Grenchen
Auf der Jagd nach dem stählernen Vogel

Heben die Flugzeuge auf dem Grenchner Flughafen vermehrt ab, sind auch die Voltenkontrolleure nicht weit. Sie bestaunen die Vögel von der Ferne.

Julian Perrenoud
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Silvia Maier und André Wiedmer sind als Voltenkontrolleure den Flugrouten-Ausreissern auf der Spur. jpw

Silvia Maier und André Wiedmer sind als Voltenkontrolleure den Flugrouten-Ausreissern auf der Spur. jpw

Solothurner Zeitung

«André ... Jetzt kommen sie wieder!» Silvia Maier greift zum Rapport-Block, André Wiedmer zum Feldstecher und richtet ihn gen Himmel, sucht das beinahe makellose Blau ab. Die beiden sind keine angefressenen Vogelfreunde, und wenn sie doch eines der gefiederten Tierchen beobachten, dann nur, weil keiner der stählernen Vögel vorbeifliegt. Maier und Wiedmer stehen nicht zum Vergnügen auf einem Feldweg an der Hauptstrasse von Nennigkofen nach Leuzigen, nein, sie sind Voltenkontrolleure. Während einer Stunde zählen sie hier die Flugzeuge vom oder zum Flughafen Grenchen, notieren Uhrzeit, Flugzeugtyp – und ganz wichtig: ob er überfliegt. Will heissen, ob sich der Pilot nicht an die Flugroute hält.

«Einmotoriger Tiefdecker, weiss-gelb, immer wieder derselbe ...» Mittlerweile hat Wiedmer ein geübtes Auge, wenn er Flugzeuge per Feldstecher bestimmt. Seit letztem Sommer gehen er und Maier auf Kontrollgänge zu den Standorten Nennigkofen, Meinisberg, Rüti, Arch, Altreu und Staad. Ab April jeweils zweimal im Monat, im Sommer gar dreimal. Da sie beide als Pfleger arbeiten und flexibel sind, können sie sich die Kontrollen selber einteilen.

«Ich schaue ihnen gerne nach»

Für einen gewöhnlichen Dienstag herrscht am Himmel viel Betrieb, Tiefdecker, Hochdecker, Segelflieger-Schlepper, vom Hobbypiloten bis zum Swiss-Auszubildenden starten sie alle ab Grenchen. Wieder richtet Wiedmer den Feldstecher: «So viele hab ich hier noch nie gesehen.» Kein Wunder bei diesem Wetter. Nach einer Stunde wird er 18 gezählt haben, gegenüber 5 von letztem November.

Volten sind bogenförmige Bahnen, die Flugzeuge fliegen, wenn sie starten oder landen. Es gibt innere und äussere Volten. Dass die Piloten dabei keine nahe gelegenen Dörfer wie Arch oder Altreu überfliegen dürfen, ist in einem dicht besiedelten Gebiet wie dem Jurasüdfuss gar nicht so einfach. Oder bei Wind. Wenn der von Westen her stark bläst, ja dann bringe eine Kontrolle wenig, sagt Wiedmer. «In Staad haben wir es einmal sogar aufgegeben, den Flughafen zu informieren, weil alle Flugzeuge aus der Volte gerieten.» Denn genau das müssen die Kontrolleure tun, hält sich ein Pilot nicht an seine vorgeschriebene Route. Wenn er etwa von Westen her direkt hier über das Feld und Nennigkofen hinwegfliegen würde, müssten sie das melden.

«Ein Grenzfall.» Wiedmer blickt nochmals zum Flieger hoch. «Könnte ein Österreicher sein ...» Dass sich ein ausländischer Pilot in den hiesigen Gefilden nicht auskennt, lässt Maier nicht gelten. Denn sie müsse auf Österreichs Autobahnen auch wissen, wie sie sich zu verhalten habe.

Betroffenheit und Interesse

Flugfanatiker oder Fluggegner – was muss man sein, um Voltenkontrolleur zu werden? Weder noch, finden Maier und Wiedmer. Sie leben nahe am Grenchner Flughafen, Betroffenheit und Interesse haben sie zu dieser bezahlten Arbeit gebracht. Bei ihm ist es ähnlich, nur, «dass ich sowieso immer gerne den Fliegern nachschaue».

Die Zusammenarbeit mit dem Flughafen klappe gut. Das muss sie auch. Denn Jean-Pierre Ruch, Geschäftsführer der Regionalplanung im Raum Grenchen-Büren, erhält gerade aus Arch und Altreu viele Anrufe erboster Anwohner, die sich über den Flugverkehr beschweren.

Während der Feiertage werden Maier und Wiedmer, die einem zehnköpfigen Team von Kontrolleuren angehören, deshalb erneut den Rapport-Block bereithalten und den Feldstecher zum Himmel richten.