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CH Media wurden Informationen zugespielt, die darauf abzielen, den Ruf des Kommandanten der Polizei Stadt Grenchen zu zerstören. Die Frage stellt sich: Wer steckt hinter der Schmierenkampagne?
Die Aargauer SVP-Grossrätin Nicole Müller erhebt in einem Schreiben, das der Chefredaktion der Aargauer Zeitung und Tele M1 zugesandt wurden, massive Anschuldigungen gegen Christian Ambühl, den Kommandanten der Stadtpolizei Grenchen. Beigelegt ist ihrem Schreiben ein A4-Blatt, das ihr laut eigener Aussage anonym zugesandt wurde. Darauf zu finden sind etliche Anschuldigungen, Behauptungen und Gerüchte, viele davon von einer Tragweite, dass höchstwahrscheinlich Ehrverletzungsklagen folgten, würden sie öffentlich gemacht.
Angeblich plagt Müller die Sorge, dass die laufende Administrativuntersuchung im Fall Spahr, durchgeführt durch den Solothurner Gaston Barth, ehemaliger Personalchef und Leiter Rechtsdienst der Stadt Solothurn, nicht in dem Mass korrekt ablaufe, wie das erforderlich wäre.
Der Berner Adrian Spahr, der noch immer in einem laufenden Verfahren wegen Rassendiskriminierung steckt, hatte sich bei der Grenchner Stadtpolizei beworben und den Job auch bekommen. Kurz vor seinem Arbeitsantritt wurde der Vertrag aber annulliert, was unter anderem die Gemeinderatskommission dazu brachte, eine Administrativuntersuchung zu dem Fall in Auftrag zu geben, als das publik wurde. Diese Untersuchung ist weder abgeschlossen noch sind irgendwelche Zwischenresultate bekannt.
Auf die Frage, was denn ihre Motivation sei, die Presse mit diesen Informationen zu versorgen, sagte die Aargauer Politikerin, die ursprünglich aus Grenchen stammt und laut eigener Aussage immer noch zahlreiche Verbindungen in die Uhrenstadt pflegt: «Mich interessiert der Fall Spahr, weil ich weiss, dass da viel gelogen wurde.» Als Vizepräsidentin der Organisation «Sicherheit für alle» Sifa vertrete sie die Interessen von Polizisten und Sicherheitskräften, und Spahr sei hier klar das Opfer, nicht der Täter.
Als dieser Fall ans Licht gekommen sei, habe sie persönlich mit Spahr gesprochen und einen Leserbrief zum Thema geschrieben. «Daraufhin erhielt ich viele Zuschriften aus Grenchen.» Zuschriften, die sich insgesamt deckten und Ambühl als einen Menschen mit schlechtem Charakter und fragwürdigem Lebenswandel darstellten.
Der Polizeikommandant sei bei den meisten Grenchnerinnen und Grenchnern unbeliebt, geniesse auch in seinem eigenen Team nur wenig Rückhalt und sogar die Kantonspolizei habe sich über ihn beschwert. Ambühl habe offenbar mehrmals seine Kompetenzen überschritten, sei beispielsweise mit dem Dienstfahrzeug in einen privaten Urlaub in den Kosovo gereist. Sie habe das mit Parteikollegen besprochen, auch mit dem ihr bis dato unbekannten Präsidenten der Grenchner SVP, Marc Willemin.
Am Anfang habe sie geglaubt, das sei eine kurze Sache, dieser Polizeikommandant sei ja nicht tragbar für Grenchen und werde sicher schnell entlassen. Aber offenbar werde er von der Stadt geschützt. Es gebe zwar in Grenchen eine Gruppe von Leuten, die bereit wären, hinzustehen und auszupacken, die Angst vor möglichen Repressalien aber überwiege.
Übrigens meinte sie auf die Frage, ob sie denn davon überzeugt sei, dass diese Gerüchte stimmen: Sie könne das nicht beurteilen. Ihr seien die Dinge zugetragen worden und sie habe lediglich ihre guten Verbindungen zur Presse genutzt. «Ihr recherchiert ja sicher, ob etwas daran ist oder nicht.»
Pikant: einige der Informationen auf dem anonymen A4-Blatt können nur durch Mitglieder der Gemeinderatskommission geleakt worden sein, deren Sitzungen im Allgemeinen vertraulich sind. Ambühl wird in diesem Schreiben konkretes Fehlverhalten in den Sitzungen der GRK vorgeworfen – etwas, das nur GRK-Mitglieder wissen können. Die Frage stellt sich: Wer in der Stadt hat ein Interesse, auf diesen Umwegen eine Schlammschlacht gegen Kommandant Ambühl vom Zaun zu reissen? Und hat gleichzeitig einen solch guten Draht in die GRK, dass vertrauliche Informationen aus diesem Gremium in einem anonymen Schreiben bei einer ausserkantonalen SVP-Politikerin landen? Honi soit qui mal y pense...
Konfrontiert mit den Vorwürfen, auch mit jenen unter der Gürtellinie, sagt Christian Ambühl gegenüber dieser Zeitung, die Gerüchte seien «erfunden, erstunken und erlogen». Im Übrigen wolle er sich – auch auf Anraten seiner Anwältin – nicht zu einem laufenden Verfahren äussern.
Stadtpräsident François Scheidegger sagt zur Sache: «Natürlich ist die Stadt Grenchen als Arbeitgeberin verpflichtet, ihre Angestellten nach aussen zu schützen. Wir werden diese Informationen prüfen und gegebenenfalls die nötigen Schritte einleiten. Intern werden wir den Vorwürfen nachgehen und sie abklären. Im Übrigen läuft das interne Verfahren ja noch. Wir erwarten, den Bericht am 16. Dezember der Gemeinderatskommission vorlegen zu können.»