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Die neue Sonderschau im Kultur-Historischen Museum zeigt die Geschichte der Technica AG. Die 1941 gegründete Firma ging 2013 bankrott. Nun wurde das Firmenarchiv für eine Ausstellung aufbereitet.
Grenchen wird bekanntlich aus naheliegenden Gründen als Uhrenstadt bezeichnet. «Grenchen ist aber ebenso eine Wiege der Maschinenbauindustrie, ohne die der Boom der Uhrenindustrie gar nicht möglich gewesen wäre», sagte Museumsleiterin Angela Kummer anlässlich der Vernissage der neuen Sonderschau im Dachstock des Kultur-Historischen Museums. Sie steht unter dem Titel «Präzision hoch drei – Sonderwerkzeugmaschinenbau in Grenchen». Gezeigt werden insbesondere Archiv-Trouvaillen aus der Firma Technica, welche 2013 in Konkurs ging.
In Zusammenarbeit mit dem Projekt Firmenarchive des ehemaligen Oltner Stadtarchivars Peter Heim konnten im Nachgang des Firmenkonkurses einige wichtige Archivalien «in einer Feuerwehrübung vor dem Verschwinden gerettet werden. Einiges war allerdings schon weg», blickte Kummer ins Jahr 2013 zurück. Unter anderem mit Geldern des Lotteriefonds konnte das Technica-Firmenarchiv von einer spezialisierten Firma (Docuteam Baden) gesichtet und aufgearbeitet werden. Nebst zahlreichen Dokumenten gehört auch ein grosses Fotoarchiv dazu. Fast jede Maschine, die hergestellt wurde, wurde fotografiert.
Ein Glücksfall für die Historiker ist auch Hansjörg Hengartner, der 38 Jahre in der Technica gearbeitet hat. Er hat unter anderem seine Arbeit auf Montage im Ausland minuziös dokumentiert und mit persönlichen Erlebnissen in aller Welt angereichert. Sein grosses Wissen über die Firma und ihre Produkte kamen den Wissenschaftern bei ihren Arbeiten zupass.
Hengartner war es auch, der anlässlich der Vernissage der Ausstellung einen Vortrag hielt über die Geschichte der Technica und den Sonderwerkzeugmaschinenbau in Grenchen. In diesem Zusammenhang erwähnte er auch andere Maschinenbau-Unternehmen wie die Firma Lambert (welche später von der Technica übernommen wurde), Ebosa, Tschudin oder Imoberdorf. Letztere hat ihren Sitz heute in Oensingen, weil sie von der Uhrenbranche an einer Weiterentwicklung in Grenchen gehindert wurde. «Die Uhrenpatrons befürchteten Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt», erklärte Hengartner.
Die Technica wurde 1941 als Tochterfirma der Ebauches SA gegründet, um für die Achsenmächte Zeitzünder herzustellen. Sie hat es in dieser Rolle als Unterlieferantin von Oerlikon-Bührle auch in den Bergier-Bericht geschafft, der umfassenden Untersuchung zur Rolle der Schweiz im 2. Weltkrieg. Nach dem Krieg schwenkte man wieder auf zivile Produkte um, darunter den Sondermaschinenbau.
Die Firma spezialisierte sich insbesondere auf die Herstellung von Rundtakt- und Zentrumschleifmaschinen, welche die Bearbeitung von Werkstücken bis hinunter auf den Tausendstel-Millimeter ermöglichten. Viele Maschinen werden bis heute in aller Welt eingesetzt, beispielsweise zum Schleifen von Turbinen-Achsen, Schiffsmotoren oder Lokomotivteilen.
Das Wachstum erforderte 1959 einen Neubau bei der Schmelzi, der heute ein ETA-Werk ist. «Im Umfeld der Uhrenindustrie, auf die sich unsere Mutterfirma konzentrierte, wurde die Technica zunehmend an den Rand gedrängt – ressourcen- und raummässig», erinnert sich Hengartner. Als Asuag und SSIH sich zu SMH zusammenschlossen, musste auch die Technica den Namen ändern zu SMH Engineering AG. «Mit 180 Angestellten in den Werken I und II konnte der Sondermaschinenbau mehr schlecht als recht weitergeführt werden», meinte Hengartner.
Dennoch gab es Sternstunden, beispielsweise als man 1982 und 1984 für Grundig in Deutschland zwei sogenannte Transferstrassen für die Produktion von Videorecorder-Teilen liefern konnte. «Diese Maschinen konnten 90 Operationen in 12 Sekunden ausführen», erinnert sich Hengartner nicht ohne Stolz.
Doch man weiss es: die Produktion von Unterhaltungselektronik, generell von Konsumgütern in Europa, war bereits im Krebsgang und auch bei den Werkzeugmaschinen ging die Entwicklung Richtung kleinere Stückzahlen auf rasch umrüstbaren Maschinen. Dazu kam die Digitalisierung.
1992 trennte sich die Swatch Group ganz vom schrumpfenden Maschinenbau-Bereich. Die SMH Engineering AG wurde von der deutschen AMK GmbH (Arnold Müller, Kirchheim/Teck) mit 14 Angestellten übernommen und die Firma zügelte wieder unter dem Namen Technica an die Sportstrasse. Dort wurde die Technica ein reiner Montagebetrieb. Noch 2009 vermeldete man stolz den Verkauf einer 10 Tonnen schweren Maschine nach Berlin. Doch das waren am Ende Einzelfälle. Auch ein Bürgschaftskredit der städtischen Wirtschaftsförderung konnte den Konkurs am 11. Februar 2013 nicht mehr abwenden. 18 Personen verloren ihre Stelle.
Die Ausstellung im Dachstock des Kultur-Historischen Museum ist noch bis am 21. Mai zu sehen. Am 23. April findet eine Führung statt.