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Der Grenchner Stadtpräsident François Scheidegger im Interview zur bevorstehenden Abstimmung zur Neugestaltung Bahnhofplatz.
Über den Bahnhofplatz hat man seit Jahren diskutiert und Projekte gemacht. Was ist an diesem Projekt besser als an den Vorgängern?
François Scheidegger: Eine weitgehende Verkehrsentflechtung, eine klarere Verkehrsführung und -beruhigung sowie eine höhere Aufenthaltsqualität scheinen mir persönlich wesentliche Merkmale. Ein wichtiger Aspekt bildet auch die Sicherheit sowie ein behindertengerechter Ausbau. Die Bushaltestellen, die neu zwischen Kunsthaus und Migros liegen, bieten mehr Komfort. Das ganze Areal wird zudem sehr viel grüner.
Es gibt auch an diesem Projekt Kritik. Ist die politische Einigkeit im Gemeinderat nicht etwas künstlich, einfach, damit nicht mehr 10 Jahre weiterdiskutiert wird und «endlich etwas geht»?
Der Gemeinderat hat sich an mehreren Workshops intensiv mit dem Thema «Neugestaltung Bahnhofplatz Süd» auseinandergesetzt. Verschiedene Varianten wurden evaluiert, neue Ideen entwickelt und letztendlich eine gemeinsame Lösung erarbeitet. Der Prozess wurde von verschiedenen Fachleuten, wie zum Beispiel Verkehrsplaner, und Interessengruppe begleitet, was letztendlich zu einer breiten Akzeptanz und einer hohen Qualität geführt hat. Dabei wurde für gewisse Lösungen manchmal auch hart gerungen. Die Diskussionen waren jedoch durchwegs hochstehend, unpolitisch und geprägt vom Bestreben, eine gemeinsame Lösung zu finden. Dem Gemeinderat kann man wirklich ein Kränzchen winden und für die Arbeit danken! Bezeichnenderweise hat auch die Gemeindeversammlung den beantragten Kredit einstimmig gutgeheissen und alle Ortsparteien unterstützen das Vorhaben, wie auch SBB, BGU, Kunsthaus oder Migros.
5,65 Millionen sind ein stolzer Preis. Auf der Strasse hört man, die Stadt soll angesichts der Covid-19-Lage das Geld lieber zur Unterstützung der Wirtschaft einsetzen. Was sagen Sie dazu?
Ein stolzer Betrag, aber ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis! Erstens handelt es sich um ein Generationenprojekt und die Kosten fallen wesentlich tiefer aus als bei der ursprünglichen Variante. Zweitens ist die Finanzierung gesichert: Dank guter Rechnungsabschlüsse konnte eine Vorfinanzierung in der Höhe von CHF 2,5 Mio. gebildet werden und im Fonds Parkplatzbewirtschaftung stehen weitere CHF 1,18 Mio. zur Verfügung. Kanalisation und Glassammelstelle werden der Spezialfinanzierung Abwasser resp. Abfall belastet. Zudem erhoffen wir uns einen namhaften Bundesbeitrag, weil die Neugestaltung Teil des Agglomerationsprogramms ist. Zu Covid-19: Für direkte Fördermassnahmen im Zusammenhang mit Covid-19 sind nicht die Gemeinden, sondern Bund und Kantone zuständig. Aber selbstverständlich fliesst der Investitionsbetrag ja in die «Wirtschaft» und mit der Senkung des Steuerfusses für juristische Personen auf 92 Prozent hat die Stadt bereits ein starkes Signal gesetzt.
Im Gespräch ist eine weitere Bahnhofunterführung mit Gleiszugang im Osten. Warum wurde diese nicht in das Projekt integriert?
Es muss priorisiert werden. Vor allem aber ist die Querung des Bahngeleises im Osten technisch sehr anspruchsvoll und noch nicht spruchreif. Eine Etappierung ist problemlos möglich und auch sinnvoll. Sie bildet schon Teil des Gesamtkonzeptes und wird im Agglomerationsprogramm als sogenannte «B»-Massnahme geführt.
Die Stadt hat zur Abstimmungsvorlage sogar ein Video publiziert. Warum ist den Behörden ein Ja so wichtig?
Die aktuelle Situation ist eine schlechte Visitenkarte für Grenchen und es besteht breiter Konsens darüber, dass dringender Handlungsbedarf besteht – in jeder Hinsicht: Sowohl was Gestaltung, Aufenthaltsqualität, Verkehrsentflechtung oder Sicherheit angeht. Zudem haben Werkleitungen und Strassenaufbau ihr Lebensende erreicht und müssen relativ dringend ersetzt werden.
Was wäre, wenn der Souverän das Projekt ablehnt? Wie ginge es dann weiter?
Dann bleibt es beim Status quo, es gibt keinen «Plan B». Strasse und mindestens ein Teil der Werkleitungen sind aber, wie erwähnt, in jedem Fall sanierungsbedürftig. Es müsste dafür ein separates, neues Projekt erarbeitet werden und es gingen natürlich Synergien verloren.
Eine Stadtanalyse hat gezeigt, dass beim Nordbahnhof Handlungsbedarf besteht? Reicht dafür das Geld?
Da mache ich mir wenig Sorgen. Zum einen zeigen erste grobe Schätzungen, dass die Kosten wesentlich tiefer ausfallen werden. Zum anderen stehen wir ganz am Anfang des Planungsprozesses; bis zu einer allfälligen Umsetzung wird noch einige Zeit vergehen – genügend Zeit also, um eine saubere Finanzierung vorzubereiten.
Urnengang Am 29. November findet eine Urnenabstimmung über die Neugestaltung des Bahnhofplatzes Grenchen (Bahnhof Süd) statt. Damit fällt ein Entscheid über ein Thema, das Grenchen schon Jahre beschäftigt.
Das Projekt umfasst eine Neugestaltung des Areals der Bahnhofstrasse zwischen Abzweigung Freiestrasse und Einmündung in den Kreisel bei der ehemaligen Landi. Der Bahnhofplatz mit Kurzzeitparkplätzen bleibt (als Einbahn) für Autos und Taxis befahrbar wie heute. Die Busse werden verschoben in einen neuen Busterminal, der östlich des Kunsthauses gebaut wird. Für die Busse entsteht eine neue Verbindung zwischen Freie strasse und Bahnhofstrasse.
Ein Gebäude und Garagen im Besitz der Stadt müssen dafür abgebrochen werden. Die Bahnhofstrasse Ost wird mit einer Allee aus Platanen bepflanzt. In diesem Bereich befindet sich auch Reserveraum für weitere Bushaltestellen. Die Velostation wird umgestaltet. Auch die westliche Bahnhofstrasse wird mit Bäumen bepflanzt. Dort gibt’s weiterhin Parkplätze.
Die Neugestaltung des Bahnhofplatzes kostet 5,56 Mio. Fr. Aus den Überschüssen der letzten Jahre wurden 2,5 Mio. Fr. vorfinanziert, weitere 1,18 Mio. Fr. werden aus dem Fonds für Parkplatzbewirtschaftung entnommen. Gleichzeitig wird die Kanalisation ersetzt (590'000 Fr.) und eine unterirdische Glassammelstelle (220'000) Fr. gebaut. Diese beiden Posten werden separat finanziert und sind nicht Teil des Kredites.
Ein Projekt von 2009, das als Sieger aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangen war, wurde bald schubladisiert, wohl wegen der damals erwarteten Kosten von 8 Mio. Fr. Ab 2014 wurden die Planungen wieder aufgenommen. 2018 lagen dann vier Projekte zur Auswahl vor. Nach intensiver Diskussion einigte sich der Gemeinderat auf die nun vorliegende Variante. (at.)