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Wird es draussen heiss, steigt auch die Gefahr für ältere Menschen. Wie wird in Alterszentren damit umgegangen? In Grenchner Heimen hat man sich gut auf die hohen Temperaturen eingestellt.
Die vergangenen Tage brachten temperaturmässig etwas Erleichterung, doch schon ab heute soll das Thermometer wieder zu klettern beginnen – wahrscheinlich nicht mehr auf die Rekordwerte von Anfang Woche, aber immerhin in einen Bereich, der insbesondere älteren Menschen etwas zu schaffen macht.
Im Alterszentrum Weinberg und Kastels hatte man sich gut auf die heissen Tage eingestellt, wie Sonja Leuenberger, die Geschäftsleiterin der Alterszentren, erklärt. Schwerwiegende, hitzebedingte Probleme habe es keine gegeben.
Und das hat einen einfachen Grund, wie sie sagt: «Unsere Bewohnerinnen und Bewohner fahren von alleine etwas runter, wenn es so heiss wird. Sie suchen sich ein kühles Plätzchen, sind eher passiv. Spaziergänge draussen machen sie bei der Hitze ohnehin nicht, und meistens werden die Aktivitäten, die sowieso etwas eingeschränkt sind, in die frühen Abendstunden verlegt, wo es schon wieder etwas kühler ist.» Auch Ausflüge mit dem Bus in die Stadt seien sozusagen nie vorgekommen in diesen Tagen.
Ein immer wieder genanntes Problem ist die Tatsache, dass ältere Menschen oft zu wenig trinken und dehydrieren. Blasenentzündungen, Kreislaufschwierigkeiten oder im schlimmsten Fall Organversagen können dann die Folge sein. Das Bundesamt für Gesundheit BAG hatte denn auch zwei Flyer abgegeben, die sich speziell an Angehörige, Pflegepersonal, Ärzte und Ärztinnen zur Betreuung von älteren und pflegebedürftigen Menschen zu Hause oder in Heimen und Spitälern wenden.
Unter dem Titel «Schutz bei Hitzewelle – heisse Tage, kühle Köpfe heisst es da: «Betagte und pflegebedürftige Menschen sind oft aus eigenem Antrieb nicht in der Lage oder sie spüren die Notwendigkeit nicht, sich gegen hohe Temperaturen zu schützen. Sie haben eine schlechtere Wärmeregulation, sie schwitzen weniger und besitzen ein vermindertes Durstgefühl. Dies macht sie anfällig für Hitzestress. Die Hitzewelle des Sommers 2003 hat deutlich gezeigt, dass ihr Leben in Gefahr sein kann.»
Sonja Leuenberger: «Im Gegensatz zu unseren Bewohnenden ist die Gefahr für ältere Menschen, die noch zu Hause leben, wesentlich grösser. Wir können hier in den Alterszentren das Verhalten und die Flüssigkeitszufuhr kontrollieren und unseren Leuten gut zureden. Lebt aber jemand alleine, besteht die Gefahr, dass die Person vergisst, genug zu trinken.
Im Weinberg und Kastels war man ausreichend sensibilisiert und gab den Bewohnerinnen und Bewohnern immer die Möglichkeit, gratis Getränke in kleinen Flaschen zu beziehen, solche, die man in der Hand halten und auch mitnehmen konnte. Und wenn das Personal bemerkte, dass jemand zu wenig trank, beispielsweise, weil die Person vermeiden wollte, allzu oft die Toilette aufsuchen zu müssen, versuchte man der Person zu erklären, dass das eben gefährlich sei. «Das begreifen unsere Bewohnenden dann in der Regel.» Eine regelrechte Flüssigkeitsbilanz aufzunehmen, also zu erfassen, wie viel jemand trinkt, sei nicht nötig, ausser es sei medizinisch angezeigt, erklärt Leuenberger. Todesfälle aufgrund der Hitze habe es im Kastels oder Weinberg keine gegeben in den letzten Wochen.
Auch die Verpflegung wurde den Temperaturen entsprechend angepasst: «Wir achteten darauf, etwas leichtere Kost anzubieten, wie beispielsweise ein Birchermüesli zum Abendessen. Dazu haben wir ein Salatbuffet fix eingerichtet. Bei Temperaturen über 30 Grad hat auch keiner der Bewohner Lust auf Währschaftes und schwere Mahlzeiten.»
Montagabend fand traditionellerweise der Abend mit den Therapiehunden statt. Alle Hunde, also auch Flynn, der Golden Retriever von Sonja Leuenberger, haben übrigens die Prüfung bestanden. Aber da die Abende während der Ausbildung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern einen so grossen Anklang fanden (wir berichteten), hatte man sich entschlossen, diese auch weiterhin durchzuführen. Es sei sehr heiss gewesen, letzten Montag. Die Hunde seien «knuddelfertig» gewesen. An Arbeit mit ihnen sei folgedessen nicht zu denken gewesen, sagt Leuenberger. «Ausserdem hatte ich vermutet, dass die wenigsten Bewohnerinnen und Bewohner Lust haben, bei der Hitze ins Foyer zu kommen. Aber ich habe mich getäuscht: 25 Personen wollten sich die Hunde nicht entgehen lassen, und wir sassen zusammen auf der kühleren Cafeteria-Terrasse. Die Hunde genossen es, gestreichelt und verhätschelt zu werden, ohne dafür arbeiten zu müssen. Sie bekamen ihre Guddies und Cervelat-Stückchen auch so, die Bewohnenden ausreichend Getränke und Snacks.»
Am Dienstag, dem heissesten Tag der Hitzeperiode, fand ein spezieller Glacé- und Frappé-Nachmittagsevent statt. Bewohnerinnen und Bewohner suchten sich ein schattiges Plätzchen und genossen die kühlen Süssigkeiten. Eine Line-Dance-Gruppe sorgte für die Unterhaltung und einige der Bewohnerinnen und Bewohner wagten selber ein paar Tanzschritte – trotz der Hitze. Die meisten hätten es aber vorgezogen, dem Treiben von einem gemütlichen Platz aus zuzusehen.
«Überhaupt haben wir festgestellt, dass unsere Bewohnenden ihre Tätigkeiten eher in die kühleren Abendstunden verlegten. Das hatte dann natürlich für unser Pflegepersonal Konsequenzen, weil man das ganze Programm und die Pflegeaufgaben nach hinten verschieben musste.» Aber es bringe ja nichts, die älteren Menschen schon um 18 Uhr ins Bett bringen zu wollen. Im Gegenteil: «Mir haben Bewohner sogar um 20 Uhr oder 21 Uhr gesagt, sie könnten jetzt noch lange draussen im Garten bleiben.»
Gejammer über die Hitze gab es also von Seiten der Bewohnerinnen und Bewohner nicht. «Aber die Mitarbeitenden und das Pflegepersonal haben gelitten. Denn schliesslich konnten sie nicht ‹runterfahren›, sondern mussten die Arbeiten, die zum Teil körperlich doch anstrengend sind, trotz Hitze genauso erledigen.» Da nur die Speisesäle auf der Südwestseite über eine Klimaanlage verfügen, die man jeweils nur vor den Mahlzeiten in Betrieb nahm, um die Räume etwas runter zu kühlen, habe das Pflegepersonal nachts jeweils das ganze Haus gut durchlüftet, um die Temperatur auf ein erträgliches Mass zu senken, erklärt die Leiterin der Alterszentren. Aber grundsätzlich hätten es die älteren Menschen gerne warm. «Im Winter heizen wir manchmal bis 26 Grad, weil ihnen sonst zu kalt ist.»