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Der über 8,5 Kilometer lange Grenchenbergtunnel wurde bis 1928 von Dampflokomotiven befahren. Das machte eine spezielle Belüftungsanlage nötig.
«Zu Fuss bräuchte man durch den Grenchenbergtunnel rund zwei Stunden», sagte der Ingenieur Hansruedi Kronenberg zu Beginn seines spannenden Referats zur Tunnelventilation im Kultur-Historischen Museum, und fügte hinzu: «Aber ich würde niemandem empfehlen, es auszuprobieren.»
Der Grenchenbergtunnel umfasst 8,578 Kilometer Länge, seit seiner Eröffnung 1915 fuhren dort die Züge bis zur Umstellung im Jahr 1928 ausschliesslich mit Dampfbetrieb. Dies machte den Posten des Tunnelwärters nötig, der für die Lüftungsanlage zuständig war. Inzwischen sind Dampfloks im Grenchenbergtunnel verboten.
Ihre ständigen Begleiter waren Rauch und Dampf. Eine Dampfmaschine wird durch eine gewaltige Menge an Kohle betrieben. Von Lyss bis nach Bellinzona wurden kürzlich anlässlich einer historischen Fahrt nicht weniger als acht Tonnen Kohle benötigt.
Durch das Feuer wird der Dampf produziert, der für den Antrieb sorgt. Wenn Züge in einem Tunnel stehen blieben, konnte es lebensgefährlich werden: «Das Feuer braucht extrem viel Sauerstoff, in einem Tunnel gibt es diesen nicht unbegrenzt. Bei Knappheit kommt es zu Atemnot. Auch wird das Feuer schwächer, sodass die Dampflok womöglich nicht mehr vom Fleck kommen kann.»
Zudem würde dann nicht mehr Kohlendioxid, sondern das giftige Kohlenmonoxid entstehen. Die Folge davon wäre Ersticken. Ein solches Szenario spielte sich 1926 im Rickentunnel ab, es kam zu neun Todesfällen. Eröffnet wurde dieser fünf Jahre vor dem Grenchenbergtunnel. Zurückgegriffen wurde im Rickentunnel auf eine natürliche Belüftung, deren Erfolg klimatisch abhängig war. Durch die dort gesammelten Erfahrungen entschied man sich in Grenchen für die Ventilationsbelüftung.
«Wenn Züge fahren, sind gewaltige physikalische Kräfte am Werk. Wenn man zum Beispiel bei Grenchen im Tunnel steht, wird man es spüren, sobald ein Zug in Moutier in den Tunnel fährt. Der Zug schiebt die Luft wie ein Kolben vor sich her», beschrieb Kronenberg, der ein umfangreiches Wissen zu Lokomotiven besitzt und seinen Vortrag im Rahmen der aktuellen Sonderausstellung des Kultur-Historischen Museums hielt.
Kronenberg half bei deren Umsetzung mit. Als Sohn eines Eisenbahners war bereits als Kind sein Interesse an Zügen geweckt, besonders angetan hat es ihm die Dampflok, sie ist seine Leidenschaft.
Die Lüftungsanlage in Grenchen ist seit 1940 nicht mehr in Betrieb. Das Häuschen mit dem markanten Lufteinlass-Trichter, in dem die Ventilatoren untergebracht waren, ist noch heute vor der Tunneleinfahrt zu sehen.
Die Ventilatoren wurden durch einen Elektromotor betrieben; durch einen Kanal bliesen sie Luft in den Tunnel, die wiederum den Rauch bis nach Moutier aus dem Tunnel heraustransportierte, dafür wurden jeweils 50 Minuten gebraucht. Unmittelbar bei den Ventilatoren betrug die Geschwindigkeit der Luft 60 Stundenkilometer.
Um der Luft den Weg durch den Tunnel nordwärts aufzuzwingen, wurde beim Portal ein Vorhang installiert: Die Luft der Lüftungsanlage wäre ansonsten gleich auf Grenchner Seite wieder aus dem Tunnel geströmt, was ausserdem zum Überdrehen des Motors und dessen Zerstörung geführt hätte.
«Der dichte Vorhang wurde per Elektromotor heruntergelassen, sobald ein Zug durchgefahren war. Wenn ein Zug kam, musste zuerst der Vorhang hochgezogen werden. Dies alles wurde mit Signalen geregelt», schloss Kronenberg, der bis zu seinem siebzigsten Lebensjahr als Zugführer bei Museumsbahnen fungierte. Er selbst kam bei der Gesamtsanierung als Bauingenieur in den Grenchenbergtunnel, um sich um die Wasserversorgung zu kümmern.