Startseite
Solothurn
Grenchen
Wer versäumte die meisten Schulstunden? Und wie gut schnitten die Schüler in den einzelnen Fächern ab? Mit dem Jahresbericht der Grenchner Bezirksschule von 1867/68 ist all dies genau erfasst – und öffentlich gemacht worden.
Am Ende des Schuljahres legte die Lehrerschaft der Bezirksschule Grenchen vor 150 Jahren noch Rechenschaft ab, über alles, was sich im Verlaufe des Jahres zugetragen hatte. An der Schule unterrichteten drei Lehrer: Urs Josef Feremutsch, Johann Stelli und Ludwig Stöckli. Lehrer Feremutsch machte als Reformator des Schulgesangs im Kanton Solothurn von sich reden. Ludwig Stöckli, der aus dem solothurnischen Leimental stammte, verfasste eine vorbildliche Staatsbürgerkunde, die auch heute noch Beachtung verdient. Johann Stelli schliesslich war auch kein unbeschriebenes Blatt, und es war bekannt, dass er mit Dr. Girard am zweiten Freischarenzug 1845 teilgenommen hatte.
Die Gemeinde Grenchen bezahlte an den Jahres-Lohn der drei Lehrer 975 Franken. An diesen Betrag leistete Bettlach einen Anteil von 90 und Selzach einen solchen von 70 Franken. «Fremde Schüler» schliesslich bezahlten 135 Franken Schulgeld. Damit die Finanzierung der Bezirksschule sichergestellt werden konnte, musste die Gemeinden einen «Bezirksschulfonds» führen und entsprechend auch für soliden finanziellen Zufluss besorgt sein.
Vor 150 Jahren lagen in diesem Fonds knappe 69 Franken. Dieses Geld war auf einer Bank sicher angelegt und brachte den Zins von sagenhaften 3,10 Franken ein, was einem Zinssatz von ungefähr 4,5 Prozent entsprach. Damit sie sich keiner Kritik aus dem Rathaus in Solothurn auszusetzen hatten, bediente Grenchen den Fonds mit 30, Bettlach und Selzach mit je 10 Franken, und zwar jährlich.
Die Schule war auf Schenkungen angewiesen. Lehrer von Burg aus Olten schenkte seine Sammlung von Schmetterlingen, wie sie in der Region Olten anzutreffen waren, der Grenchner Bezirksschule, deren Schüler er einst vor Jahren gewesen war. Der Staat Solothurn schuf für die Schule 17 Modelle in Holz und weitere fünf in Gips für den Zeichenunterricht. Die Fortsetzung der Schweizergeschichte in Bildern, das Heft «Linearzeichnen» und schliesslich das wertvolle Buch «Selbsthülfe» für die Bibliothek waren weitere Anschaffungen des Kantons. Schliesslich erwies sich auch die Gemeinde Grenchen ihrer Schule gegenüber als grosszügig mit zwei weiteren Hefte «Linearzeichnen».
Von den Schülern der damaligen Bezirksschule traten Emil Müller aus Oberdorf und Adrian Girard aus Grenchen in die solothurnische Gewerbeschule ein. Julius Brosy aus Mümliswil und Johann Stelli von Bettlach traten ins Gymnasium in Solothurn ein, und Cäsar Vogt aus Grenchen schliesslich ging bei einem Messerschmied das Handwerk lernen. All das ist im Jahresbericht ersichtlich. Grossen Wert wurde damals auf die genaue Zählung der Absenzen gelegt. Insgesamt 589 Absenzen, von denen 275 unbegründet waren, sind im Jahresbericht genau festgehalten.
Insgesamt zählte die Schule 59 Schüler, die auf die drei Klassen «Obere», «Mittlere» und «Untere» verteilt waren. Die grösste Klasse war mit 31 Schülern, von denen allerdings während des Jahres 3 austraten, die «untere Klasse». In dieser Klasse traf man acht Mädchen an, sieben waren aus Grenchen, die achte jedoch, die Bertha Schilt, stammte aus «Allerheiligen». Das bedeutet, dass man zu jener Zeit noch unterschied zwischen Grenchen und dem Weiler Allerheiligen. Im Standartwerk «Geographisches Lexikon der Schweiz» wurde diese Unterscheidung auch gemacht, ja, hier gingen die Autoren noch einen Schritt weiter und führte neben «Staad» und «Allerheiligen» auch den Weiler «Däderiz» auf.
Interessant ist es zu sehen, woher die Burschen der unteren Klasse der Grenchner Bezirksschule stammten. Ulysse Girardin stammte aus Bémont, Siegfried Grell aus Obermumpf oder Franz Zemp von Escholzmatt. Aber auch die Nachbargemeinden Bettlach, Selzach und Lengnau waren im Kreis der Schüler vertreten.
Ebenso gedruckt wurden die Jahresnoten der Schüler und Schülerinnen. In dieser Beziehung gab es keinen Persönlichkeitsschutz. Ganz Grenchen wusste zudem, wer ein Jahr wiederholen musste. Rekordhalter bei den Absenzen war Franz Zemp aus Escholzmatt, der im Sommer ausgetreten war. Von den übrigen Burschen führte mit 47 Tagen der Grenchner Emil Rüefli. Bei den Mädchen führte Schilt Albertine mit 24 Fehl-Tagen die Absenzen-Liste an.