt Rüegger.

Bäumen und seltenen Sträuchern trug man Sorge

Auch die Kreisförsterin wurde gleich von Beginn weg hinzugezogen: Sie definierte, welche schnell nachwachsenden Sträucher am Ufer gekappt werden konnten und welche stehen bleiben mussten. Denn der Einsatz schwerer Maschinen auf den Wegen entlang des Bachs war unumgänglich. «Selbstverständlich haben wir alle Bäume stehen lassen und die Elemente an manchen Stellen, wo der Zugang für die Maschinen aus diesem Grund nicht möglich war, um ein paar Meter versetzt im Bach montiert», erklärt Rüegger.

In diesen Tagen begannen die Mitarbeiter der beauftragten Baufirma mit den Arbeiten im Abschnitt östlich der Flughafenstrasse. Da hier die Bachsohle betoniert ist, werden als erstes Kiesbänke aufgeschüttet, bevor die Störelemente definitiv montiert werden.

«Das Projekt ist auch eng mit dem Flughafen koordiniert, damit es nicht zu Friktionen mit dem Flugbetrieb kommt.» Voraussichtlich sei zum Zeitpunkt, an dem man den «heiklen» Teil bei der Segelflugpiste erreiche, der Flugbetrieb dort jahreszeitbedingt weitgehend eingestellt, sodass es keine Schwierigkeiten gebe, sagt Rüegger. Die Arbeiten sollen bis Ende Jahr abgeschlossen werden. «Im Frühling werden dann nur noch vereinzelt Anpflanzungen vorgenommen.»

Grosse Fische wie in guten alten Zeiten

Nächsten Sommer wird man beim Spaziergang entlang des Witibachs also ein beruhigendes Rauschen eines fröhlichen Bächleins hören. Und wer weiss, vielleicht schwimmen schon bald fette Forellen im Bach, wie einst in den guten alten Zeiten.

Dass das kein Hirngespinst ist, beweisen kleinere Instream-Revitalisierungen anderenorts, beispielsweise in Lüsslingen-Nennigkofen, wo der Fischereiverein zusammen mit Freiwilligen erst kürzlich den zweiten Teil des Eimattbachs revitalisierte und wo man dort, wo letztes Jahr die Revitalisierungsmassnahmen durchgeführt wurden, wieder grosse Fische sehen kann.