Mit einem Buch und einem Dorffest gedenkt das Dorf des verheerenden Dorfbrandes vor 150 Jahren.
"Wir sind nicht die Ersten, die in Sachen ‘Nächstenliebe’ gefordert sind." Und: "Integration in die Gesellschaft haben auch wir Einheimischen immer wieder nötig." Anhand der Solidarität von Nachbarsfamilien und benachbarten Gemeinden beim Dorfbrand Rüti 1868 ermutigte alt Bundesrat Samuel Schmid das Publikum im vollen Saal des Feuerwehrmagazins dazu zusammenzustehen, die "Ärmel hingere zlitze" und Probleme anzugehen. "Unsere Voraussetzungen dafür sind nie so gut gewesen wie heute - und früher haben sie es auch geschafft."
Angesichts der verbreiteten «Null Bock Mentalität» in Teilen der jungen Generation äusserte alt Bundesrat Schmid den Wunsch, dass «wir echte Menschen werden mögen, die von Mitmenschlichkeit getragen sind». Er erinnerte an den Grenzübertritt der Bourbaki-Armee, als im Februar 1871 innert dreier Tage 87'000 mittellose Soldaten über die Schweizer Grenze strömten. «Schon damals konnte die Gesellschaft damit fertig werden, und heute haben wir viel mehr Ressourcen zur Verfügung, um mit Belastungen umzugehen.»
"Wir wollten nicht den Brand herunterbeten, sondern das Geschehen in sein Umfeld stellen", erklärte Rudolf Käser, Präsident der Herausgeberin, der Vereinigung für Heimatpflege Büren, die Motivation für "Rüthi in Flammen".
Getragen von der Reformierten Kirchgemeinde Rüti und unterstützt von Sponsoren, ist ein "handliches, gut lesbares Werk" entstanden, wie Schmid lobte. Es stellt das Drama vor 150 Jahren in den Kontext zwischen Juragewässerkorrektion, Deutsch-Französischem Krieg und Politkampf von Liberalen und Konservativen. Das Komitee unter der Leitung von Kirchgemeindepräsident Hansjörg Lehmann habe letztes Jahr die Themen zusammengetragen und sich dabei besonders auf den Bericht des Regierungsrates von 1871 gestützt.
Verfasst haben das Buch die angehenden Historikerinnen Nadine Hunziker, Siri Funk und Jacqueline Schreier von der Uni Bern. Die Studentinnen lasen je eine Kostprobe aus ihren Texten vor.
So erfuhr das Publikum, was der Ruf «Fürio» bedeutet, wie mit nassen Tüchern vergeblich versucht wurde Hausdächer zu schützen und dass auch die 35 Feuerspritzen der Umgebung nicht verhindern konnten, dass 265 Personen Haus, Hab und Gut verloren und ein Schaden von 270'000 Franken (heute ca. 20 Millionen) entstand. Selbst die früheren Dorfbrände vom November 1798 und Juli 1819 finden in der Jubiläumsschrift Erwähnung.
Zur Sprache kommt auch Jeremias Gotthelf, mit Schilderungen aus dem bäuerlichen Alltag, die der Leserschaft ein Gefühl für die Nöte, Ängste und das Gottvertrauen unserer Vorfahren vermitteln.
Das Dorffest zum Jubiläum des Brandes begann schon am Samstagnachmittag mit einer Demonstration der Feuerwehr Bralom. Die Bevölkerung war zum gemütlichen Zusammensein beim Feuerwehrmagazin eingeladen, dem auch gelegentliche Regengüsse keinen Abbruch taten.